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Perfektion der Langsamkeit

Jahrelang verlief die Zeit im Schneckentempo, was das Haus der jüdischen Kultur angeht. Doch jetzt stimmte der Stadtrat in kurzer Folge gleich zwei Mal darüber ab – sogar zur Überr…

Generationen von Studenten haben sich bereits mit dem Thema beschäftigt, unzählige Diplomarbeiten sind entstanden. Sie könnten noch wertvoll werden, denn es wird wohl einen Wettbewerb zum „Haus und Museum der jüdischen Kultur“ auf der Freifläche zwischen Spanischem Bau und Wallraf-Richartz-Museum geben. Der aufmerksame Leser fragt sich an dieser Stelle: Gab es den nicht schon mal? Doch. Bereits zwei Mal wurde das Grundstück in einem Wettbewerb beplant, beide Male ging der Kölner Architekt Joachim Schürmann als erster Preisträger hervor. Kein Wunder dass er nun nur noch ein Bild seines letztgültigen Entwurfes veröffentlichen möchte – schließlich sieht es so aus, als müsse er schon wieder antreten.

Archäologie und Architektur

Und doch, möglicherweise möchte man Herrn Schürmann nicht langweilen, dieser Wettbewerb wird anders. In der Sitzung am 22. Juni beschloss der Stadtrat, einen integrierten Wettbewerb durchzuführen, der die archäologische Zone – ein unterirdisches Museum als Fortsetzung des Praetoriums – und das Haus und Museum der jüdischen Kultur umfasst. Die Details werden noch ausgearbeitet, aber schon jetzt steht fest, dass es keine leichte Aufgabe wird: Archäologie und Architektur müssen zusammengeführt werden, beide Museen sollen gemeinsam geplant werden, müssen aber dennoch getrennt voneinander realisierbar sein und, für die Stadt besonders wichtig, die Finanzierung wird aus unterschiedlichen Töpfen kommen. Ob hier eine glückliche Entscheidung getroffen wurde, darf zumindest bezweifelt werden. Vielleicht wollte man seitens der Politik auch nur verhindern, dass die „Gesellschaft zur Förderung eines Hauses und Museums der jüdischen Kultur in Nordrhein-Westfalen e.V.“, also der potentielle Bauherr, zu viel Einfluss bekommt.

Auflagen an den Verein

Schon der gemeinsame Antrag der SPD, der Grünen und der FDP, der in der Ratssitzung am 18. Mai angenommen wurde, machte dem Verein hohe Auflagen für einen möglichen Bau des Hauses und Museums der jüdischen Kultur. Ein Architektenwettbewerb oder ein anderes „geeignetes Qualifizierungsverfahren“ war damals noch die Vorgabe. Jetzt ist klar: Dem Verein als Bauherrn bleibt keine Wahl zum Verfahren. In einem Workshop oder einer Mehrfachbeauftragung hätte ihr langjähriger Architekt Joachim Schürmann ungleich größere Chancen gehabt als in einem groß angelegten Wettbewerb mit einer zusätzlichen Aufgabenstellung.

Die weiteren Bedingungen sind aber wohl noch aktuell: Der Auslobungstext soll das Grundstück Haus Kutz einbeziehen; das Baugelände wird nicht verkauft, sondern im Zuge des Erbbaurechts überlassen; die Kosten für den Bau und den Betrieb sollen vollständig vom Verein übernommen werden und wegen der besonderen Bedeutung des Bauvorhabens und der Standortfrage soll eine breite öffentliche Debatte angestoßen werden.

Warten auf den Ratsbeschluss

„Wir freuen uns sehr, dass da eine Entscheidung gefallen ist“, sagt Helmut Fußbroich von der Gesellschaft zur Förderung eines Hauses und Museums der jüdischen Kultur, auch wenn er von dem Beschluss des integrierten Wettbewerbs mehr als überrascht war. Einen offiziellen Ratsbeschluss hat der Verein noch nicht. Erst wenn er eingegangen ist, wird der Vorstand beschließen, wie nun weiter vorgegangen wird. Bis dahin werden Verträge zur Finanzierung und zur Gründung einer Stiftung vorbereitet, um die Auflagen zur Kostensicherung erfüllen zu können. Auch mit den anderen Bedingungen scheint der Verein – soweit sie ihm bekannt sind – einverstanden. Insbesondere da eine wichtige Frage bereits im Vorfeld geklärt wurde: Joachim Schürmann darf in jedem Fall an einem Wettbewerb teilnehmen. Und mit über 30 Jahren, teils intensiver, Beschäftigung mit dem potentiellen Baugrundstück wird es ihm doch wohl ein Leichtes sein, mal wieder den ersten Platz zu holen.

Vera Lisakowski

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Wortprotokoll der Sitzung des Rats der Stadt Köln vom 18. Mai 2006 (Seite 20-27)

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Rechte: Büro Schürmann