Das wäre verständlich, wenn es tatsächlich 80 Mio. € kosten würde – in Wahrheit aber rechnen die Architekten des Kölner Büros Jaspert, Steffens, Watrin, Drehsen (JSWD) jedoch mit einer Bausumme von lediglich 13 Mio. €. Etwa ein Drittel dieses Betrages entfiele zudem auf die neuartige Photovoltaik-Anlage, deren technische Weiterentwicklung aufgrund der unklaren Planungssituation allerdings kürzlich gestoppt werden musste.
Denn eigentlich soll die 120m x 120m große Dachkonstruktion aus Stahlstäben, ganz ähnlich wie auch die neue Fußballarena in München, mit einer Teflon-Folie umhüllt werden, die auf ihrer Außenseite dann eine hauchdünne Photovoltaik-Schicht erhält. Dieses „Kraftwerk“ könnte die Unterhaltungskosten für das Dach selbst einspielen, und hätte mit der GEW Rheinenergie bereits einen potenziellen Betreiber.
Nebenschauplatz
Noch allerdings steht der Errichtung des Daches ein Streit zwischen der Deutschen Bahn AG und der Stadt Köln im Wege – mit der Frage seiner Finanzierung im Zentrum. Denn schließlich nutzt die DB das Dach als Wetter- und Sonnenschutz für die oben liegenden Bahnsteige von „Deutz-Hoch“, und dienen seine skulpturalen Einstülpungen der Tageslicht-Versorgung der unteren Bahnsteige von „Deutz-Tief“ und der Verteilerebene sowie der Aufnahme von Aufzügen.
Für die Stadt hingegen zählen weniger praktische, als vielmehr städtebauliche Aspekte. Schließlich soll der Bahnhof Deutz nichts weniger als das Zentrum der „linksrheinischen Innenstadt“ werden – mit eben diesem Dach als das Merkzeichen für den Kreuzungspunkt zweier ICE-Hochgeschwindigkeitsstrecken, für ein attraktives Entree zur koelnmesse. Und natürlich, um aus der Ansammlung geplanter Hochhäuser eine Gruppe zu formen.
Ein Investor schreitet voran
Bei einer Gesamtinvestition von 220 Mio. € für den Ausbau des Deutzer Bahnhofs zu Kölns drittem ICE-Halt, finden die finanziell wesentlich interessanteren Entscheidungen aber ohnehin ganz woanders statt. Denn allein die Hälfte der genannten Summe entfällt auf die Errichtung neuer Brücken sowie auf den kostenintensiven Ausbau bestehender Gleisanlagen.
Um so mehr verwunderte es dann auch die Sieger des städtebaulichen Realisierungs-Wettbewerbs aus dem Jahre 2000, das Büro JSWD, als die DB ihre Arbeiten zum Ausbau von „Deutz-Tief“ unbeirrt vorantrieb, obschon sich die Planungsgrundlagen seither wesentlich geändert hatten. Das kann nun zur Folge haben, daß die neu errichtete Ebene „Deutz-Tief“ komplett wieder abgerissen und tiefer gelegt werden muss.
Die hier also wohl umsonst investierten Gelder werden an anderer Stelle eingespart: der zweigleisige Ausbau der Trasse in Richtung Köln-Mülheim wurde zunächst gestoppt. Damit aber klafft hier, und wohl auf lange Zeit, eine Lücke im europäischen Hochgeschwindigkeitsnetz – der Traum von einer „Kreuzung Deutz“ wäre ausgeträumt.
Herz-Rhythmus-Störungen
Während beim Bahnhof also niemand so recht weiss, was wann wie passiert, rücken einige der umliegenden Baumaßnahmen immer näher an das Herzstück aller Deutzer Planungen heran. Südöstlich entsteht, typische Kölner Planung, zunächst eine Tiefgarage. Auf dieser werden dann später, ebenfalls nach einem Entwurf des Büros JSWD, die Constantinhöfe errichtet. Im Norden nehmen der Südausgang der koelnmesse – wenn auch ohne zentralen Boulevard – und die umstrittenen Nordhallen langsam Gestalt an.
Zwar geht der Wettbewerb zur Gestaltung von Messeplatz und Ottoplatz, „Stadt macht Platz – NRW macht Plätze“, in seine entscheidende Runde, aber die Zukunft der an diesen Orten vorgesehenen Gebäude erscheint mehr als ungewiß. Denn weder mag die Stadt sich entscheiden, ob sie zur Ergänzung der Messe ein Kongreßzentrum errichten möchte. Noch ist der Hochhaus-Streit mit dem Weltkulturerbe-Komitee ausgestanden. Potenzielle Bauherren üben sich deshalb in mehr als nur Zurückhaltung.
Aber immerhin werden nun 10 Mio. € in sogenannte „Interims-Maßnahmen“ investiert: so wird etwa die Verbindung zwischen U-Bahn und Fernbahn erweitert und allgemeine Verschönerungsmaßnahmen durchgeführt. Zunächst ein kleiner Schritt also – immerhin.
Ulrich Grützner
mehr Information zum Wettbewerb „Stadt macht Platz“
Wettbewerbsergebnisse 2000/2002
1 Kommentar
Eine Schande, wenn man von den Planungen abrückt, aber vielleicht typisch für Köln! Es sieht alles sehr interessant aus und sollte auf jeden Fall schnell realisiert werden. Sowas zahlt sich für eine Stadt immer aus. Es wäre gut angelegtes Geld. Mit einer notdürftigen Lösung wäre keinem geholfen!