Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

plan06: Faktor 10

Neue Blickwinkel – das Künstlerduo Graw Böckler stellt neue Ideen zur Verbesserung des Alltags vor: mehr Platz durch verkleinerte Menschen?

Schon beim Betreten des „Raumes für Projektion“, den das Filmemacherduo Georg Graf und Ursula Böckler, kurz Graw Böckler, für die Vorstellung ihres Projektes gewählt haben, überfällt einen ein seltsames Gefühl. Irgendetwas stimmt nicht. Nur was?

Faktor 10 ist Teil des Projektes „Commercial for a concept“. Die Idee, die hinter diesem Namen steckt ist leicht in Worte zu fassen: mit Hilfe des Kurzfilmgenres soll Werbung gemacht werden – allerdings nicht, wie man es aus dem Fernsehen kennt, für Produkte, sondern für Ideen und Konzepte zur Verbesserung und/oder Veränderung des Alltags, bzw. der gesellschaftlichen Situation. Die Videoclips von Faktor 10 machen in diesem Zusammenhang nun Werbung für die Verkleinerung des Menschen. „Der geschrumpfte Mensch“ – ein Zustand, der von den Künstlern selbst als utopisch und verrückt, aber eben auch als ungemein praktisch bezeichnet wird: in einer Gesellschaft, in der der Körperkraft des Menschen immer weniger Bedeutung beigemessen wird, könnte sich der verkleinerte Mensch optimal einfügen und sei es nur um Energien und Ressourcen einzusparen.

Trotz allem läßt die Umsetzung dieses Konzeptes einige Fragen offen. Zum Beispiel die Frage, wie ein dort gezeigter „geschrumpfter Mensch“ neben nunmehr riesig erscheinenden Alditüten stehend in der Lage sein soll, diese die drei Stockwerke seines Hauses hoch zu transportieren? Oder wie „mensch“ an die ganzen leckeren Sachen im Kühlschrank kommt, wenn der Arm noch nicht einmal lang genug ist um das Gemüsefach zu erreichen? Dem sensiblen Betrachter tun diese Mini-Menschen einfach nur leid, weil sie in unsere normalen Welt wahrscheinlich untergehen oder zerquetscht werden würden – es sei denn man verkleinert nicht nur die Menschen, sondern eben auch alles andere. Aber dann könnte man auch gleich alles beim alten lassen.

Und so erscheint die Idee von Georg Graf und Ursula Böckler eben doch nur als Utopie, deren künstlerische Umsetzung abstrakt bleibt, den Betrachter außen vor läßt und auch die gewünschten Denkanstöße auf sich warten lassen. Am Ende der Präsentation geht man nach Hause – verwirrt, weil man mehr Fragen als Antworten im Kopf hat, aber auch glücklich, weil man selbst kein geschrumpfter „Mini-Mensch“ ist.

Ort: Brüssler Platz,

Container vor dem Café Hallmackenreuther

Öffnungszeiten: 13 – 24 Uhr,

Videoprojektionen ab 20 Uhr

Kim Eberhardt

GrawBöckler

Das Künstlerduo Graw Böckler

ausschnitt

mehr Platz durch verkleinerte Menschen?

präsentation1

‚Der geschrumpfte Mensch‘ und der Zuschauer auf einer Augenhöhe

präsentation2

Präsentation im Container auf dem Brüssler Platz