Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

Kreuzfeld – schon mal angedacht in den 60er Jahren

Die Idee, die Äcker im Kölner Norden zu bebauen, ist nicht neu. Jetzt wird sie umgesetzt.

Die Wunschliste für Kreuzfeld ist lang, aber es schadet ja nicht, die Latte erst einmal ganz hoch zu legen: Ein neuer Stadtteil mit 3.000 Wohneinheiten soll hier entstehen. Attraktiver Raum für verschiedene Lebensstile am Stadtrand. Die infrastrukturellen Probleme des Kölner Nordens – Gesundheitsversorgung, Verkehrsanbindung, Bildungsangebot – gleich mitlösen und gut vernetzt sein. Keine zusätzlichen Strapazen für das Naturschutzgebiet Worringer Bruch. Für ganz Köln und das Umland im Norden interessante Angebote bereit stellen. Und die Klimaziele 2030 einlösen.

Das etwa 80 Hektar große Plangebiet liegt nordwestlich von Blumenberg. © TUBS via wikimedia commons

Die Idee, diese Äcker im Norden Kölns zu bebauen, ist nicht neu. „Bei uns im Stadtplanungsamt liegen alte Planungen, als Chorweiler in den 1960er Jahren gebaut wurde, und da ist auch schon Kreuzfeld mit drin,“ sagt Eva Herr, die Leiterin dieses Amtes, bei einer Infoveranstaltung im Dezember 2020.  Blumenberg im Norden von Chorweiler entstand nach diesen Planungen in den 1980ern als Ein- und Mehrfamilienhaussiedlung.

Über den S-Bahnhof Blumenberg ist das Gebiet an den ÖPNV angebunden. © Stadt Köln

Mit Kreuzfeld sollte es dann weitergehen, aber aufgrund infrastruktureller Mängel stagnierte das Vorhaben, der Acker blieb Acker, und erst 2015 erinnerte man sich an ihn. „Bauen auf der grünen Wiese hat man ja sehr lange nicht gemacht, aber wir müssen es jetzt aufgrund des Wachstums tun,“ sagt Eva Herr. 80 Prozent des 80 Hektar großen Plangebietes gehören der Stadt.

Der Stand der Dinge in Kreuzfeld

Im Jahr 2019 erarbeitete die Stadt unter Beteiligung der Öffentlichkeit das Leitbild „Kreuzfeld – Ein gutes Stück Köln.“ Der Rat verabschiedete es Anfang 2020, verbunden mit dem Beschluss, ein Wettbewerbliches Dialogverfahren für ein städtebauliches Konzept durchzuführen. Kern des Leitbildes sind die drei „gleichberechtigten“ Themen, den Stadtteil nachhaltig zu vernetzen, Bildung zu fördern und für Gesundheit zu sorgen.


Leitbild für Kreuzfeld ©Stadt Köln

Derzeit werden noch diverse Gutachten abgeschlossen, die in die Formulierung der Aufgabenstellung für den Wettbewerblichen Dialog mit einfließen werden. In diesem Prozess, der voraussichtlich im April 2021 startet, werden sechs interdisziplinäre Planungsteams auszuwählen sein, die städtebauliche Entwürfe entwickeln. Auf dieser Grundlage entsteht dann eine „Integrierte Planung“, auf der wiederum die Bauleitplanung für Kreuzfeld beruhen wird. Zeitplan? Ambitioniert: „Ich würde gerne in meiner Amtszeit draußen noch den ersten Bagger rollen sehen,“ sagt Baudezernent Markus Greitemann. Der müsste also spätestens im Juni 2026 loslegen. 

Ankunft Jens Spahn auf den Kreuzfelder Feldern bei der Plakatkampagne von Henriette Reker zur OB-Wahl 2020 © Raimond Spekking via wikimedia commons
Jens Spahn auf den Kreuzfelder Feldern bei der Plakatkampagne von Henriette Reker zur OB-Wahl 2020 © Raimond Spekking via wikimedia commons

Das EU-weite Vergabeverfahren zur Auswahl des moderationsbegleitenden Büros läuft noch. Was das Begleitgremium angeht, so sind die Vertreter aus der Politik noch nicht benannt, wohl aber die Fachexperten. Es sind Verena Brehm (cityförster architecture + urbanism), Jürgen Minkus (Kölner Architekt und Mitglied des Gestaltungsbeirats), Markus Neppl (Architekt und Stadtplaner), Andreas Kipar (Landschaftsarchitekt und Stadtplaner), Florian Kraus (CEO von Greenpass) und Klaus Beckmann (Stadt-, Verkehrs- und Infastrukturplaner). Projektleiter im Stadtplanungsamt ist Hendrik Schwark.

Das Naturschutzgebiet Worringer Bruch mit Blumenfeld am linken Bildrand © Superbass via wikimedia commons

Überall nur Enthusiasmus?

Verena Brehm von cityförster hofft auf „ein gutes Stück Köln, vielleicht sogar das Beste,“ Markus Greitemann redet von einer „grandiosen Herausforderung“ und einem „tollen Projekt.“ Ihm geht es aber auch, so sagt er, „um Grundsätze:“ „Wir haben übermäßige Flächenverbräuche in der gesamten BRD. Wie dicht es in Kreuzfeld wird und ob wir uns dort überhaupt ein Einfamilienhaus leisten können, das werden wir in diesem Verfahren sehr, sehr kritisch bewerten. Wir sind eine wachsende Stadt, und die Fläche ist absolut begrenzt. Das möchte ich als Tendenz ganz deutlich machen.“

Und so wird es in diesem Verfahren um Dichte gehen und um den Anteil an Freiflächen, die übrig bleiben. Und um die heikle Frage, wie hält man die neuen Bewohner fern vom hochsensiblen Naturschutzgebiet Worringer Bruch. Wenn man aber von Grundsätzen redet, geht es dann nicht um eine andere Frage? Bei allem Wachstumsdruck, wie sinnvoll und zukunftsfähig ist es denn, ein Stadtplanungskonzept der Nachkriegszeit aus der Schublade zu holen, um innerstädtische Ackerflächen zu bebauen? Im Bestehenden nachbessern, das wäre die Alternative. Im Zweifel für die grüne Wiese!

Informationen zu Kreuzfeld auf der Seite der Stadt Köln

Ira Scheibe

1 Kommentar

Wenn man sich die Neubauviertel der letzten Jahre anschaut muss man leider zu dem Schluss kommen, wir sind heute einfach nicht mehr willens oder in der Lage ein Stück lebenswerte und ein Stück funktionierende Stadt zu bauen. Ein Blick zurück würde uns alle gut tun. Man muss die Dinge nicht ständig neu erfinden? Es wird viel von Nutzungsdurchmischung geredet aber gebaut wird es dann doch nicht. Darüber hinaus ist die Ästhetik der heutigen Architektur zum größten Teil gruselig einfallslos. Ein Blick über den Tellerrand täte der deutschen Architektenschaft durchaus gut. Deutschland und der deutschsprachige Raum ist international gesehen völlig abgehängt. Quadratisch, praktisch gut. Mehr fällt uns nicht ein? Nichts ist gut, denn unsere Städte werden immer hässlicher.