Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

25 Stunden hat der Tag…

…sobald das 25hours Hotel The Circle im Gerling Rundbau eröffnet. Designer Werner Aisslinger setzt auf Retro-Futurismus.

Weder vor noch zurück: Eine Weile schien im Gerling Quartier nichts mehr zu gehen. Doch jetzt läuft es rund: Ab August werden die Koffer in die ehemalige Schalterhalle der Gerling Versicherung aus dem Jahre 1966 rollen. Koelnarchitektur.de durfte schon mal probeliegen. Und es war uns ein Vergnügen!

Fahrräder auf dem Zimmer, Duschen und Toiletten mit Panoramablick, ostmediterrane Wohlfühlküche und Highball-Sundowner in der Nachbarschaftsbar auf dem Dach: Das neue Hotel macht einiges anders. Es soll ein Haus für die Stadt werden, mit öffentlichem Erd- und Dachgeschoss. Werner Aisslingers Team für die Innenausstattung und O&O Baukunst mit Christian Heuchel als Architekten haben dem 60er Jahre Gebäude neue Frische gegeben.

 

In der Lobby steht noch der originale, kreisrunde Empfangstisch, an dem nun der Concierge seinen Dienst tun wird. © Foto Barbara Schlei

 

Macht immer noch Freude anzuschauen: Die opulente Inszenierung der 60er für das Dach über dem Empfangstisch; © Foto Barbara Schlei

 

Rund, steinern, einmalig

Hans Gerling war einer, der zeigen wollte, was er hatte und wer er war. In diesem Sinne hat er bauen lassen. Der Rundbau mit der Schalterhalle von Sobotka / Müller ging 1966 in Betrieb. Marmor außen und innen, imposant und feinsinnig die Details. O&O Baukunst haben das denkmalgeschützte Gebäude mit der charakteristischen Natursteinfassade seit September 2015 saniert und neu gestaltet. Das zusätzliche, zurückversetzte Staffelgeschoss ist aus goldeloxiertem Stahl mit großen Glasflächen und hält sich damit an die Formensprache der 60er Jahre. „The Circle ist kein uniformes, austauschbares Luxushotel, sondern ermöglicht dem Gast ein atmosphärisches Raumerlebnis“, erklärt Architekt Christian Heuchel.

O&O Baukunst haben den Verwaltungsbau mit Schalterhalle von 1966 saniert und neu gestaltet. Das denkmalgeschützte Gebäude hat ein zusätzliches, zurückversetztes Staffelgeschoss aus goldeloxiertem Stahl erhalten, das die Formensprache der 60er Jahre aufnimmt. © Ortner & Ortner Baukunst

 

Ufos vorm Fenster

Die Atmosphäre vom Verkauf von Versicherungspolicen ist damit nicht gemeint. Urbane Nomaden – „Tagträumer und Nachtschwärmer, die Abwechslung suchen“ – so beschreiben die Macher von 25hours ihre erhoffte Klientel. Die leben in virtuellen Welten, fahren teure Fahrräder und sammeln Schallplatten. Werner Aisslingers Haus ist eine Neuinszenierung der technischen Utopien der 60er Jahre, knallig, spacig, abgefahren, das Ganze nennt er Retro-Futurismus. Damit auch die Außenwelt von dieser „Story“ erfährt, werden Ufos im Luftraum vor der gediegenen Natursteinfassade schweben.

Nach den Häusern in Berlin und Zürich ist dies die dritte Arbeit Aisslingers für die Kette 25hours. Er mag Hotels: „Aber eher die alten Kästen, weil sie Zeugen ihres Umfeldes sind.“ Und er fährt fort: „Wer heute noch Hotels mit dem Richness-Faktor macht, ist von gestern. Der Gast schaut heute auch hinter die Fassade und weiß gerne, woher die Dinge kommen und warum sie so sind wie sie sind.“

Zimmer mit Aussicht, wahlweise Dom…

 

 

…oder Gerlinghochhaus. © Foto Barbara Schlei

 

Wissen, woher die Dinge kommen

Zentral in der Lobby steht noch der originale, kreisrunde Empfangstisch, an dem nun der Concierge seinen Dienst tun wird. Die Struktur der ehemaligen Kassenhalle mit ihrem Boden aus weißem Rauchkristall und Nischen aus schwarzem Nero Marquino-Marmor blieb erhalten. Die Rezeption mit ihrem geschwungenen Nussbaum-Tresen und der Oberfläche aus sonnengelbem Corian findet sich am Eingang links. Aisslinger ließ seine Entwürfe für das Hotel von Moroso, Thonet, Cappellini, Wästberg und B.Lux umsetzen.

Im Kiosk eine Nische weiter betreibt der Taschen Verlag einen Kiosk mit einem Sortiment an Bildbänden, Zeitschriften und schönen Dingen. Der Record Store bietet eine kleine Vinyl-Auswahl und sofortigen Musikgenuss auf Ledersofas. Im Café gibt es Boxen, in denen bis zu acht Personen geschützt arbeiten können. Der Flachbau nebenan ist für Veranstaltungen reserviert. Das Foyer dort ist mit zwei verspiegelten und verglasten Boxen räumlich sehr spannungsreich durchgebildet.

Grundriß des Rundbaus (Erdgeschoß) mit der zentralen Concierge Loge, der Rezeption links und dem Café rechts. Ganz rechts im Anbau Räume für Veranstaltungen; © Ortner & Ortner Baukunst

 

Zu den Zimmern gelangt man durch gekurvte Gänge. Im Inner Circle werden die Räume zum Fenster hin schmaler, eine dreifache Verglasung sorgt für ruhigen Schlaf. Die Outer Circle-Zimmer sind größer und bestechen in den oberen Etagen mit einer 3D Köln Animation vor den Fenstern. Nein, Scherz, der Blick ist echt, aber fantastisch – man kann ihn sogar beim Duschen bestaunen. Wem das noch nicht genug Wellness ist, der findet im 7. Stock die obligatorische Sauna und Außenterrasse.

Aufs Dach, juchee

Ins Erd- und Dachgeschoss darf man auch ohne Zimmerschlüssel. Das Restaurant Neni hat Aisslinger als Biosphären-Labor mit Sitzmöbeln und Kamin gestaltet. Hängende Pflanzen in beleuchteten Kästen wirken als optische Raumteiler und gewähren trotzdem Durchblick. Die Neni Restaurants in den anderen 25hours Hotels sind ungemein erfolgreich: Haya Molcho, die Frau des berühmten Pantomimen Samy, führt verschiedenste Einflüsse zu einer eklektischen, ostmediterranen Nomadenküche zusammen.

Die monkey bar wird nicht so leer bleiben: Sie ist öffentlich, hier kann sich die Nachbarschaft zum Sundowner treffen. @Barbara Schlei

 

Mit einer Terrasse gen Westen ist die monkey bar nebenan ein guter Ort für ein Glas vor dem Essen. Barkeeper Jörg Meyer aus Hamburg mischt hier „Drinks auf Kenner-Level – cool, aber dennoch nahbar und sehr gemütlich“ und versteht seinen neuen Wirkungsort ausdrücklich als Nachbarschaftsbar, in der sich auch die Anwohner zum Absacker treffen. Der Marmortresen und ein offener Kamin mit einer Sitzplattform aus schwarzem Marmor nehmen die Farbwelt der Eingangshalle wieder auf.

 

„Köln hat uns wirklich noch gefehlt.“

Das sagt 25hours CEO Christoph Hoffmann und erklärt weiter: „Wir sind stolz jetzt endlich hier zu sein. Und dann auch noch in so einem spektakulären Gebäude, dem wir mit unserem ganz eigenen Storytelling neues Leben eingehaucht haben.“ Da trifft es sich gut, dass Köln genau das auch gefehlt hat.

Vorabbesichtigung mit koelnarchitektur.de am 11. Juli um 17:00 – circa 18:30 Uhr (Gerling Quartier und Hotel); Kosten 15 Euro, Anmeldung unter schlei@koelnarchitektur.de

P.S.: Und noch eine Neuigkeit aus dem Quartier: Neben dem Qvest Hideaway bei St. Gereon öffnet demnächst ein Ableger des Hase Restaurants aus der Sankt-Apern-Strasse: Hallejula, für diesen Ort war einst Vapiano im Rennen!

 

Ira Scheibe

 

»Zwischen Wasserspielen, Hochhäusern und der Eleganz der Fünfziger
Wer mit archipedes durchs Gerling Quartier, spazieren möchte, findet hier weitere Infos:

»25 hour hotels

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