Historische Architekturaufnahmen sind doppelt spannend: Einmal geben sie einen Originalzustand wieder, der so meistens nicht mehr existiert. Und zum anderen zeigen sie den Blick der Zeit auf die Gebäude. Zwei namhafte Kölner Fotografen dokumentierten die in den 1920er/1930er Jahren fertiggestellten und seinerzeit hochmodernen GAG Siedlungsbauten der Zwischenkriegsjahre fotographisch – rund 100 Beispiele aus diesem Konvolut stellt die SK Stiftung Kultur noch bis zum 24. Januar 2016 im Mediapark aus. Ein für Stadt- und Architekturgeschichte Kölns wichtigen Kapitel wird sichtbar.
Ateliers für Architekturfotografie
Hugo Schmölz, 1879 in Sonthofen geboren, machte eine Fotografenlehre und gründete 1911 in Köln ein Fotostudio mit Schwerpunkt Architekturfotographie. Hier arbeitete er u.a. für Dominikus Böhm und Wilhelm Riphahn. 1938 starb er. Sei Sohn Karl Hugo Schmölz sollte später mit seinen Nachkriegsaufnahmen unser Bild von Köln maßgeblich prägen.
Werner Mantz, jüdischer Herkunft, kam 1901 in Köln zur Welt und eröffnete hier 1921 sein erstes Atelier. Er war Hausfotograf bei Riphahn und arbeitete für viele bekannte deutsche Architekten, z.B. Erich Mendelsohn. Einige seiner Aufnahmen haben es sogar in die Sammlung der Tate geschafft. Später kam ein zweites Studio in Maastricht hinzu, wo er ab 1938 ausschließlich lebte. Aufträge zur Architektur blieben allerdings aus, und so widmete er sich seitdem verstärkt der Kinderfotografie. Er lebte bis 1983.
Wohnungen zu verkaufen
Beide Fotographen arbeiteten für die Kölner Gemeinnützige AG für Wohnungsbau, die 1913 gegründet worden war und später als GAG Immobilien AG firmierte. Die Fotodokumente entstanden zu Werbezwecken, aber auch für das firmeneigene Archiv. Verursacht durch die Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg, späterer Umbauten oder Abriss stellen die Bilder oft die noch einzig existierenden anschaulichen Belege längst vergangener Situationen dar. 2014 übergab die GAG rund 1500 Werke daraus als Dauerleihgabe an die Photographische Sammlung/SK Stiftung Kultur.
In vielen Teilen Kölns herrschten Ende des 19. Jahrhunderts Zustände, bei denen sich selbst Heinrich Zille entsetzt die Augen gerieben hätte. Ziel der AG für Wohnungsbau war es, preiswerten und zweckmäßigen Wohnraum zu schaffen. Vor dem Ersten Weltkrieg konnte nur ein Teil von „Bickendorf I“ realisiert werden, doch ab 1919 baute die AG die „Nibelungensiedlung“ in Köln-Mauenheim, die Poller „Milchmädchensiedlung“, die „Germaniasiedlung“ in Höhenberg, den „Grünen Hof“ in Mauenheim, die „Rosenhof-Siedlung“ in Bickendorf, den „Blauen Hof“ und die „Weiße Stadt“ in Buchforst und andere mehr.
Der Blick der Zeit
Schmölz widmete sich eher den etwas konventionelleren Anlagen, die stilistisch vom Historismus oder Expressionismus geprägt waren. Er wählte als Kameraeinstellung gerne die Totale. So kann man in seinen Bildern quasi spazieren gehen. Sie vermitteln den anheimelnden, beschützenden Charakter der Siedlungen, der der Sehnsucht der Bewohner nach heiler Welt entgegen kam.
Mantz war eher der Mann für den modernen Funktionalismus. Er rückt dicht an das Motiv heran, eng gesetzte Bildausschnitte zielen auf eine fast abstrahierende Wirkung. Licht und Schatten verwendet er sehr entschieden, um auf Strukturen der Architektur aufmerksam zu machen und ihren Ausdruck zu verstärken. Er benutze keine künstlichen Lichtquellen, sondern wartete genau die richtige Wetterkonstellation ab.
Werblich erfolgreicher werden wohl die Beiträge von Schmölz gewesen sein: Die eher „altdeutsch“ gestalteten Siedlungen trafen doch mehr den Zeitgeschmack. Für die zierlosen, kühlen Funktionsbauten im Sinne der Neuen Sachlichkeit konnte sich der Kölner damals nicht so recht erwärmen. Aber ihre photographischen Wiedergaben aus der damaligen Zeit gelten heute als eigenständige Kunstwerke.
Ira Scheibe
Eine erste Präsentation von 100 Fotografien aus dem Konvolut erfolgt mit dieser Schau in den Ausstellungsräumen der Photographische Sammlung/SK Stiftung Kultur:
Blick in die Sammlung
Hugo Schmölz und Werner Mantz – Kölner Wohnbauten der 1920er/1930er-Jahre
11. September 2015 bis 24. Januar 2016
SK Stiftung Kultur der Sparkasse KölnBonn
Im Mediapark 7
50670 Köln
Geöffnet täglich außer mittwochs von 14 bis 19 Uhr,
montags Eintritt frei
(23.-27.12. und 31.12. und 01.01.16 geschlossen)
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