Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

Modellstudien

Fotografien von Thomas Demand im Siza Pavillon, Raketenstation Hombroich

Fotos von Pappe, Papier und Plexiglas, geschnitten, geklebt, gestapelt in riesiger Vergrößerung. Auf einigen sind Raumfragmente zu erkennen, Wände, Decken und Öffnungen, häufiger bleiben die Bilder abstrakt. Dann sind nur mehr Spuren von Arbeit zu erkennen, etwas Geschnittenes, Geknicktes, Geklebtes, Beschriftetes und schließlich Zur-Seite-Geschobenes.

Ausstellung: "THOMAS DEMAND" 05.10.2015 bis 06.12.2015 im Siza-Pavillon, Museum Insel Hombroich; Raketenstation Hombroich;
Ansicht der Ausstellung „Modellstudien“ von Thomas Demand im Siza Pavillon der Raktenstation Hombroich. Foto: Tomas Riehle

 

Auch das ist Thomas Demand. In den Neunziger Jahren baute er lebensgroße Modelle aus Papier und Pappe nach einer fotografischen Vorlage, um sie zu fotografieren und anschließend zu vernichten. Diese Fotografien (Bathroom oder Studio) zeugten von Perfektion und Akribie, schlossen alles Zufällige aus. Anders die 24 großformatigen Aufnahmen, die unter dem Titel Modellstudien noch bis 6. Dezember im Siza Pavillon auf der Raketenstation Homboich zu sehen sind, sie inszenieren den Zufall, die Unschärfe und das Uneindeutige. So bezeichnet Demand die Modellstudien, die aus der eingehenden Betrachtung von Modellen, die nicht aus seiner Hand oder einem Architekturbüro stammen, das sein eigenes sein könnte, als sein bislang fotografischstes Werk.

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Kindergarten 22, 2015, Framed Pigment Print, 122,7 x 156,3 cm © Thomas Demand, VG Bild-Kunst, Bonn, 2015

 

Die Fotografien tragen die Titel konkreter Projekte, Kindergarten #22, Marina Fine Arts #37 oder Publishing House 64. Während eines Aufenthalts am Getty Research Institute in Los Angeles stieß Demand auf die dort wie ein Schatz gehüteten Modelle des 1994 verstorbenen US-amerikanischen Architekten John Lautner. Die Modellbauten von Kazuyo Sejima und Ryūe Nishizawa (SANAA) dokumentiert er seit drei Jahren. Doch dies sind nicht die teuren Modelle, wie sie zur Vermarktung der Projekte gebaut werden, sondern vielmehr räumliche Skizzen und Studien, die gewöhnlich die Büros nicht verlassen. Demands Fotografien zeigen Lautners Entwürfe nicht als die Villen, in denen »The Big Lebowski« oder »Charlie´s Angels« gedreht wurden und die von SANAA nicht als die bekannten neuen Räume für Kunst, sondern als Fragmente von Werkstücken, als Träger von Ideen, die vielleicht schon bald von neuen Gedanken überholt wurden. Ob sie gebaut oder nicht gebaut wurden, ob sie Ansätze guter oder gewöhnlicher Architektur tragen, lässt Demand offen. Je weiter er sich mit seiner Kamera den Modellen näherte, desto mehr verlieren sich Maßstab und Kontext in Unschärfe, bis schließlich nur Licht und Schatten bleiben.

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Marina Fine Arts #37, 2011, Framed Pigment Print, 126,9 x 180,2 cm © Thomas Demand, VG Bild-Kunst, Bonn, 2015

 

Modellstudien ist die erste Einzelausstellung eines zeitgenössischen Künstlers, die von der Stiftung Insel Hombroich gezeigt wird. Thomas Demands Fotografien erscheinen hier, wo die Beziehung von Skulptur, Architektur und Mensch so intensiv inszeniert wird, als ein Kontrapunkt: überraschend leicht zu nehmen.

Ausstellung: "THOMAS DEMAND" 05.10.2015 bis 06.12.2015 im Siza-Pavillon, Museum Insel Hombroich; Raketenstation Hombroich;
Ansicht der Ausstellung „Modellstudien“ von Thomas Demand im Siza Pavillon der Raktenstation Hombroich. Foto: Tomas Riehle

 

Zeitgleich mit der Eröffnung der Ausstellung erscheint das Buch THOMAS DEMAND: MODEL STUDIES I & II. Text von Joseph Grima. Köln 2015. 25,5 x 39,5 cm. 136 S. mit 50 farb. ganz- bzw. doppelseit. Abb., broschiert – Text in dt. & engl. Sprache, 48,- Euro.

 

Uta Winterhager

 

Thomas Demand
Modellstudien
Siza Pavillon, Raketenstation Hombroich
5. Oktober bis 6. Dezember 2015
Donnerstag bis Sonntag, 12 bis 18 Uhr