Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

Muß wer A sagt auch B sagen?

Protest zum Abriss der Kunsthalle.

Während auf dem Dach des Kunstvereins frierende Gestalten Plakatkleider tragen, dröhnen aus dem Innern schon die Abrißbirnen. Rund 80 Sympathisanten, der seit Wochen agierenden Protestinitiative gegen den Abriß und den Neubau am Josef-Haubrich-Forum, versammelten sich im Morgengrauen am 7. Oktober auf dem Dach des Kunstvereins, um mit Transparenten und Informationen ihr Anliegen zu unterstreichen.

An Stelle der Kunsthalle und des Josef-Haubrich-Forums soll bis 2006 ein neues Museumszentrum entstehen, das Kunstverein, Kunsthalle, Rautenstrauch-Joest-Museum und Teile des Museums Schnütgen in einem Gebäudekomplex vereint. Die große Abschiedsparty fand bereits im Sommer, unter dem bezeichnenden Motto „Ende Neu“ – einem Song der „Einstürzenden Neubauten“, statt. Derweil ist der Abriß in vollem Gange, das Gebäude ist innen weitgehend entkernt, auch ein Teil der Außenwände fehlt bereits.

Denkpause!

Doch die Kölner Kulturprominenz will den Bau des Architekten Franz Lammersen mit der Außenfassade von Ernst Wille von 1967 nicht kampflos aufgeben. Namhafte Kulturschaffende der Stadt, wie die Künstlerin Rosemarie Trockel, Museum-Ludwig-Chef Kasper König, Architekt Bernd Knies, Georg Baselitz und Verleger Reinhold Neven DuMont, Schauspieler Udo Kier und Sabine DuMont-Schütte, Gerhard Richter und Sigmar Polke setzen sich bei Verantwortlichen in Planung und Politik dafür ein, eine Denkpause zu erreichen. „Ein Juwel soll durch ein Nichts ersetzt werden“, so Udo Kier. Ziel der Aktion ist es sich gegen eine Wegwerfkultur zu richten, und den Erhalt dieses städtebaulichen Ensembles aus den 60er Jahre und dessen Geschichte, hier fanden erste Ausstellungen von Sigmar Polke und Gerhard Richter statt, zu erreichen.

Sicher ist die Resolution, kurz vor zwölf auch ein Zeichen dafür, wie wenig Akzeptanz der Neubau findet. Der, das ist allen Beteiligten spätestens seit 1996 bekannt, als das Braunschweiger Büro Schneider & Sendelbach den Architektenwettbewerb gewann, nicht zu den richtungsweisenden Museumsbauten des beginnenden Jahrtausend gehören wird, aber durchaus die städtebauliche Situation um den Neumark aufwerten kann. Doch damals kam kein Notruf aus der Kölner Szene, und auch während Jahren dauernden Verhandlungen um Raumprogramm und Tageslicht hielt man sich mit Kritik an dem nüchtern-sachlichen Zweckbau zurück.

So bleibt zu vermuten, dass es der „Kölner Kunsthalleninitiative“ zu diesem Zeitpunkt vor allem um ein aufrüttelndes Zeichen geht, weniger um konstruktives Bemühen. Denn ernst zunehmende Kompromißvorschlägen sind nicht in Sicht. Sicher könnte die Fassade der alten Kunsthalle in einen Neubau integrieren werden, damit sie nicht für immer verloren geht. Und nach den Vorstellungen der Abriß-Gegner „könnten die Umsiedlungspläne des Rautenstrauch Joest Museums auch im bestehenden Gebäude umgesetzt werden“, so Bernd Knies und „das erhaltene Ensemble“, Zumthor macht es derzeit bei St. Kolumba vor, „weiter gedacht und geplant werden“.

Wettbewerb?

Für all diese Vorschläge müßte jedoch ein neuer Wettbewerb ausgelobt werden. Was dann in Zeiten knapper Kassen mit den von Stadt und Land bereits bewilligten Geldern geschieht bleibt fraglich. Ein Baustopp und dessen Folgeschäden, wie z.B. Schadensersatzforderungen sind da schwer ein zu schätzen. „Das“, so Bernd Knies „sei auch nicht im Sinne der Initiative“. Trotzdem sollte nicht nur aus ökonomischen Gründen zu der einmal getroffenen Entscheidung gestanden werden, denn wie Kasper König vor der Kunsthalle feststellte “jeder der erkennt, das „A“ falsch ist, muß nicht „B“ sagen“.

Weiterhin werden zwischen den Verantwortlichen der Initiative und Vertreten der Stadt Gespräche geführt. Ob die verbale Auseinandersetzung den Abriß noch verhindern kann oder pure Hinhaltetaktik ist, bleibt abzuwarten. Der Faktor Zeit spielt bei allen Überlegungen um den neuen Museums- und Kulturschwerpunkt eine wesentliche Rolle. Denn bis neue Ansätze für die Kunst auf der einen und die stadtbildprägende Architektur auf der anderen Seite gefunden sind, wird für das Rautenstrauch-Joest-Museum, das sein neues Domizil hart erkämpft hat, noch viel Wasser den Rhein hoch und in die Depots laufen.

Für das Rautenstrauch-Joest-Museum, das einzige Völkerkundemuseum Nordrhein-Westfalens, bedeutet der Umzug den Abschied von der Randlage am Ubierring und die Hinwendung zum Zentrum. Nicht nur die räumlichen Dimensionen sollen endlich größer werden, auch ist es längst überfällig, dass die Gefahr durch das Rheinhochwasser gebannt wird.

Kaum glaubte man, in Köln könnte endlich einmal etwas beschlossen, geplant und gebaut werden, schon tauchen erneut Fragezeichen auf. Schade, für alle Beteiligten, ist die vertane Chance zur Mitsprache während des Planungsprozesses. bs