Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

BDA-Montagsgespräch: Die Kölner Oper – Abriss oder Sanierung?

Oder: Viel Lärm um nichts?

Die Diskussion im Domforum über Abriss bzw. Neubau oder Sanierung der Oper hinterlässt noch leise Unsicherheit. Ist die Debatte denn nun zu Ende, oder hat sie gerade erst begonnen? Schließlich hatte sich neben Baudezernent Bernd Streitberger und den Ratsparteien auch der Kölner BDA schon positioniert und sich im Vorfeld für den Erhalt und die Sanierung von Oper und Schauspielhaus am Offenbachplatz ausgesprochen (siehe Stellungnahme des BDA). Unlängst zog dann auch der Oberbürgermeister nach, der inzwischen schon mehrfach für die Sanierung des Riphahn-Baus eintrat. Lediglich die CDU-Fraktion wollte sich bislang noch nicht so recht festlegen lassen, so dass auf das Gutachten über Alternativen zur Sanierung des Opernkomplexes verwiesen wurde.

Das Gutachten der Verwaltung über mögliche Standorte und Kosten für einen Neubau der Oper bzw. die Tieferlegung der Nord-Süd-Fahrt soll bis Jahresende vorliegen und als Entscheidungsgrundlage für den Rat dienen. Schon jetzt zeichnet sich ab, dass kaum einer der untersuchten Standorte überhaupt das Potential hat, einen Opernneubau aufzunehmen und das dafür notwendige Umfeld bieten kann; somit also der bisherige Standort inmitten der Stadt wohl weiterhin der beste Ort für die Oper ist. Indessen wurde von Kaspar Kraemer (BDA) „Tabufreiheit und Offenheit in der Diskussion“ gefordert, um die Chancen eines Neubaus auszuloten. Gleichwohl blieb die Frage nach alternativen Nutzungsaufgaben für das Areal am Offenbachplatz unbeantwortet. Auch aus der dicht gedrängten Menge der interessierten Zuhörer kamen hierzu keine Vorschläge, was anstelle des Opernhauses wünschenswert oder dringlich vonnöten wäre. Vielmehr wurde betont, dass die Oper als belebendes Element für die Kernstadt in den Abendstunden unverzichtbar ist. Also viel Lärm um nichts?

Das Podium folgte daher mehrheitlich Stadtkonservator Ulrich Krings, der in seiner Einführung schlüssig darlegte, dass der Riphahn-Bau nicht nur aufgrund seiner architektonischen und städtebaulichen Qualität sondern auch wegen seiner hervorragenden Sicht- und Hörverhältnisse für die Besucher zu erhalten und zu sanieren sei. Hiltrud Kier unterstrich dies mit dem Hinweis, dass „dieser signifikante Bau der Wiederaufbauzeit im Herzen der Stadt ein wesentliches Stück der Kölner Stadtentwicklung und des kulturellen Selbstverständnisses der Stadt“ darstellt. Ein Abbruch des Opernkomplexes würde einen großen Verlust auch der spezifischen Identität Kölns bedeuten – ein Faktor, der für Dieter Bartetzko (FAZ) gerade in der Standortdiskussion bzw. in der Konkurrenzsituation der Kommunen wesentlich stärkeres Gewicht haben sollte, wo allerdings „Angst und Hecheln im Wettbewerb“ die Städte blind für die eigenen Qualitäten machten.

Bemängelt wurde freilich von allen Seiten, dass sich die Stadt ihrer kulturellen und substanziellen Werte so wenig bewusst ist und häufig durch unterlassene Unterhaltsleistungen deren Verfall und Verlust herbeiführt. Der so „erwirtschaftete“ Sanierungsstau betrifft nicht nur die Bauten, sondern auch öffentliche Räume wie den Offenbachplatz, dessen Aufenthaltsqualität dringend verbessert werden müsse. „Schon der Einsatz geringer Summen könnte hier Entscheidendes bewirken“, so Kier. Hilfreich wäre eine Reduktion der Fahrbahnbreite der Nord-Süd-Fahrt oder überhaupt deren Tieferlegung, wobei dann die Meinungen bezüglich Sinn und Nutzen einer solchen Maßnahme stark auseinander gingen. In der Sache stellte Dezernent Streitberger eindeutig klar, dass die Straßentieferlegung losgelöst von der Oper zu sehen ist und auch die Finanzierung der Maßnahme einen Abriss der Oper nicht erfordere. Falls jedoch die von ihm gewünschte Tieferlegung insgesamt nicht finanzierbar sei, müsse man sich deutlich und unverzüglich für eine möglichst gute oberirdische Lösung für diesen Straßenabschnitt entscheiden.

Die Entkoppelung von Tieferlegung und Erhalt bzw. Sanierung der Oper auch in Bezug auf die Finanzierung entspannte die Atmosphäre im Domforum sichtlich, zumal nicht nur erklärte Riphahn-Befürworter, sondern auch distanziertere Beobachter wie Wolfgang Pehnt für den Fortbestand und die Sanierung des Bauensembles am Offenbachplatz eintraten. Maria Schwarz erinnerte daran, dass die Kirchen und Kulturinstitutionen in der linksrheinischen Innenstadt die Hochstadt konstituierten; „nimmt man die Oper aus dem Herz, fällt das geistige Zentrum weg“. In diesem Sinne argumentierte auch Christoph Damman, der den Weiterbestand der Oper am Offenbachplatz, im Herzen der Stadt und in den Herzen der Menschen forderte. Damit stützt er die Linie von Bernd Streitberger, der die Aufgaben fürs Linksrheinische im Bewahren und Pflegen sieht, das Rechtsrheinische aber für den Ort hält, an dem neue Strukturen geschaffen werden können und sollen.

Die Sorge um den noch nicht definitiv gebannten Abbruch ließ die konkrete Frage nach dem „Wie-geht-es-weiter?“ etwas zu kurz kommen. Was muss bei der Sanierung des Opernkomplexes zwingend gemacht werden, was ist wichtig, was wünschenswert? Wo passt das Kleid nicht mehr und warum nicht? Wie kommt es zu einer Verdopplung der projektierten Sanierungskosten innerhalb von 10 Jahren? Viele Fragen blieben ungefragt. Allerdings wurde schon bei der hier nur im Ansatz geführten Diskussion über Umfang und Kosten der Sanierung deutlich, dass die eigentlich wichtigen Fragen bislang nicht gestellt und beantwortetet wurden, obwohl sie für den weiteren Umgang mit dem Opernkomplex relevant sind: Was bedeuten uns kulturelle Institutionen wie Oper und Schauspielhaus, welchen Stellenwert haben sie für unsere Gesellschaft? Was sind sie – uns – finanziell wert? Wie möchte sich Köln als Kulturstadt zukünftig im Wettbewerb der Standorte positionieren? Stoff für mehr als nur ein Montagsgespräch; und eine große Aufgabe für die neue Leitung des Kulturdezernats!

Ute Chibidziura

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Detailaufnahme der Rückfront des Kölner Opernhauses (Baujahr: 1954-57) Foto: Hugo Schmölz