Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

NEUE ANSÄTZE: Isabell Battenfeld

Die einzige Frau in der Runde gründete ihr Büro direkt nach der Uni.

Isabell Battenfeld redet nicht lange drum herum. Sie kommt direkt auf den Punkt und beantwortet eine Frage auch schon mal, bevor sie gestellt wurde. Eine Freundin hatte ihr den link zu unserem Aufruf weitergeleitet und sie schrieb uns noch direkt vom Flughafen in Rom an, und fast hätten wir uns das Interview mit ihr sparen können, denn in ihrer Email hatte sie bereits alle wichtigen Punkte abgearbeitet. Das war effizient, aber dennoch möchten wir jeden, den wir in dieser Serie vorstellen, persönlich kennenlernen.

Ich besuche sie zu einem relativ spontan verabredeten Interviewtermin in der Kölner Südstadt. Dass sie ihren Arbeitsplatz in ihrer Wohnung hat, ist kaum verwunderlich, sie ist ja erst 29. Sie weist mich aber dennoch vorher darauf hin, um eine Überraschung meinerseits auszuschließen. Isabell hatten wir ausgewählt, weil sie im Vergleich zu allen anderen Kandidaten noch sehr jung ist und – Statistik hin oder her – leider auch die einzige Frau. Und dass sie den Schritt in die Selbständigkeit alleine gegangen ist, fanden wir ungewöhnlich und mutig, das hat uns interessiert.

Die Wohnung, die sie mit ihrem Freund teilt, liegt über eine Kneipe, das Arbeitszimmer ist das Wohnzimmer. Und es ist typische Architektenwohnung. Viel Weiß, kontrastiert mit Schwarz und Holz, nichts liegt zufällig herum, alles ist platziert: Und so kontrolliert, wie Isabell wohnt, scheint sie auch zu arbeiten und zu denken. Die Work-Life-Balance erhält von ihr eine ganz neue Dimension.

Kleiner Nachtrag: Inzwischen sind ein paar Wochen vergangen und Isabell Battenfeld hat nun ein Büro in der Kyffhäuserstraße angemietet.

 

Wie bist du zur Architektur gekommen?

So genau sagen kann ich es gar nicht, ich wusste aber schon ganz tief aus dem Bauch heraus mit 11 oder 12 Jahren, dass ich Architektin werden wollte. Ich habe meinen Vater damals immer genötigt, mit mir durch Neubaugebiete zu fahren, um Häuser anzuschauen.

Gab es einflussreiche Lehrer/Mentoren oder große Ideale?

Im Studium in Aachen hat mich Professor Braun sehr beeinflusst und gefördert in meiner Art, wie ich gedacht habe. Und im Beruf hat mir die Architektin Dorothee Spitz viel unter die Arme gegriffen und war immer ein wichtiger Ansprechpartner für mich. Und natürlich sind es die erfolgreichen Frauen wie Zaha Hadi und Patricia Urquiola, die es jeden Tag aufs Neue schaffen bzw. geschafft haben, sich in einer immer noch so männlich dominierten Branche durchzusetzen.

Ist es Zufall, dass alle deine Vorbilder weiblich sind?

Unterbewusst sicher. Dorothee Spitz habe ich aber nicht nur deswegen zu meiner Mentorin gemacht. Sie ist einfach eine Powerfrau, die unheimlich viel stemmt, die unfassbar kreativ ist, die so gut wie nie schlecht drauf ist und ein wirklich guter Mensch ist. So wie sie versuche ich auch in Stresssituationen einen immer noch netten Umgang zu pflegen und nicht – auch nicht auf der Baustelle – in einen Tonfall zu verfallen, der nicht angebracht ist.

Askren Manor (2017) – 1. Preis Wettbewerb für das Büro HPA+, 120 Wohneinheiten in Schweinfurt © Isabell Battenfeld

 

Was für Erfahrungen hast du selbst als Frau in deinem Job gemacht?

Ich habe nicht den Eindruck, dass mein Geschlecht in der Architekturpraxis eine Rolle spielt, nicht in der Ausbildung und auch nicht jetzt im Beruf. Sicherlich versucht der eine oder andere Handwerker bei der ersten Begegnung es mal mit einem flapsigen Kommentar, in der Regel merken sie dann aber schnell, dass es unangebracht ist und spätestens beim zweiten Treffen ist dann alles cool.

Was bewegt und motiviert dich?  

Ich möchte etwas schaffen das nachhaltig ist. Nicht nur im ökologischen und bauphysikalischen Sinne, sondern auch als Lebenswerk. Etwas, dass auch über meine Lebensdauer hinaus besteht. Ich möchte mit meinem Namen repräsentativ für meine Arbeit stehen, eine gute Architektin sein. Ich habe eine große Motivation zu lernen, mich fortzubilden und weiter zu entwickeln. Mitglied der Architektenkammer: check! Aktuell überlege ich mich als Brandschutzsachverständige noch weiterzubilden. Am liebsten möchte ich alles wissen – was natürlich utopisch ist, aber ich liebe es neue Dinge zu lernen, konstruktiv, zwischenmenschlich im Kontakt mit meinen Bauherren oder auf der baurechtlichen Ebene, auf der man nach dem Studium einfach gar keine Erfahrung hat.

 

Könntest du deine architektonische Haltung kurz erläutern

Ich habe eine sehr klare Linie, ich bin grundsätzlich sehr reduziert, sehr minimalistisch und sehr gradlinig, ich mag keinen Schnickschnack. Und es muss funktionieren. Ich stehe total auf Klarheit und deren Aussagekraft, ohne dass ich da noch viel drum herumpacken muss.

Was ist dein besonderes Talent, was unterscheidet dich?

Ich bin einfach jemand, der gerne und direkt auf die Menschen zugeht. Ob das nun ein besonders Talent ist oder nicht, für meine Selbständigkeit war es sicher sehr hilfreich, dass ich auch in einer Runde mit 20 Männern meinen Standpunkt vertrete.

 

Glück&Glanz Store Sankt Apern Straße (2017) © Isabell Battenfeld

 

 

Was war das erste Projekt unter eigenem Namen?

Ich glaube, das war für FunktionSchnitt ein Warenträger. Und als richtiges Projekt „Glück&Glanz“, ein Ladenausbau in der St. Apernstraße in der Kölner Innenstadt.

Warum Köln?

Ich habe mich 2011 in Köln verliebt, als ich einen Freund besucht habe. Irgendwie hat es mich gepackt. Ich kann gar nicht so genau sagen, was es war. Objektiv betrachtet ist Köln vielleicht wirklich nicht die schönste Stadt der Welt, aber für mich ist es das Lebensgefühl hier. Ich habe in Darmstadt meinen Bachelor gemacht, bin dann für den Master an die RWTH Aachen gegangen, aber nach Köln gezogen, um nach Aachen zu pendeln. So bin ich hier hängen geblieben. Ich liebe es einfach, ich liebe es hier in der Südstadt, ich finde die Stimmung hier in Köln einfach super.

Wie läuft die Akquise? Was könnte hier besser laufen?

Die Akquise läuft gut. Am Anfang habe ich Projekte über andere Büros bekommen, zum Beispiel über Dorothee Spitz. Mittlerweile bin ich ja schon drei Jahre im Geschäft, die Leute wissen das und es gibt immer jemanden, der jemanden kennt, der jemanden braucht… Inzwischen ist es sogar so, dass ich seit über einem Jahr gar keine Akquise mehr gemacht habe und es läuft trotzdem weiter.

Vitos Gelände Marburg (2017) – 2. Preis Wettbewerb für das Büro Integrale Planung, 78 Wohneinheiten in Marburg © Isabell Battenfeld

 

Welche Ziele hast du? Auf welchen Auftrag wartest du?

Ich warte nicht auf eine konkrete Bauaufgabe. Mein Ziel ist es, ein größeres Büro zu haben. Es muss gar nicht unbedingt so riesig sein, weil man dann ja nur noch Organisator des Büros ist und gar keine Architektur mehr macht. Es ist mir schon wichtig, dass ich selber noch Architektur machen kann. Klar, je größer man wird, desto größer wird auch der organisatorische Aufwand. Aber ich hätte schon gerne ein Büro, ich hätte schon gerne Mitarbeiter und ich würde auch gerne größere Projekte machen. Ein großer Traum von mir ist es ein ECO-Home zu entwickeln. Grüne Architektur weiter voran zu treiben. Und vor allem möchte ich gute Architektur machen, auch über die Landesgrenzen hinaus – das Sahnehäubchen auf meiner Karriere wäre ein Bauwerk in New York, denn das ist mit Abstand mein liebster Ort auf der Welt nach Köln.

 

 

Warum sollte man als junger Architekt/als junge Architektin ein eigenes Büro gründen? Lohnt es sich, das Risiko auf sich zu nehmen?

Ich würde es jederzeit wieder machen, inzwischen könnte ich es mir auch nicht mehr anders vorstellen. Mir gibt es unglaublich viel Antriebskraft, dass ich das für mich selbst tue, dass ich mir selbst etwas damit aufbaue. Das Risiko ist am Anfang ja auch noch relativ gering, es ist ja nicht so, dass man wie ein produzierender Betrieb teure Maschinen und große Lagerflächen benötigen würde. Ich brauche nur meinen Rechner und mich selbst, ich kann ja sogar von Zuhause aus arbeiten. Wenn man feststellt, dass es mit der Selbständigkeit nicht funktioniert, kann man ja auch immer wieder in ein Angestelltenverhältnis gehen. Solange man keine Familie hat und nur die Verantwortung für seine eigene Existenz tragen muss, ist ja auch alles absehbar. Als ich direkt nach dem Studium gesagt habe, dass ich mich selbständig machen möchte, hat das auch keiner verstanden. Mittlerweile fragt da keiner mehr nach dem Warum, weil sie sehen, dass ich es seit drei Jahren erfolgreich mache. In Deutschland steht die Frage nach der Sicherheit immer an erster Stelle und viele können es nicht nachvollziehen, dass sich jemand für eine Situation entscheidet, wo man nicht voraussagen kann, was man am Ende des Monats verdient haben wird, wo man auch an Wochenenden oder Abenden arbeiten muss. Wie oft höre ich, „ach du tust mir aber leid“, „ich hoffe, es wird bald besser“, aber ich bin grundsätzlich eher glücklich, wenn ich ausgelastet bin, als wenn ich hier sitze und nur fünf Stunden am Tag arbeite. Ich wüsste auch keinen Urlaub in den letzten zwei Jahren, wo nicht mein Laptop dabei war. Viele haben an dieser Eigenverantwortung einfach kein Interesse. Ich sage meinen Freunden immer, dass die Selbständigkeit auch unfassbar viel Freiheit gibt – nur konnte ich bisher leider niemanden davon überzeugen.

 

 

Zur Person, zum Büro

  • Name: Isabell Battenfeld
  • Geboren 1989 in Marburg
  • Bachelor:  TU Darmstadt 2011, Master: RWTH Aachen 2015
  • Büroname: Isabell Battenfeld architects
  • Schwerpunkt: inhaltlich nicht festgelegt
  • Partner: Keine
  • Gründung: 2015
  • Mitarbeiter: Keine festen

Das Gespräch führte Uta Winterhager