Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

Vom Nonnenkloster zum Integrationsprojekt

Das Erzbistum Köln baut das Klarissenkloster in Kalk zu einer integrativen Wohnanlage um.

Das 2013 aufgegebene Klarissenkloster steht unter Denkmalschutz. Nun wird in den Bestandsgebäuden und zwei Neubauten Platz geschaffen, für eine Anlauf- und Wohnstätte, unter anderem für Flüchtlinge. Entstehen sollen 27 Wohnungen, zwei Wohngruppen und vier Appartements.

Die Gebäude in der Kapellenstrasse entstanden 1924/25. Der Architekt war ein Verwandter einer der Schwestern, Ernst Horst aus Münster. Die spätbarocke westfälische Backsteinarchitektur des 18. Jahrhunderts diente ihm als Vorbild für die Klosterkirche und das sogenannte Pfortenhaus – hier lebten diejenigen Nonnen, die Kontakt nach außen hatten. Zum Klosterbereich gehörten auch Gärten, eine Gebetsgrotte und ein Friedhof.

Die Klarissen, gegründet von den Heiligen Franziskus und Klara von Assisi, sind der Zweite Orden des hl. Franziskus, der Frauenzweig. Ihre Ordensregel verlangt vollkommene Klausur und ein Leben in Armut. In dieser Tradition liegt begründet, dass die Kirche des Kalker Klosters keinen Turm hat und das im Inneren des Ensembles liegende vierflügelige Klausurgebäude sich denkbar schlicht darstellt.

Vorher

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Die Klosterkirche mit ihrem von Voluten flankierten Giebel zeigt stilistische Übernahmen aus der spätbarocken westfälischen Backsteinarchitektur; entstanden ist sie 1924/25. Foto:© Rolf Heinrich / Wikimedia Commons [CC BY 3.0]

 

Im Jahr 2011 begannen Umbauten des Pfortengebäudes. Die verbliebenen Nonnen sollten hierhin umziehen, da das Quadrum viel zu groß geworden war und sich nicht für eine Modernisierung eignete. Doch die Klarissen beschlossen, den Standort der weiterhin schrumpfenden Gemeinschaft im Februar 2013 aufzugeben. Die Baustelle wurde für ein Jahr still gelegt, bis Pfarrer Meurer die Idee hatte, dort Flüchtlinge unterzubringen. Ursprünglich wollte das Erzbistum den Klausurtrakt abbrechen und durch einen Neubau ersetzen. Auf Grund der Einheitlichkeit der Anlage pochte Stadtkonservator Dr. Thomas Werner jedoch darauf, sie insgesamt zu erhalten. Bauherr und Stadt einigten sich auf die Auslobung eines Qualifizierungsverfahrens zur Findung einer einvernehmlichen Lösung. Die Renovierung des Pfortengebäudes ist bereits unabhängig von der übrigen Planung seit Herbst 2015 abgeschlossen, entstanden sind hier 20 Appartements für Flüchtlinge.

Nachher

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Kubaturen im Gelände. Insgesamt entstehen im Alt- und in den Neubauten über 2.500 qm Wohnfläche. Abbildung: LK Architekten

 

Im Qualifizierungsverfahren des Erzbistums ging es vor allem darum, eine integrative Wohnanlage mit den Vorgaben des Denkmalschutzes zu vereinbaren. Teilgenommen hatten vier Planungsbüros, das Kölner Büro LK ARCHITEKTEN, Regina Leipertz und Martin Kostulski konnte den Verfahren für sich entscheiden.

Der ausgewählte Entwurf ergänzt den Bestand um zwei Neubauten und öffnet das Klostergelände über einen neuen öffentlich zugänglichen Platz. Im Erdgeschoss des hier gelegenen Neubaus zieht die Flüchtlingsanlaufstelle der Caritas ein. In dem dreiflügeligen Gebäude im hinteren Bereich des ehemaligen Gartens entstehen 2 bis 5 Zimmer-Wohnungen, die sich an den Richtlinien des sozialen Wohnungsbaues orientieren und zukünftig von Flüchtlingen und anderen Wohnungssuchenden genutzt werden.

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Der vormals geschlossene Klausurbereich öffnet sich mit neuen Wegemöglichkeiten und Plätzen. Lageplan: club L94 Landschaftsarchitekten GmbH

 

Städtebaulich entwickelt sich der Block von der klausurtypischen Geschlossenheit zu einer großzügigeren Öffnung und bietet Raum für Begegnungen. Der neue Flügelbau rahmt eine öffentlich zugängliche Grünfläche. Zwischen den beiden Trakten führt ein Weg zum benachbarten Park. Neben der Kirche, wo sich die Gärten der Außenschwestern und des Hausgeistlichen befanden, öffnet sich nun vor einem weiteren Neubau ein offener Vorplatz. In diesem Bereich wird die nicht historische Klostermauer abgerissen. Der Friedhof im hinteren Teil der Anlage bleibt in seiner Funktion erhalten, das war den Schwestern wichtig.

 

 

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Ein dreigeschossiger Neubau rahmt einen zentralen, öffentlichen Garten. Alle Wohneinhalten erhalten Freiflächen. Grundriss: LK Architekten

 

Für das Quadrum ist lediglich eine Nutzungsänderung vorgesehen, die vorhandene Bausubstanz soll möglichst erhalten bleiben. Hier ziehen zwei betreute Wohngruppen für Jugendliche ab 14 Jahren mit jeweils 8 Plätzen ein; außerdem gibt es vier kleine Appartements für junge Erwachsene. Getragen werden sie von der Stiftung Die Gute Hand. Was mit der Kirche passiert, ist noch unklar. Momentan wird geprüft, wie auch sie für die Flüchtlingsbetreuung zu nutzen ist.

 

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Im Klausurgebäude ziehen Wohngruppen ein; der vorhandene Schwesternchor (in der Planmitte) wird als Multifunktionsraum der Caritas-Flüchtlingshilfe genutzt; Grundriss: LK Architekten

 

Nachdem Erzbistum und Denkmalpflege zu einer Einigung gekommen sind, scheint jetzt bei diesem Bauvorhaben einfach alles zu stimmen. Die Baugenehmigung liegt vor, Anfang Juli wird mit dem Rohbau begonnen, die Fertigstellung ist für Oktober 2017 geplant. „Wir rasen mit schnellen Schritten durch die Arbeiten,“ freut sich Regina Leipertz von LK Architekten. „Das ist ein Projekt, bei dem man etwas Gutes tut, und man merkt, dass alle Beteiligten wirklich motiviert sind.“ Ob die Idee von der natürlichen Integration durch räumliche Nachbarschaft auch funktioniert, wird sich zeigen. An der Architektur soll es nicht scheitern.

Ira Scheibe

 

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Das Kölner Klarissenkloster Sankt Clara