Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

Was ist los in der Domstadt?

Neue und laufende Projekte in Köln – Themen und Inhalte des Rotonda Architektur- und Immobilientreffs

Wir Kölner haben uns fast schon daran gewöhnt. Sie gehören dazu – die zahlreichen Baustellen auf unserem täglichen Weg zur Arbeit. Wir leben mit den Baggern, Kränen und den dazu gehörigen Umleitungen und Verspätungen. Wie ist denn aber eigentlich der Projektstand bei Oper, Bahndirektion, Gerling oder Clouth? fragte der Rotonda Architektur- und Immobilientreff am 10. Dezember 2013. Wie lange bauen Sie hier noch? Und wie wird es fertig aussehen?

Real und aktuell

„Wir wollen heute über vier innerstädtische Projekte sprechen, die real und hochaktuell sind. Projekte in Quartieren, welche unser Stadtbild grundlegend verändern werden!“ begrüßte Andreas Grosz seine Gäste zum Architektur- und Immobilientreff. Das seit 15 Jahren bestehende Veranstaltungsformat war mit rund 100 Gästen wie immer gut besucht. Im Publikum derselbe interessante Mix wie auf dem Podium: Architekten, Projektentwickler, Investoren. Das Thema schien für alle Seiten der Branche interessant. „Es gibt Baustellen, mit denen wir leben, an denen wir täglich vorbeifahren“, so Grosz. „Die Oper, die königliche Bahndirektion – das preußische Schlachtschiff – oder aber Gerling als eines der größten Innenstadtprojekte in der Republik. Und last but not least gehört auch das Clouth-Areal in die Runde der aktuellen Baustellen in Köln. Meine Herren, bitte erzählen Sie uns, wie es im Moment dort voran geht!“

Oper und Schauspiel

„Es tut mir leid, aber Sie müssen mit dieser Baustelle sicher noch zwei Jahre leben,“ begann Remigiusz Otrzonsek von HPP Hentrich-Petschnigg & Partner seinen Vortrag über den Umbau von Oper und Schauspiel Köln. Anhand eines Films erklärte er kompakt die überaus komplexe Aufgabe vom denkmalgerechten Wiederaufbau und der Sicherung des architektonischen Erbes. Ein Videostream entführte die Zuschauer an diesem Abend mitten auf die Baustelle. So fand man sich plötzlich im Zuschauerraum der zukünftigen Oper wieder und konnte sich fast schon vorstellen, wie es dort später einmal aussehen werde. Über bautechnische Probleme, die natürlich auch hier vorhanden seien, sprach Otrzonsek allerdings nicht, denn es solle ja ein schöner Abend werden heute … „Man kann sich die Baustelle ähnlich einem OP-Schnitt vorstellen. Zurzeit werden die Hinterbühnen wieder geschlossen. (…) Wir sind nach wie vor im Terminplan, auch bei den Kosten und wir müssen aller Voraussicht nach nichts aus unseren Reserven nehmen“, so die gute Nachricht seitens HPP.

„Auch für mich wäre ein Abriss völlig undenkbar gewesen“, schaltete sich der frühere Baudezernent Bernd Streitberger ein. „Das war die absolut richtige Entscheidung. Es gibt wenig Städte auf der Welt, die mit einem Grundstück vier Spielstätten vereinen; das ist etwas Einmaliges, hier können später riesige Festivals stattfinden – das Projekt ist ein absolutes Geschenk für die Stadt Köln.“

Königliche Bahndirektion

„Im Vergleich zur Oper handelt es sich bei meinem Projekt um eine profane Büronutzung“, begann Armin Wittershagen, Leiter der Projektentwicklung der HOCHTIEF Solutions AG. „Die Königliche Bahndirektion wäre dieses Jahr 100 Jahre alt geworden“, so Wittershagen. Die „Dampflokomotive“ war früher ein klassisches Behördenhaus, welches nun ganz unter dem Motto Idee „Tradition trifft Moderne“ umgebaut wird. Grundgedanke des Projektentwicklers war es, das Dach des Gebäudes in seiner ursprünglichen Form zu erhalten. Der Entwurf von kadawittfeld (Arge mit Graf & Graf Architekten) konnte sich im Wettbewerb durchsetzen, da dieser die Idee „Tradition trifft Moderne“ am besten umsetzt. Es gibt ein neues Dach und drei neue Innenhöfe, die auf der erhaltenen Gebäudestruktur aufbauen. Auf dem Dach prägen horizontale Lamellenelemente das Gesamtbild. Dahinter befinden sich ein klassisches vertikales Fassadenband und umlaufende Terrassen. „Wir werden alle drei Eingänge wieder öffnen. Im Inneren entstehen neue Grundrisse hinter der historischen Fassade. Diese Fassade gibt über ihre Ordnungsprinzipien alles vor. Die Haustechnik ist in die Etagen gepackt, damit die Dächer ungestört sind. Als historische Elemente werden die Treppen und Geländer rekonstruiert. Die Schwierigkeit besteht darin, zu entscheiden, in welchen zeitlichen Zustand man diese zurück versetzt … Zurzeit sind alle Abbrucharbeiten abgeschlossen und das Projekt schreitet bin großen Schritten weiter voran“, fasste Wittershagen den Projektstand anschaulich zusammen. Der neue alleinige Nutzer, die EASA – der TÜV für Flugzeuge – unterschrieb einen 20-Jahre-Nutzvertrag und zieht vom Triangle in Deutz in 21.500 qm Bürofläche.

Gerling-Quartier

„Sie schieben doch nur Striche hin und her, bekommt man als Architekt oft zu hören“ leitete Prof. Johannes Kister, kister scheithauer gross architekten und stadtplaner GmbH, in seinen Vortrag über das Gerling-Quartier ein. „Ich will Ihnen zeigen, was Masterplanung noch alles bedeutet!“ Kister erklärte anhand von konkreten Beispielen, wie das Zusammenspiel aller Beteiligten gut überlegt werden muss, damit es funktioniert und alle an einem Strang ziehen. „Unsere Aufgabe war es, eine Vielzahl von Dingen aufzunehmen und zu verstehen; jedes Teil – seien es Türklinken, Fensterrahmen oder Fassadensteine – muss gemeinsam mit dem gesamten Planungsteam abgestimmt werden“, so Kister. Alles gleich zu machen, das wäre zu leicht gewesen und war nicht Sinn der Sache. Es gehe um das Spiel von Ähnlichkeiten. „Welches Ausmaß dies beim Gerling-Quartier am Ende hatte, wurde von uns und auch seitens des Bauherrn Anfangs unterschätzt.“ Ein Beispiel dafür sei der Stahlbau des Gerling-Hochhaues, einem der markanten Punkte innerhalb des riesigen innerstädtischen Quartiers. „Es handelt sich hier um unsichtbaren Stahlbau. Sie können sich nicht vorstellen, wie viele Tonnen Stahl wir hier heraus geholt haben. Die Konstruktion wurde bis auf den Kern zurück gebaut und von Hand entrostet. Eine Wahnsinnsarbeit, die wir so im Vorfeld nicht abschätzen konnten.“ Kister zeigte beeindruckende Bilder des entkernten Gebäudes sowie auch Luftbilder, auf denen das Ausmaß des Quartiers als eines der größten innerstädtischen Projekte Deutschlands deutlich wurde. Und am Ende verstanden die Zuschauer mit Sicherheit, dass Masterplanung ein wenig mehr sein muss, als Striche zu verschieben.

Clouth-Areal

Das vierte Projekt an diesem kurzweiligen Abend stellte Bernd Streitberger, Geschäftsführer der modernen stadt Köln vor. Und es wurde schnell deutlich, dass dem ehemaligen Baudezernenten das

Clouth-Quartier in Köln-Nippes in kurzer Zeit ans Herz gewachsen ist. „Das gesamte Clouth-Areal kann man fast schon als Denkmal betrachten“, schwärmte Streitberger zu Beginn. „Wir sind jetzt im 10. Jahr der Entwicklung um das Areal und zum ersten Mal tut sich endlich etwas!“ Und ja, der Wettbewerb stammt aus dem Jahr 2003, danach war es lange Zeit still um das Gelände. Mit Bernd Streitberger sind die Entwicklungen ihrem Ziel einer bunten, lebendigen und vielfältigen Stück Stadt einen Schritt weiter gekommen. Im Moment seien die Abbrucharbeiten zu zweidrittel durch. „Und es geht hier immerhin um 700.000 Kubikmeter umbauten Raum“, betonte Streitberger. Für 150.000 Quadratmeter BGF sei eine Investitionssumme von 30,5 Mio Euro vorgesehen. 30% davon gehe an öffentlich geförderten Wohnungsbau – allerdings über drei unterschiedliche Bauträger verteilt. 4 Baufelder werden an Baugruppen vergeben. Und auch hier sei das Interesse jetzt schon sehr groß: „Wir haben 500 Downloads der Antragsunterlagen in 14 Tagen und 15.000 Zugriffe“, freut sich Streitberger. Bei der Halle 17 würden nun die drei letzten Preise feststehen, es gehe nun in nähere Verhandlungen. Fertig sei das Ganze 2018. „Und dann haben wir hoffentlich ein paar Mark daran verdient!“

Vier aktuelle innerstädtische Entwicklungen. Es bleibt spannend in der Stadt, aber nicht baustellenfrei. Köln ohne diese Projekte? Beinahe unvorstellbar.

Natalie Bräuninger

Blick vom Dom auf die Neue Direktion im entkernten
Zustand Mai 2013

Foto: Uta Winterhager

Rotonda Publikum

Andreas Grosz, Geschäftsführender Gesellschafter Rotonda Business-Club GmbH & Co. KG, begrüßt seine Gäste aus der Architektur- und Immobilienbranche.

Rotonda Otrzonsek

„Es tut mir leid, aber Sie müssen mit dieser Baustelle sicher noch zwei Jahre leben,“ begann Remigiusz Otrzonsek von HPP Hentrich-Petschnigg & Partner seinen Vortrag über den Umbau von Oper und Schauspiel Köln.

Rotonda Wittershagen

‚Zurzeit sind alle Abbrucharbeiten abgeschlossen und das Projekt schreitet bin großen Schritten weiter voran“, fasste Armin Wittershagen, Leiter der Projektentwicklung der HOCHTIEF Solutions AG, den Projektstand anschaulich zusammen.

Rotonda Kister

„Ich will Ihnen zeigen, was Masterplanung alles bedeutet!“ so Prof. Johannes Kister, Partner bei kister scheithauer gross architekten und stadtplaner.

Rotonda Streitberger

‚Das gesamte Clouth-Areal kann man fast schon als Denkmal betrachten“, schwärmte Bernd Streitberger, Geschäftsführer der modernen stadt Köln.