Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

Nicht mehr länger das Ende der Welt

Das Triotop in Köln

Gewerbeparks gibt es zahlreich in Köln, aber in die Architekturmedien schaffen es die wenigsten. Das Triotop im Stadtteil Vogelsang ist jedoch ein Beispiel dafür, dass auch ein Gewerbepark ein positives Stückchen Stadtentwicklung sein kann.

Das 28 ha große Gelände, das wie ein Keil zwischen den Bahngleisen, dem Militärring und den Vogelsanger Wohngebieten liegt, erwarb der Bauunternehmer Friedrich Wassermann in den 1920er Jahren. Er errichtete darauf ein Kies- und Sandwerk, das er bis in die 40er Jahre betrieb. Dann wurde es als Deponie für Kriegstrümmer und später und als Bauhof der eigenen Bauunternehmung genutzt. Ein großer Teil jedoch blieb jahrzehntelang sich selbst überlassen und verwilderte. So konnte sich dort weitgehend ungestört eine vielfältige Fauna und Flora zu einem Biotop entwickeln, das heute unter Landschaftsschutz steht.

Vom Biotop zum Triotop

Ein erster Versuch der Firma Wassermann das Areal zu entwickeln scheiterte an Protesten der Anwohner, die den Bebauungsplan eines Düsseldorfer Architekten ablehnten. Konstruktive Kritik kam dabei von der Architektin Claudia Kister, die als ehrenamtliches Mitglied der IGBB (Interessengemeinschaft Braunsfelder Bürger) den jetzigen Geschäftsführer und Urenkel des Firmengründers Anton Bausinger davon überzeugen konnte, dass der ganze Stadtteil und der neu zu planende Gewerbepark davon profitieren würden, wenn nicht das gesamte Areal bebaut, sondern ein Teil als Landschaftspark gestaltet würde.

Bausinger, der sein Vorhaben nicht gegen den Willen der Anwohner durchsetzen konnte und wollte, erkannte in der Alternativplanung, die Claudia Kister daraufhin mit dem Büro Angelis ausgearbeitet hat, das Potential eines Landschaftsparks als Alleinstellungsmerkmal eines innerstädtischen Gewerbeparks. In einem moderierten Planungsprozess unter Einbeziehung der Bürgerinitiativen entstand schließlich das genehmigte städtebauliche Konzept.

Die Masterplanung sah eine Zweiteilung des dreieckigen Areals vor. Dem Schwung der Bahnlinie an der breiten Südwestseite des Geländes folgend, sollen Gewerbebauten mit unterschiedlichen Nutzungen in drei Schichten gestaffelt vom Girlitzweg aus erschlossen werden.

Den Abschluss auf der westlichen Geländeseite wird das derzeit noch im Bau befindliche Wassermannhaus von Schilling bilden, das den verbliebenen Bauhof von den Bürobauten abtrennt.

Landschaftspark

Die Nordostspitze des Geländes bildet der Landschaftspark. Damit wird der Äußere Grüngürtel bis an die Vogelsanger Wohnquartiere erweitert. Der Park besteht aus drei Bereichen: einem gestalteten Dünengarten auf dem ehemaligen Lagerplatz des Bauhofes, dem geschützten Biotop rund um den See und einer naturnah belassenen Wald- und Wiesenlandschaft.

Durch den öffentlichen Park führen Fahrrad- und Fußwege, die die angrenzenden Stadtteile Müngersdorf und Vogelsang miteinander verknüpfen. Damit Fußgänger und Radfahrer sicher und auf kurzem Weg über den vierspurigen Militärring und die dreigleisige Bahnlinie kommen, ließ Wassermann im Sommer 2010 die in Corporate-Orange gestrichene Belvederebrücke bauen. So wurde eine alte Wegtrasse wieder hergestellt, die in den siebziger Jahren durch den Ausbau von Bahn und Straße abgeschnitten worden ist.

Der Bildhauer Thomas Torkler aus Aachen übernahm die baukünstlerische Gestaltung der Lärmschutzwand, die den Bauhof des Wassermannhauses vom Landschaftspark abtrennt. Zur Zwitschermaschine hin erhielt die Betonwand ein Wellenrelief und auf der Parkseite eine große Krötenwanderung, die an einer weiteren Stelle im Park fortgesetzt wird.

Gewerbepark

Rund dreißig kreative und innovative Unternehmen sind inzwischen mit rund 430 Mitarbeitern auf einer Gesamtfläche von rund 20.000 m² BGF angesiedelt. Planziel sind 60.000 m2, nach Fertigstellung aller Gebäude.

Neben der Lage und dem Park macht die Architektur das Triotop – als Fortschreibung von Biotop – zu einem besonderen Standpunkt. Bausinger ließ jedes Gebäude individuell von Architekten aus Köln, aber auch aus den Niederlanden und der Schweiz entwerfen. Vier dieses Gebäude sind bereits fertiggestellt, eines befindet sich noch im Bau und mehrere Entwürfe liegen noch in der Schublade um on demand sobald die Nachfrage groß genug ist, gebaut zu werden.

Die Ordnung der Gebäude folgt der geschichteten Struktur der Masterplanung. Die noch zu errichtenden Gebäude auf der lärmbelasteten Bahnseite sollen produzierendes Gewerbe aufnehmen.

Die mittlere Schicht ist einer Mischung aus Logistik- und Büronutzung vorbehalten und die dritte Schicht, die den Gewerbepark zum Landschaftspark hin abtrennt, wird von einem einzigen langen, aber schmalen Gebäude mit gemischter Büro- und Wohnnutzung gebildet.

Aber nicht nur der Gewerbepark, sondern auch jedes einzelne Gebäude im Triotop trägt einen Namen. Denn „das schafft Aufmerksamkeit und vor allem Identität“, erklärte Bausinger dem property magazine. Die Wortschöpfungen und prominenten Namenspatronen signalisieren also, dass hier mehr zu erwarten ist als die übliche Gewerbeparktristesse.

Die Zwitschermaschine (der Rohbau erinnerte an die gleichnamige Zeichnung von Paul Klee) steht im Triotop an der Schnittstelle von Stadt und Landschaft. Reinhard Angelis interpretierte die Situation in dem er ein viergeschossiges Gebäude mit Filterfunktion entwarf. Die beiden Längsseiten des schmalen Baukörpers sind sehr unterschiedlich gestaltet.

Die städtische – nach Innen gewandte – Fassade aus Betonfertigteilen wurde wie eine Lochmaske vor das Gebäude gesetzt. Sie wirkt massiv, gewinnt jedoch an Leichtigkeit durch die rhythmische Verteilung der kleinformatigen Fensteröffnungen und zweigeschossigen Durchgänge. Die dem Park zugewandte Fassade öffnet sich zur Landschaft mit raumhohen Verglasungen und Balkonen.

Die innere Struktur der Zwitschermaschine ist durch die vertikal und horizontal mögliche Addition der 25 m2 großen Module und den Einbau leichter Trennwände sehr flexibel. So lassen sich die rund 9500 m2 BGF je nach Bedarf der jeweiligen Nutzer eine Vielzahl von Raum- und Funktionszusammenhängen herstellen. In jeder dieser Lofteinheiten ist für den Inhaber auch ein Wohnanteil möglich.

Im Erdgeschoss befindet sich das Triotop-Bistro, denkbar sind jedoch auch weitere ergänzende Nutzungen wie Fitnessstudio oder Galerie. Im kommenden Jahr soll die Zwitschermaschine um noch einmal 5.000 m2 erweitert werden.

Das etrium (Energieeffizienz + Atrium) von Benthem Crouwel (Aachen) ist ein nachhaltig konzipiertes und energiesparendes Bürogebäude in Passivhausbauweise. Das Konzept und den Entwurf hatten die Architekten und die Erstnutzer – eine Unternehmensgruppe aus dem Bereich der nachhaltigen Energieversorgung – schon erstellt, bevor sie mit dem Triotop sowohl einen Investor als auch ein geeignetes Gelände fanden, die den innovativen Ansatz unterstützen würden.

Das dreigeschossige Atriumhaus kommt ohne konventionelle Heizung und Klimaanlage aus und nutzt ausschließlich erneuerbare Energieressourcen. Deshalb wurde Kölns erstes großes Passiv-Bürohaus mit goldenem Gütesiegel für nachhaltiges Bauen ausgezeichnet und kam beim „Prom des Jahres 2009“ auf den 2. Platz der energieeffizientesten Gewerbeimmobilien Deutschlands. Neben seinen mit roten Klinker verkleideten Nachbarn glitzert das etrium mit einer Fassadenbekleidung aus kleinen gebrochenen roten Glasstückchen auf einer roten Putzträgerschicht. Diese ungewohnt ästhetische Form der Wärmedämmverbundfassade ignoriert ihren schlechten Ruf und steht für den architektonischen Mehrwert des etriums.

Die 3.560 m2 große Grundfläche des Gebäudes ist so strukturiert, dass sie sich in bis zu sechs separate Nutzungseinheiten aufteilen lässt. Das Atrium bildet einen zentralen Innenraum über alle drei Etagen und bietet mit den Büroräumen vorgelagerten Terrassen Raum für informelle Nutzungen. Durch das Glasdach des Atriums gelangt viel Tageslicht in das Gebäude. Die knallgrün gestrichenen Treppenhäuser, die an Decken. Wänden und Böden verwandten Eichenholzoberflächen und die Auf den zentralen Innenraum ausgerichteten Büroräume tragen nicht nur eine erfrischen holländische Handschrift sie vermitteln auch ein auf Kommunikation und Transparenz ausgerichtetes Arbeitsklima.

Das Büro- und Logistikgebäude „Nessie“ des Kölner Büros Lepel & Lepel schließt in der mittleren Gebäudereihe an das etrium an. Das Büro- und Logistikgebäude zeigt die Verteilung der Funktionen deutlich in der Materialwahl der Fassade: Ziegel für die Büroanteile, semitransparentes Industrieglas für die Logistikflächen. Die gewundene Gebäudeform und das auskragende Obergeschoss erinnern – daher der Name – an eine Schlange. Trotz der sich zum Quader schließenden Gebäudeform erhält Nessie so eine spannungsreiche Dynamik.

Das Erdgeschoss bietet 900 m2 doppeltgeschosshohe Logistikfläche, die über die transluzente Fassade viel Tageslicht bekommt. Der Hauptanteil der Büroflächen befindet sich im zweiten Obergeschoss um einen mit Bambus gestalteten Dachgarten gruppiert.

Der Vermarktungsprospekt beschreibt das von den Zürcher Architekten Giuliani-Hönger entworfene Büro- und Logistikcenter „Alpha eins sehr bildgewaltig: „Auf einer städtischen Insel im Grünen erhebt sich ein multifunktionales Speicherhaus.“ Von außen wirkt das 2007 fertiggestellte Gebäude sehr streng. Die prägnante Fassade aus Wittmunder Torfbrandklinker erinnert jedoch nur entfernt an die großen Speicherbauten der Hansestädte. Ohne Schmuck und breiter als hoch gliedern drei Fensterreihen die Fassade und betonen die Horizontale.

Umso überraschender wirkt der großzügige stützenfreie Raum im Erdgeschoss. Anders als die Fassade es vermuten ließ, ist die Halle zweigeschossig und im Inneren völlig offen. Über die gesamte Breite der Logistikhalle spannen Vierendeel-Träger, in die auf beiden Kopfseiten Bürodecks eingeschoben wurde. So werden Blickbeziehungen zwischen oben und unten möglich. Die massiven Stützen der Träger verschwinden in der Fassade und im Querschnitt erinnert das Gebäude tatsächlich an die Ansicht der Mondbasis Alpha 1. In dieser Form entspricht das Gebäude genau den Bedürfnissen des heutigen Mieters. Durch die beiden separaten Erschließungskerne an den Schmalseiten des Gebäudes und einer flexiblen Haustechniktechnik wären aber auch andere Flächeneinteilungen möglich.

Im Inneren dominiert Sichtbeton die Oberflächen, wodurch das Gebäude den Charme eines veredelten Rohbaus gewinnt.

Inzwischen wird „Alpha eins“ mit einem ebenfalls dreigeschossigen Neubau um rund 1.300 m² erweitert. „Alpha zwei“ wird an die Bestandsfassade angesetzt, wodurch im Innenbereich die Klinkerfassade sichtbar bleibt. Im äußeren Erscheinungsbild werden beide Gebäudeteile später eine Einheit bilden. Alpha eins erlangte beim Kölner Architekturpreis 2010 eine Anerkennung.

Die nächste große Baustelle im Triotop wird die multifunktionale Veranstaltungshalle „Halle Tor 1“ sein. Geplant wird die Halle von dem Kölner Büro Thomas Kostulski Architekten. Bereits ab Ende 2012 sollen dort Sport-, Musik- und Kulturveranstaltungen für bis zu 5.000 Besucher stattfinden.

Uta Winterhager

Zur Internetseite des Gewerbe- und Landschaftsparks Triotop

Das Luftbild zeigt eine Ansicht des Geländes nach Fertigstellung der vier Gebäude etrium, Nessie, Alpha eins und Zwitschermaschine. Der zweite Bauabschnitt der Zwitschermaschine ist bereits einmontiert. Noch nicht zu sehen sind die aktuellen Baustellen von Alpha zwei und dem Wassermannhaus, dem zukünftige Firmensitz des Bauunternehmens.

Skizze angelis

Skizze zum städtebaulichen Planungskonzept von 2002

Reinhard Angelis, Köln

Durch den öffentlichen Landschaftspark an der Nordostspitze des Geländes führen Fahrrad- und Fußwege, die die angrenzenden Stadtteile Müngersdorf und Vogelsang miteinander verknüpfen.

Foto: Manos Meisen

wand

Der Bildhauer Thomas Torkler aus Aachen übernahm die baukünstlerische Gestaltung der Lärmschutzwand, die den Bauhof des Wassermannhauses vom Landschaftspark abtrennt. Zur Zwitschermaschine hin erhielt die Betonwand ein Wellenrelief….

Foto: Thomas Torkler

….und auf der Parkseite eine große Krötenwanderung, die an einer weiteren Stelle im Park fortgesetzt wird.

Foto: Thomas Torkler

zwitscher 2

An der Schnittstelle von Stadt und Landschaft steht die von Reinhard Angelis entworfene Zwitschermaschine. Die städtische – nach Innen gewandte – Fassade aus Betonfertigteilen wurde wie eine Lochmaske vor das Gebäude gesetzt. Sie wirkt massiv, gewinnt jedoch an Leichtigkeit durch die rhythmische Verteilung der kleinformatigen Fensteröffnungen und zweigeschossigen Durchgänge.

Foto: Manos Meisen

zwitscher

Unterschiedliche Farben kennzeichnen die verschiedenen Nutzer. Die Nutzungseinheiten, die sich über mehrere Etagen erstrecken sind immer an Stadt- und Parkseite angeschlossen. Sie können modulweise je nach Bedarf erweitert oder addiert werden.

etrium

Das dreigeschossige Atriumhaus ‚etrium‘ (Energieeffizienz + Atrium) von Benthem Crouwel (Aachen) ist ein nachhaltig konzipiertes und energiesparendes Bürogebäude in Passivhausbauweise, das ohne ohne konventionelle Heizung und Klimaanlage auskommt.

Foto: Manos Meisen

Das ‚etrium‘ glitzert mit einer Fassadenbekleidung aus kleinen gebrochenen roten Glasstückchen auf einer roten Putzträgerschicht.

Foto: Manos Meisen

alpha 1

Das von den Züricher Architekten Giuliani-Hönger entworfene Büro- und Logistikcenter „Alpha eins‘ gewann beim Kölner Architekturpreis 2010 eine Anerkennung.

Fotograph: Christian Richters

alpha 1

„Alpha eins‘ Innenansicht

Fotograph: Christian Richters

„Nessie“, das Büro- und Logistikgebäude des Kölner Büros Lepel & Lepel erhielt seinen Namen durch die an eine Schlange erinnernde gewundene Gebäudeform und das auskragende Obergeschoss.

Foto: Manos Meisen