Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

Passagen 2005

Ein subjektiver Wegweiser.

Noch bis zum kommenden Sonntag ermöglicht Deutschlands größte Design-Veranstaltung neben dem Aufspüren aktueller Design-Trends auch das Entdecken bislang ungesehener und unbetretener Kölner Orte.

So werden im ehemaligen Lagerhaus ECR des Entwicklungsgebietes Rheinauhafen, inmitten einer raumfüllenden Inszenierung, die siegreichen Entwürfe des Lichtwettbewerbs Nachlux 2005 präsentiert (Projekt Nr. 3). Die Designaufgabe „Licht + Wasser“ inspirierte den Künstler von Michael v. Kaler zu einer beeindruckenden Raumskulptur aus wassergefüllten Bottichen, Spiegelungen, Wandprojektionen und Klängen.

Im Stockwerk darüber zeigen Studenten der Hochschule der Bildenden Künste Saar nahezu humoristische Neuinterpretation bäuerlich-ländlicher Möbeltypen (Nr. 4). Im Gegensatz zu den andernorts üblichen chilligen Lounge-Tönen, erklingen dazu passende Jodel- und Countryrhythmen.

Ein Besuch des gerade fertig gestellten, benachbarten „Kap am Südkai“ (Nr. 6-9) läßt sich auch bei anderer Gelegenheit bewerkstelligen. Wenn Sie sich für das Gebäude interessieren, nehmen Sie besser an einer öffentlichen Führung teil, oder täuschen Sie zur Not Mietinteresse vor: freie Büroflächen stehen noch ausreichend zur Verfügung.

Ebenso wie demnächst wohl auch im sogenannten RheinTriadem: das ehemalige Gebäude der Reichsbahnverwaltung beherbergt zum zweiten und wohl letzten Mal den Stylepark zum Motto „Fusion“ (Nr. 12-22). Sie werden einige Zeit brauchen, die sowohl mit jungen, als auch mit etablierten Designern gefüllten Einzelbüros zu durchschreiten. Sollte zwischendurch der Gang zur Toilette unumgänglich sein, ist es ratsam, die WC-Inszenierung des Büros für Gestaltungsfragen im Erdgeschoß aufzusuchen; eine Auseinandersetzung mit dem „unfusionierbarsten Thema überhaupt“: Mann und Frau.

Diese können sich im Epizentrum der Passagen, dem Belgischen Viertel, allerdings wieder ganz nahe kommen. Sofar – Die Agentur für Gestaltung hat Gottes grüne Wiese (Nr. 107) mit beheizbaren Picknickmatten ausgestattet. Der Designflaneur nimmt darauf Platz, zieht vielleicht die Schuhe aus und erhält zur Stärkung in klassisch kariertem Picknickbeutel dargereichte Pausenbrote nebst Getränken. Landschaften mit fallendem Schnee ziehen auf Monitoren vorbei und verströmen eine heimelige Atmosphäre.

Wem das Herumlümmeln auf Heizkissen zu bieder erscheint, dem seien die Wurstteppiche von Flachbild ans Herz gelegt (Nr. 126). Erhältlich in Geschmacksrichtungen wie Mortadella, Blutwurst oder Bierschinken, bestehen sie beruhigenderweise nur aus 100% Schurwolle.

Woraus hingegen die Produkte der Firma Mogu bestehen, weiß wahrscheinlich nur sie selber (Nr. 60). Aber welcher dem gleichen Geschlechte zugetane Mann sein Wissen über die Konsistenz von Frauenbrüsten auffrischen will, kann dies durch Begreifen von Sitzsäcken, Puppen, Bären und Labradoren im ehemaligen Bazaar de Cologne tun.

Weit weniger infantil die Präsentation belgischer Möbel im Belgischen Haus (Nr. 45): Bei klassischer Musik werden inmitten der Alltags-Bestuhlung des wenig bekannten aber sehenswerten Konzertsaales im 1. Obergeschoß Sitzgelegenheiten für alle Altersgruppen vom Kind bis zum Greis gegeben.

Den unvermeidbaren und wohl witzig gemeinten, vermeintlichen Blick in ein deutsches Alltags-Wohnzimmer gewährt die nahe gelegene private Designschule ecosign (Nr. 66): da steht der Ledersessel neben einer Hirschskulptur und unterhalb eines Bildes mit Alpenpanorama; das alles hinterlegt mit Heintje-Musik. Zum Glück zeigt die Schule auch, was sie sonst noch kann: Plakatentwürfe, Objekte, Kleinmöbel.

Einen originelleren Einblick in die Privatsphäre von Otto Möbelkäufer ermöglicht zum Abschluß des Tages die Teilnahme am Möbelsuchspiel „Elevated“ (Nr. 73). Im 17. Obergeschoß des TausendFensterTurmes am Barbarossaplatz liegen für den Rätselfreund Teleskope und Ferngläser bereit, um Wohnungen freiwilliger Teilnehmer zunächst ausfindig zu machen und sich dann „mit ihren Ideen und gestalterischen Ansichten zu konfrontieren.“ Zum Glück gibt’s dazu ein kühles Bier und einen großartigen Blick zurück auf die Stadt.

Ulrich Grützner

Passagen05 2 Voggenreiter

Der Passagen-Stadtplan.

Grafik: Büro Voggenreiter

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Die Nachlux-Inszenierung von Michael v. Kaler im ECR.

Passagen05 4 Grützner

Der Stylepark schmückt sich mit Plastik-Schaumblasen der Firma koziol.