Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

Unter eigenem Dach

Mit der neuen Hauptverwaltung in Kalk zieht die GAG zu ihren Mietern ins Rechtsrheinische

Die GAG Immobilien AG ist Kölns größte Vermieterin. So wohnte 2013, im Jahr des 100-jährigen Firmenjubiläums, jeder zehnte Kölner in einer GAG-Wohnung. Das Unternehmen ist kontinuierlich gewachsen und unterhielt auch deswegen verschiedene Standorte im Stadtgebiet. 2014 fiel die Entscheidung, die gesamte Hauptverwaltung unter einem (eigenen) Dach anzusiedeln. Das neue Bürogebäude sollte zusammen mit zusätzlichen Wohnungsbauten im rechtsrheinischen Stadtteil Kalk entstehen – auf dem 1,5 Hektar großen Gelände der ehemaligen Chemischen Fabriken Kalk (CFK). Für Kalk sprachen nicht nur die kurzen Wege zu der im benachbarten Deutz angesiedelten Stadtverwaltung, sondern auch die große Zahl an Wohnungen, die die GAG dort besitzt. Kalk ist bis heute stark von seiner Vergangenheit als Standort der chemischen und metallverarbeitenden Industrie geprägt, obschon der bereits in den 1970er Jahren eingeleitete Strukturwandel darauf abzielte, das vergleichsweise zentrumsnahe Areal zu einen Wohn- und Verwaltungsstandort werden zu lassen. Bis heute bildet die Umnutzung und Entwicklung der großflächigen Industriebrachen, darunter das Gelände der CFK, einen Schwerpunkt der Kölner Stadtentwicklung.

Die GAG Hauptverwaltung (JSWD) mit Wohnbauten (ASTOC und Molestina) schließt an den Bürgerpark Kalk an © Lageplan Lill + Sparla

Nach der Schließung der Fabrik wurden die Gebäude Mitte der 1990er Jahre abgerissen oder verkauft, die belasteten Böden aufwendig saniert, die Flächen mit einem öffentlichen Straßennetz erschlossen. Eine wichtige Revitalisierungsmaßnahme war die Anlage des Bürgerparks Kalk, einer großen öffentlichen Parkanlage mit Fuß- und Radwegen, Wiesen, Spielplätzen und Sportfeldern.

Gewünscht war ein identitätstiftendes Gebäude. Ansicht der GAG Hauptverwaltung von der Straße des 17. Juni © Jens Willebrand

Das GAG-Gelände grenzt westlich an den Bürgerpark, im Osten liegt es sehr präsent an der neu angelegten Straße des 17. Juni. JSWD gewannen das von der GAG ausgelobte Qualifizierungsverfahren 2015 mit einem Entwurf, der den Kontrast dieser beiden Situationen zugunsten des neuen Quartiers ausspielt. Seit der Fertigstellung im Herbst 2018 schirmt ein 120 Meter langer Büroriegel das Areal zur Straße des 17. Juni ab. Dadurch erhält die GAG, die sich für ihre Hauptverwaltung ein „identitätsstiftendes Gebäude“ gewünscht hatte, eine starke Präsenz im öffentlichen Raum.

GAG Hauptverwaltung Ansicht aus dem Quartier © Jens Willebrand

Dieser besonderen Aufmerksamkeit wird die Rasterfassade mit elegant abgeschrägter Muschelkalkverkleidung, die sich um das gesamte Gebäude zieht, gerecht ohne protzig zu wirken. Entsprechend der neuen feinkörnigen Maßstäblichkeit des Stadtteils, ist der Baukörper dreifach gestaffelt, verspringt leicht nach hinten und reduziert sich dabei von sechs auf fünf Geschosse. Hier fügt sich der GAG-Neubau schlüssig in die neu entstehende Nachbarschaft ein; was ihn jedoch auf dezente Weise heraushebt ist die sorgsame Detaillierung der Natursteinelemente zu einer Fassade mit überraschender Tiefe.

Großraumbüro links und Terrasse der Vorstandsetage rechts © Fotos Constantin Meyer

Blickt man durch die bodentiefen Scheiben des Bürogebäudes, wirkt es transparent. Obwohl es vor den neuen Wohnhäusern steht, bleiben diese dahinter nicht verborgen, weil in den Büroebenen konsequent Glastrennwände verwendet wurden. Die in der Mitte jeder Etage gelegene großzügige „Teamzone“ wird beiderseits von Bürozonen eingefasst. Den Anforderungen der jeweiligen Abteilungen entsprechend, sind sie flexibel in Einzel- oder Zweierbüro unterteilt, können aber auch als Großraumbüros genutzt werden.

Die Lobby ist vom Quartier und von der Straße des 17. Juni aus zugängig © Jens Willebrand

Durch die Westfassade schauen die Mitarbeiter auf das Technische Rathaus, durch die Ostfassade blicken sie von den Büros, Terrassen oder Kommunikationszonen zwischen den sechs neuen GAG-Wohnhäusern (Architektur: Molestina Architekten und ASTOC Architects and Planners) hindurch über den Bürgerpark und auf die Kirchtürme von Kalk. Dank zweier Tiefgaragen bleibt das Quartier, in dem 159 neue Wohnungen entstanden sind, davon ein Drittel öffentlich gefördert, autofrei.

Die Wohnbebauung links ASTOC, rechts Molestina, Durchblick auf den Bürgerpark Kalk © Jens Willebrand

Grünflächen, Spielplätze und Mietergärten beleben die Freiräume. Man sieht, trifft und kennt sich, und das gilt nicht nur für die Mitarbeiter der GAG, sondern auch für die zahlreichen Besucher und die Mieter in der direkten Nachbarschaft. Diese Bereitschaft, miteinander in Kontakt zu treten, ist unverkennbar ein Resultat einer Offenheit, die sowohl die Gebäude, als auch das gesamte Quartier ausstrahlen.

Uta Winterhager