Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

„Licht ins Dunkel“

Volles Haus beim BDA Montagsgespräch zur Historischen Mitte

Stadt und Kurie trauen sich an ein gemeinsames Bauvorhaben, die südliche Fassung des Roncalliplatzes. Hier soll die zukünftige Bebauung neben der räumlichen Neufindung für drei Institutionen auch inhaltlich den Ort prägen: Das Römisch-Germanische Museum, der Neubau für das Kölnisches Stadtmuseum und das Kurienhaus bekommen eine gemeinsame Adresse.

Den Siegerentwurf haben die potentiellen Bauherren Ende Oktober mit zwei Renderings präsentiert – seitdem wurde hitzig und nicht immer fundiert diskutiert. Zu Recht? Das BDA Montagsgespräch half bei der Orientierung.

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Die aktuelle Lichtinstallation im Domforum hat gewirkt! © Barbara Schlei

 

Fast so voll wie auf dem Weihnachtsmarkt gegenüber war es beim letzten Montagsgespräch des BDA, aber es war nicht der Glühwein, sondern das Thema, das für den regen Zulauf sorgte. Es geht hier ja um Kölns „Herzkammer“, und so ist es eigentlich gesund und richtig, sich um diesen Ort nach Herzenslust zu streiten. Dennoch empfahl Baudezernent Franz-Josef Höing: „Ein bisschen verbale Abrüstung tut uns gut“.

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Endlos komplex: Ein Ort für die Kölner Geschichte am Ort eben dieser Geschichte. So könnten die neuen Volumina für das Kurienhaus, die RGM Verwaltung und das Stadtmuseum aussehen. © Staab Architekten

 

Die lokale Presse und viele Leserbriefschreiber sind nach der Präsentation des Siegerentwurfes von Volker Staab Ende Oktober mit ihrer Meinungsbildung bereits fertig – sogar schon zu Aspekten, zu denen noch gar nichts entschieden ist! „Vor 20 Jahren hätte man die Fassade als Strichzeichnung wiedergegeben, und jeder von Ihnen hätte sich dazu etwas Anderes denken können,“ schmunzelte Volker Staab, der Verfasser des Siegerentwurfs. Die perfekten Visualisirungen seinen „Gefahr und Verführung gleichmaßen“, die wenig Spielraum für Interpretationen lassen.

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1. Platz im Realisierungswettbewerb Historische Mitte Köln: Jedes Haus hat eine eigene Adresse, ein kleiner intimer Platz entsteht. © Staab Architekten

 

Den Gürzenich abreißen??

„Köln baut nur noch Würfel und schmucklose Klötze“, lautet, so der Kölner Express, eine verbreitete These im Netz. „Kann Köln nur noch hässlich?,“ fragt diese Zeitung folglich. Nach dieser Logik müsste man in Bälde den Gürzenich abreißen, denn dieser ist, wie Baudezernent Höing in einem kurzen Nebensatz bemerkte, ja auch ein ziemlich rechteckiges Haus.

Volker Staab schilderte nachvollziehbar, wie sich sein Büro im Planungsprozess durch komplexe Lösungen zu einer einfachen durcharbeitete, bei der alles stimmte. Der Hauptunterschied seines Planansatzes zu den nächstplatzierten: Diese stecken die drei Einheiten – Kurie, Stadtmuseum und Verwaltung RGM – hinter EINE Fassade, doch Kurie und Museum haben jeder für sich das Bedürfnis, sich am Platz zu zeigen und funktional unterschiedliche Erfordernisse. Bei staab Architekten erhalten sie je eine Adresse. Die für die drei Institutionen geforderten 12.335 Quadratmeter Nutzfläche verteilte er auf zwei Solitäre, einen kleineren als Studien- und Kurienhaus, einen größeren als Stadtmuseum. Zusammen mit der Südseite des Römisch-Germanischen Museum bilden sie einen geschützten intimeren Vorplatz aus.

Es ist eine einfache räumliche Setzung, in der Tat fast schon banal. Julia Bolles-Wilson, selbsternannte „Zirkusdirektorin“ der 57 Personen starken Jury, fand sehr klare Worte: „Wir haben nur eine Lösung als genial bezeichnet, und das war die von Volker Staab.“

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„Verwandte Unikate“: staab Architekten bauen nicht mit einer Handschrift, sondern suchen nach der richtigen Lösung für jeden Ort. Das ist das LWL Museum für Kunst und Kultur in Münster. Foto: © Marcus Ebener, Berlin

 

Jour fixe Historische Mitte

„Wie kann ich die äußerliche Identität eines Gebäudes herstellen, das historische Bezüge zur Stadt aufnehmen soll,“ an dieser Frage ist laut Volker Staab natürlich noch weiterzuarbeiten, und auch daran, ein Gleichgewicht zu finden zwischen einem eigenem Charakter der Räume und Flexibilität in ihrer Bespielbarkeit. Mit anderen Worten, die Ästhetik der Häuser, zu der der jetzige Planstand noch keine Details liefert, ist noch zu erarbeiten.

Dazu will sein durch Wettbewerbseinladungen auf Museums- und Forschungsbauten „zwangsspezialisierte“ Büro aber erst einmal die Einladung zum Vergabeverfahren, gerade prüft die Verwaltung die Machbarkeit, abwarten. Sicher ist man sich aber schon, dass beide Baukörper jeweils „ein Mineral, ein festes Haus“ werden sollen.

Mit Applaus begrüßt wurde der Vorschlag Höings, die Montagsgespräche „immer mal wieder“ dazu zu nutzen, um Zwischenstände des Projektes zu besprechen. Er wird wohl feststellen, dass man ihn beim Wort nehmen wird.

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Beim bisherigen Wettbewerbsverfahren ging es darum, wie die Volumina gesetzt werden und wie das Raumprogramm aufgestellt wird; die Fassadenlösungen sind noch zu erarbeiten. Hier im Bild die Fuge zwischen Kurienhaus (mit RGM Verwaltung) links und Stadtmuseum in Richtung Dom und eine Innenraumvisualisierung. © Staab Architekten

 

Auch Dombaumeister Peter Füssenich strahlte Zuversicht aus, und er hat ein gutes Beispiel, warum er das tut. Peter Zumthor selbst habe bei der Eröffnung von Kolumba zu Diözesanbaumeister Martin Struck gesagt: „Wissen Sie, das Einzige, was das jetzt gebaute Museum und der Entwurf gemeinsam haben, ist das Grundstück.“

 

Ira Scheibe

 

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