Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

Brennpunkt Ebertplatz

Die Initiative „Ebertplatz_21“ zeigt eine Lösung

Der Ebertplatz ist ein städtebauliches Problem. Das ist bekannt, nicht erst seit 2008 der „Masterplan Innenstadt Köln“ von Albert Speer & Partner im „Interventionsraum Ringe“ eine Aufwertung von Ebertplatz und Theodor-Heuss-Ring vorgesehen hat. Der Masterplan konnte die Diskussion, die schon seit den 90er Jahren geführt wird, zwar noch einmal anstoßen, doch die in einer nachfolgend beauftragten Machbarkeitsstudie erarbeiteten drei Gestaltungsvarianten dienten zunächst nur der im Juni 2012 von der Stadt Köln beschlossenen „Leitlinie Kölner Ringstraßen“.
Immer noch steht die Umgestaltung des Ebertplatzes lauf Franz-Josef Höing ganz oben auf der Prioritätenliste der Stadt, doch geschehen ist außer der Beauftragung für eine Machbarkeitsstudie unter dem Ebertplatz seitdem nichts.
Für das Kölner Büro sic architekten ist dies eine derart unbefriedigende Situation, dass sie in Eigeninitiative einen Entwurf für die Neugestaltung des Ebertplatzes entwickelt haben, den sie auf der Webseite Ebertplatz_21 öffentlich zur Diskussion stellen. So möchten sie den Diskurs um den größten Platz der Ringe, der unglücklicherweise auch der größte Verkehrsknotenpunkt im Stadtgebiet ist, mit neuen und greifbaren Inhalten lebendig halten, damit im besten Fall eine praktische Umsetzung folgt.

Ebertplatz_21_sic-architekten_ringbrücke-vorher-nachher
Jetzt wird die Nord-Süd-Fahrt als unüberwindbare Trennung wahrgenommen, nachher stellt die grüne „Ringbrücke“ eine Verbindung her
Visualisierung: sic architekten

 

Defizite gesucht, Maßnahmen vorgeschlagen

Vier Kernprobleme haben die Architekten von sic bei der derzeitigen Situation des Ebertplatzes erkannt: Die Zäsur durch die Nord-Süd-Fahrt, die Insellage des allseitig von Verkehr eingeschlossenen Platzes, seine unzeitgemäße und dysfunktionale Gestaltung (die tiefer gelegte Platzfläche, die leerstehenden Ladenlokale in der Passage, die unattraktiven U-Bahnstationen), sowie die stadträumlich unklare Mündung der Ringstraße am Rheinufer. Konkret schlagen sie eine „Ringbrücke“ vor, die die Nord-Süd-Fahrt anhebt, um darunter den Ebertplatz mit den Grünanlagen des Theodor-Heuss-Rings zusammen zu führen. Das Niveau des Ebertplatzes selbst soll auf Straßenniveau angehoben werden, der Verkehr neu geregelt und damit verschlankt werden, damit die Bezüge der umliegenden Veedel untereinander wieder nachvollziehbar werden. Am Rheinufer soll auf Höhe der Bastei eine Fußgängerbrücke über den Rhein führen, die als Fokus der neuen Grünanlage fungieren könnte.

Ebertplatz_21_sic-architekten_Vogelperspektive2_vorher-nachher
Jetzt sind Ebertplatz und Theodor-Heuss-Ring eine marode Insel, nachher sollen sie eine attraktive Einheit im Stadtraum bilden.
Visualisierung: sic architekten

 

Ideen visualisiert

sic architekten haben ihr Konzept sehr detailliert und anschaulich dargestellt. Die Visualisierungen zeigen einen Ebertplatz ohne Unterführungen, der im Stadtraum endlich die Funktion eines öffentlichen Platzes übernehmen könnte. Auf der Westseite könnte der offene Platz urbanen Funktionen (Markt, Versammlungen) dienen. Das „Ebert-Forum“ am Anstieg der Ringbrücke gelegen, könnte für verschiedene Open-Air-Veranstaltungen genutzt werden, böte sich jedoch auch ohne Bespielung als attraktiver Aufenthaltsort an. Zwischen diesen beiden stärker ausgeformten Bereichen gibt es eine Pufferzone mit informellen Aufenthaltsmöglichkeiten, in der auch der Göddertz-Brunnen seinen neuen Standort hat.

Ebertplatz_21_sic-architekten_THPark-vorher-nachher
Jetzt zeigt sich der Theodor-Heuss-Park unstrukturiert, nachher soll er als „Themenweg mit Aktionsräumen“ besser wahrgenommen werden.
Visualisierung: sic architekten

Diskussion angestoßen

Über die Kommentarfunktion der Seite wie auch über facebook kann sich jeder nun an der Diskussion beteiligen, Inhalte, über die man reden kann gibt es hier reichlich.
Auch wenn vor der Umsetzung noch ein Wettbewerbsverfahren stehen muss, leistet die Initiative von sic architekten einen wichtigen Beitrag für die Zeit davor, die auf diese Weise sinnvoll genutzt und vielleicht auch ein wenig verkürzt werden kann.

Uta Winterhager

Zum Weiterlesen und Mitdiskutieren auf der Webseite Ebertplatz_21

3 Kommentare

Re: Brennpunkt Ebertplatz
ich finde die pläne mutig und sehr konkret an einer erhöhung der lebensqualität orientiert. fürchte aber, dass der ebertplatz analog der derzeitigen städtebaulichen mode tot-entrümpelt wird. denn es lässt sich beobachten, dass an die stelle der skulpturalen oftmals verwinkelt-uneinsichtigen und daher verwilderten beton-konstruktionen der 70er nun das gestaltungsmotto „urbane fläche“ tritt. eine bankrotterklärung an jeglichen gestaltungswillen wie man am breslauer-platz, am otto-platz, am kurt-hackenberg-platz usw. sehen kann. die von sic-architekten vorgeschlagene brücke, die fast eher ein tunnel ist, wäre im vorliegenden fall eine super lösung – aber es ist derzeit einfach nicht state-of-the-art, so etwas zu machen, weil man damit eben die zu beseitigenden 70er konstruktionen identifiziert. schade, denn das wäre im falle ebertplatz wirklich ein tolle lösung. ich befürchte aber, dass da am ende eine ganz und gar aufgeräumte, leere fläche ohne grün oder jegliche elemente hin kommt, die uns dann als urbaner raum verkauft wird…
Ein Kommentar von stadtfreund (10.04.2014)

Re: Brennpunkt Ebertplatz
Ich finde den Entwurf mutig, aber keine wirklich akzeptable Lösung. Die autogerechten Ideale der Nachkriegszeit zu ersetzen, indem man sie einfach UMKEHRT halte ich für falsch. Ähnliches kann man ja auch gerade in Wuppertal beobachten, wo schon sehr absehbar ist, wie die Übersichtlichkeit/Sichtbeziehungen unter dem Verbannen der Straße in den Untergrund leiden.
Ein Kommentar von David (11.04.2014)

Die Idee der Brücke über die Nord-Süd-Fahrt und die Fahrbahnverengung sind ein begrüßenswerter Ansatz. ABER: auch bei diesem Entwurf geht wieder Raum für Pflanzen verloren und die versiegelte Fläche wird vergrößert.
Derzeit sind kahle, sterile Steinwüsten in Köln entgegen moderner, nachhaltiger Stadtplanung Mode. Beispiele: Breslauer Platz, Ottoplatz, Fritz-Gruber Platz. Aufenthaltsqualität: nicht vorhanden. Oder wer möchte sich auf einem Betonklotz sitzend im Winter eine Blasenentzündung und im Sommer auf dem schattenlosen, aufgeheiztem Steinplatz einen Sonnenbrand holen? Am Breslauer Platz gibt es keine einzige Pflanze, nur Stein und Beton, alles grau in grau umgeben vom Verkehr.
In Köln werden neuerdings sogar Parks durch Bebauung verkleinert, Beispiel: Klingelpützpark.

Durch die Klimaerwärmung werden sich zubetonierte Städte in Zukunft immer mehr aufheizen und im Sommer für ein unerträgliches, stickiges Klima sorgen. Besonders alte und kranke Leute werden noch mehr leiden. Bekanntermaßen ist auch die Feinstaubbelastung durch die Automotoren ein großes gesundheitliches Problem, das sogar durch die EU eingedämmt werden soll. Steinwüsten wie in Köln sind da vollkommen kontraproduktiv und entsprechen, wenn man sich die Kommentare im Express und KSTA anschaut, auch nicht den Wünschen der Kölner für ihre Stadt.
Grünflächen mit möglichst vielen Bäumen sorgen für wesentlich bessere Luftqualität. Bäume senken die Temperatur, sind Staubfilter, produzieren Sauerstoff und sorgen dafür, dass Menschen sich in einer Stadt wohlfühlen.

Der Ebertplatz wurde in den 60iger Jahren im Zuge der Planung für eine autogerechte Stadt verschandelt. Im Vergleich zu den neuesten Platzgestaltungen in Köln ist der Ebertplatz aber wenigstens einigermaßen grün und nicht vollständig versiegelt. Ich befürchte, und das zeigt auch dieser Entwurf, das auch hier bei einer erneuten Umgestaltung fast alles Lebendige und grüne wegrationalisiert wird und wir Bürger uns dann wieder über eine „urbane“ Steinwüste freuen sollen. NEIN DANKE! Nicht mit meinem Steuergeld.
Die Meinung der Bürgerinnen und Bürger soll in die Gestaltung mit einbezogen werden. Auch müssen bei bei der Planung Fakten wie Klimaerwärmung und Luftqualität zwingend miteinbezogen werden.