„Wir sind im Zeit- und im Kostenplan“, berichtet Remigiusz Otrzonsek von HPP Architekten, „aber natürlich wird es zur Fertigstellung hin immer enger“. Noch gut anderthalb Jahre haben alle Beteiligten Zeit, bis Oper und Schauspielhaus im Sommer 2015 wiedereröffnet werden und die Kinderoper und die zweite Schauspiel-Stätte ihren neuen Standort bezogen haben sollen.
Am Standort der früheren zweiten Spielstätte, der Schlosserei, befindet sich jetzt eine riesige Halle – im Rohbau. „Logistisch ist dies hier das Zentrum, nicht der Zuschauerraum“, erklärt Otrzonsek. Es handelt sich um das „Loading Dock“ für die Anlieferung. Die findet in Zukunft nicht mehr im Freien statt, wie es früher auf dem Hof an der Krebsgasse der Fall war, sondern die LKWs fahren in die Halle. „Im Kampf um die Sanierung war genau das ein Kernproblem“, sagt Jörg Jung vom Verein „Mut zur Kultur“, „an dieser Stelle ist der sanierte Bau besser, als der Neubau gewesen wäre, weil man hier Kulissen anliefern kann, ohne sie zu demontieren.“
Ein Schatz
Diese Kulissen können dann über einen acht Meter tiefen unterirdischen Gang weiter transportiert werden. Unter anderem bis zur Kinderoper, die auch unterirdisch liegt. „Nicht im Keller, sondern unter der Erde, wie ein vergrabener Schatz“, betont der Architekt. Der Rohbau der Kinderoper ist inzwischen fast fertig. Gut sind der halbrunde Zuschauerraum und der eckige Bühnenraum davor zu erkennen. Ist die Kinderoper fertig, wird über ihr die denkmalgeschützte Platzgestaltung rekonstruiert: Die Originalplatten konnten zwar nicht erhalten werden, aber sie werden nachgefertigt und nach historischem Vorbild verlegt.
Ähnliches gilt für die Außenverkleidung der der Oper vorgelagerten Gebäuderiegel: Die Klinker werden nach originalem Vorbild neu gebrannt. Entsprechend den heutigen Brandschutzbestimmungen muss für das „Hochhaus“ Oper eine nicht-brennbare Wärmedämmung verwendet werden – und die alten Klinker waren offenporig, nahmen bei Regen eine Menge Wasser auf, so dass sie viel zu schwer für Mineralwolle wären.
Beton im Original
Die Wiederherstellung des originalen Zustandes ist ein wichtiges Thema bei der Sanierung des Riphahn-Ensembles. Ganz so sicher wirkt Architekt Otrzonsek aber nicht mehr, als er davon berichtet, dass der Sichtbeton im oberen Bereich der Oper nicht wieder weiß gestrichen werden soll. Erst zwei Jahre nach Fertigstellung kam der Anstrich Ende der 1950er Jahre auf den Beton. „Wir vermuten, dass der graue Beton doch zu hart wirkte und auch die Oberflächenqualität zu schlecht war“, erklärt Otrzonsek, „aber heute, 50 Jahre später hat sich die Wahrnehmung verändert, deshalb führen wir eine Betonsanierung durch und haben hinterher Sichtbeton.“
Die Betonsanierung kann derzeit in unterschiedlichen Stadien an der Oper bewundert werden. Zunächst wird geprüft, an welchen Stellen die Betonüberdeckung über dem Stahl zu gering ist. Diese Stellen werden aufgemeißelt und mit einer dickeren Betonschickt verfüllt. Die wird dann anmodelliert und zum Schluss bekommt sie noch ein Muster von Verschalelementen. Die perfekte Illusion – wie passend zu einem Opernhaus.
Raum für Musik
Innerhalb der „Illusionsfabrik“ verläuft sich selbst der Architekt beim Gang über die Baustelle – zu schnell schreiten die Bauarbeiten voran, ständig verändert sich etwas. Komplett orientierungslos wird man im Bühnenraum. Ein riesiges Loch dort, wo normalerweise die Bühne ist, verdeutlicht die Dimension der Unterbühne. Auch die Seiten- und die Hinterbühne liegen frei – das Herz des Opernhauses ist weit größer, als man aus dem Zuschauerraum vermuten würde.
Etwas größer geworden ist der Orchestergraben: Zwei Sitzreihen wurden entfernt – können bei Bedarf aber wieder eingebaut werden – und der Raum darunter dem Orchestergraben zugeschlagen, der sich von 114 auf 144 Quadratmeter vergrößert. Opern, die ein großes Orchester benötigen, können nun auch in Originalbesetzung aufgeführt werden. Und beim Blick auf die wunderbar geschwungenen Balkone im völlig entkernten Zuschauerraum der Oper möchte man sich sofort hinsetzen und auf den Beginn der ersten Vorstellung im sanierten Haus warten.
Vera Lisakowski