Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

Saustall war gestern

Bau-Geschichten aus Gut Maarhausen

Geschichten erzählen über ihre aktuellen Büroräume können sicherlich alle, die heute in den Gebäuden des Guts Maarhausen arbeiten. Denn der eine sitzt im ehemaligen Kuhstall, der andere im Kälber-Laufstall, in der Dunggrube – was sich erst einmal nicht besonders verlockend anhört –, in der Metzgerei, in der Schmiede oder dem Badehaus. Denn so vielfältig wurde der Maarhäuser Hof im Südwesten Kölns bis in die 1980er Jahre hinein genutzt. Die Anfänge lassen sich gar auf die Zeit um 1000 n. Chr. datieren. Um 1924 übernahm die Familie Mühlens, bekannt durch das „4711 Echt Kölnisch Wasser“ den Hof, gliederte ihn an das Gestüt Röttgen an und ließ im westlichen Teil alle Hofgebäude bis auf die Wohn- und Wirtschaftsgebäude durch Neubauten nach Plänen des Kölner Architekten Ludwig Pfaffendorf ersetzen. Während das erste Gebäude noch mit einem Holzdachstuhl und einer Putzfassade realisiert wurde, entwickelte Pfaffendorf die Konstruktionen für die nächsten weiter und plante mit Stahlfachwerkträgern und Ziegelfassaden.

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Wo immer möglich, wurden in die alten Rahmen lediglich neue Fensterscheiben eingebaut (links im Bild). In allen anderen Fällen setzten die Architekten innen ein neues Fenster davor. Davon ausgenommen sind die Fenster, die ganz neu sind (rechts im Bild).
Foto: trint+kreuder d.n.a

Diese waren auch Ende 2010 noch sehr gut erhalten, als auf dem Gelände zwischen Messe und Flughafen eine neue Ära eingeläutet wurde. Denn Trint+Kreuder d.n.a begannen gemeinsam mit den Mitarbeitern des Amts für Denkmalschutz und Denkmalpflege der Stadt Köln damit, ein Umnutzungskonzept zu entwickeln. Auf insgesamt 10.000 m² Fläche sollte ein attraktiver Ort für Firmen unterschiedlichster Branchen entstehen. Dafür war das Gut natürlich bestens geeignet, denn kein Gebäudeteil glich und gleicht noch heute bis auf wenige Grundelemente dem anderen. Ein markantes, das sich überall finden lässt, sind die großformatigen Fensterbänder, die wie in die Fassaden eingeschnitten wirken und mit Sandsteinblöcken gefasst sind. Darüber hinaus sind die meisten Erdgeschosszonen in rotem Ziegel ausgeführt, die Dachräume allesamt sehr hoch.

Um die Räumlichkeiten den Ansprüchen der künftigen Nutzer anzupassen, schnitten die Architekten zum einen an machen Stellen neue Fenster in die Fassade und rahmten sie entweder mit Betonfertigteilen oder ließen sie als schlichte Öffnungen in den Ziegelwänden bestehen. Zum zweiten wurden Dachflächenfenster eingebaut, damit auch die darunterliegenden Räume ausgebaut werden konnten. Dafür verwendeten sie keine herkömmlichen Fenster, sondern entwarfen Lichtfelder, die von außen mit bündig sitzenden, horizontalen Lamellen aus dunkelgrauem Metall versehen sind. Der Clou dabei ist, dass der Innenraum hell belichtet wird und man in den Himmel blicken kann, die Dachflächen von außen aber nach wie vor geschlossen wirken und so eine Forderung der Denkmalpfleger erfüllt werden konnte. Die alten Tore und Portale wurden, wo immer möglich, integriert und erzeugen eine besondere Atmosphäre. Beipsielswiese dient ein Stalltor als Zugang zum neuen Freisitz, ein anderes bildet die neue Eingangstür zu einer der Einheiten. Dahinter spannt sich eine kleine Loggia auf, bevor man zur neuen Tür kommt, die dann die nötigen Sicherheits- und Wärmeschutzstandards erfüllt. Gestalterisch haben die Architekten den Zwischenbereich als breiten Türrahmen aufgefasst und deshalb dessen Farbe für den Putz an der Wand aufgegriffen.

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In Anlehnung an das alte Holztragwerk sind auch die neuen Einbauten aus diesem Material.
Foto: Tobias D. Kern, Atelier für Mediengestaltung

Im Innern ergänzen neue Elemente aus hell lasierter Esche und aus sandgestrahltem Sichtbeton, der dadurch wie Naturstein wirkt, den Bestand. Lichtschalter, Steckdosen und die Flurbeleuchtung sind in die Türpfosten eingebaut. Die neuen Räume in den Dachgeschossen planten die Architekten als eingestellte Kuben, so dass das Tragwerk noch immer sichtbar ist. Diese Gestaltungsgrundsätze sind überall zu erkennen und doch wirkt jeder Raum aufgrund der verschiedenen Grundrisse, Höhen und Aufteilung in Einzel-, Gruppen- oder Großraumbüros anders. So konnten die Architekten die Vielfalt des Guts Maarhausen bei diesem Umbau glücklicherweise erhalten und dadurch auch den Weg frei machen für ein fröhliches Miteinander der unterschiedlichen Nutzungen – so wie es eben auch früher war.

Simone Hübener

Die Autorin >>Simone Hübener ist freie Fachjournalistin im Bereich Architektur und Bauen, Planredakteurin und Geschäftsführerin des gemeinnützigen Vereins architekturbild e.v..