Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

Stadtleben statt Wohnen

Konferenz zur Schönheit und Lebensfähigkeit der Stadt #5

Das Deutsche Institut für Stadtbaukunst der
TU Dortmund (Prof. Christoph Mäckler, Prof. Dr. Wolfgang Sonne)veranstaltet am Donnerstag, dem 27. März und Freitag, dem 28. März 2014 die 5. Konferenz zur Schönheit und Lebensfähigkeit der Stadt in Düsseldorf.

Dabei stehen folgende Themen auf der Tagesordnung:

• Die Bodenfrage
• Die soziale und funktionale Mischung
• Die Gestalt der Quartiere

Das Programm wird die bei der Vorkonferenz vom 03.09.2013 aufgestellten Thesen aufgreifen:

Auszug aus der Zusammenfassung:
„Stadtleben statt Wohnen“
Mit zunehmendem Druck auf den Wohnungsbau stehen viele Städte in Deutschland vor der Situation, preisgünstigen Wohnungsbau errichten zu müssen, um dem Bedarf an kostengünstigem Wohnraum gerecht zu werden. Die Gefahr ist groß, dass man dabei in alte Schemata zurückfällt: reine Quadratmeterproduktion, die sich in den Bilanzen gut ausmacht, aber keine wohnlichen Quartiere für Stadtbürger schafft. Obwohl seit Jahrzehnten das funktional gemischte, sozial offene und stadträumlich gefasste Quartier allenthalben proklamiert wird, sind die Versuchungen groß, in einen schnell konzipierten Siedlungsbau zurückzufallen.
Doch Wohnen heute ist nicht nur Wohnen mit „Fernseher und Vorgarten“. Gutes Wohnen umfasst – neben den gut belichteten und belüfteten sowie großzügig geschnittenen Innenräumen – auch den schnellen Gang zum Bäcker, den kurzen Weg zum Kindergarten, den Schritt auf die Straße und den Sprung in den Park nebenan – und dies für alle, ob
jung oder alt, arm oder reich, zugereist oder alteingesessen. Wohnen bedeutet nicht nur Leben in der eigenen Wohnung, sondern auch Erholen, Bilden, Versorgen und Arbeiten in der direkten Nachbarschaft. Kurz: zeitgemäßesWohnen ist Leben – und für diese reichhaltige Tätigkeit bietet die Stadt die besten Voraussetzungen. Deshalb kann ein Wohnquartier heute nicht nur Wohnraum bieten. Es umfasst auch Geschäfte, Arbeitsräume, Höfe und Außenräume, die zwischen Urbanität und Park oszillieren. Und nicht zuletzt sind die Räume der Häuser so zugeschnitten, dass sie nicht auf spezifische Wohnsituationen festgeschrieben sind, sondern sich wandelnden Wohnbedürfnissen verschiedener Generationen ohne größere Umbauten anpassen können, ja sogar sich vom Wohn – zum Büroraum und wieder zurückwandeln können. Städtisches Wohnen heute umfasst alle Aspekte des menschlichen Lebens. Das städtische Wohnhaus ist Teil eines Stadtquartiers, das für alle Lebensbedürfnisse – und nicht nur für eine spezifisch ausgewählte Funktion – gebaut ist.
Wohnen heute muss in Häusern stattfinden, die eine entsprechende städtische Dichte aufweisen, dass eine fußläufige Versorgung möglich wird, und die in einer städtebaulichen Weise angeordnet sind, die klar gefasste öffentliche Räume entstehen lässt. Kurz: Wohnen heute
kann nicht mehr antistädtisch oder vorstädtisch sein, sondern urban, innerstädtisch, mit allen Vorzügen des Austausches, der Begegnung und der Schönheit, die Städte bieten können.
Bevor es zu spät ist und die neuen Wohnungsbauprogramme auf falsche Gleise gesetzt sind, stellt die 5. Düsseldorfer Konferenz zur Schönheit und Lebensfähigkeit entscheidende Fragen zum städtischen Wohnen heute.

Stadtangemessene Bodenpolitik für das Stadtquartier
Europäische Städte zeichnen sich durch einen kleinteiligen und vielfältigen Bodenbesitz aus, der eine umfangreiche Teilhabe der Stadtbürgerinnen und –bürger an der gebauten Stadt ermöglicht. Großflächige Besitzstrukturen, wie sie staatlichen oder großunternehmerischen Wohnungsbauprogrammen zu Grunde liegen, haben oftmals zu unwirtlichen Großsiedlungen geführt, die keine Teilhabe der Bewohner ermöglichen.
Welche Bodenaufteilung ist einem gemischten Stadtquartier förderlich? Welche Trägerschaften sind für den Wohnhausbau wünschenswert? Wie kann eine Parzellenaufteilung, die Projekte von privaten Stadthausbauern und Bauherrengemeinschaften ermöglicht, befördert werden?
Welche städtebaulichen Strukturen müssen Großinvestoren berücksichtigen, damit ein gemischtes Stadtquartier entstehen kann? Wo sollen neue Wohnquartiere in der Stadt liegen?

2. Soziale und funktionale Mischung im Stadtquartier
Seit langem ist klar: Urbane Quartiere bedürfen einer Mischung der Funktionen sowie einer sozialen Offenheit. Monofunktionale Wohnsiedlungen sind ebenso unstädtisch wie Anlagen, die auf sozialer Exklusion beruhen – seien es gated communities oder Sozialwohnanlagen. Insbesondere der alltägliche Bedarf vom Einkauf bis zur Schule muss schon aus ökologischen und demographischen Gründen im Quartier gedeckt werden. Ein Quartier wird erst urban und
lebendig, wenn es vielfältige Betätigungsmöglichkeiten und Treffpunkte bietet im öffentlichen Raum wie in den Erdgeschossen der Stadthäuser.
Welche funktionale und soziale Mischung braucht ein städtisches Wohnquartier? Wie können Einkaufen, Arbeiten und Bildung in das Wohnquartier integriert werden, damit es zum Stadtquartier wird? Wie können unterschiedliche Wohnungsformen und -qualitäten soziale Offenheit und Vielfalt ermöglichen?

3. Urbane Gestalt des Stadtquartiere
Auch wenn es die Technokraten gerne so einfach hätten: Urbanität lässt sich nicht durch quantitative Dichte allein erzeugen. Noch kontraproduktiver sind die geringen Dichten, die die Baugesetze aus der Zeit der Industrialisierungsprobleme heute immer noch vorschreiben. Gute und beliebte Stadtquartiere zeichnen sich dagegen vor allem durch eine klare Fassung des öffentlichen Raums aus: Stadthäuser markieren mit ihren Fassaden unmissverständlich die Grenze zwischen privater und öffentlicher Sphäre, eine Trennung, die konstitutiv für das Städtische ist. Aus Straßen, Plätzen, Blöcken, Häusern und Parks setzt sich das Stadtquartier zusammen.
Welche Arten von Straßen und Platzräumen erfordert es? Welche Haustypen sind angemessen und nachhaltig? Welche Bauarten erlauben auch Mischnutzungen innerhalb eines Hauses wie die öffentliche Nutzung von Erdgeschossen? Und last but not least: Welchen architektonischen Ausdruck verlangt die Wohnhausfassade, damit nicht Siedlung, sondern ein Stadtquartier entsteht?“

Weitere Informationen zur Veranstaltung und zum Programm der >>Konferenz zur Schönheit und Lebensfähigkeit der Stadt