Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

Mehr Grün in der Stadt

ingenhoven architects lassen Apfel, Felsenbirne, Kiefer, Birke, Eberesche, Hainbuche, Eisenholzbaum, Schneeball und Flieder pflanzen.

PM: Mit dem Carré Belge haben ingenhoven architects soeben ein neues, intensiv begrüntes Quartier mitten in der Kölner Innenstadt fertiggestellt. Der Gebäudekomplex befindet sich auf dem Areal der ehemaligen Kölner TV-Produktionsstätte Capitol. Herzstück des Projektes ist, neben der Fassadensanierung des Bestandsgebäudes, der Neubau eines Boutique-Hotels im Innenhof. Urbanes Grün prägt die gestalterische Leitidee – gegeneinander versetzte, begrünte Terrassen und Dächer. In Pflanztrögen wachsen 114 Bäume und Sträucher, die jetzt bis zu vier Meter hoch sind, in den kommenden Jahren werden sie eine Höhe von bis zu sechs Metern erreichen. Die Pflanzenauswahl orientiert sich überwiegend an heimischen Arten. Apfel, Felsenbirne, Kiefer, Birke, Eberesche, Hainbuche, Eisenholz- baum, Schneeball und Flieder eröffnen ungewöhnliche Ausblicke aus den bodentiefen Fenstern der 186 Zimmer, verteilt auf sechs Obergeschosse. Gleichfalls ein überraschender Anblick, betritt man den Innenhof über das elegante, transparente Vorderhaus direkt am dicht befahrenen Hohenzollernring. Auf einer Grundstücksfläche von 4.000 Quadratmetern in zentralster Lage, zwischen Belgischem Viertel und Gerling Quartier, wird Stadt intelligent verdichtet – ein zeitgenössischer, erfrischender Gegenentwurf zur klassischen Blockrandbebauung, die dieses Stadtviertel bisher ausschließlich prägte.

Siehe auch „Reconquista im Friesenviertel“

Carré Belge © ingenhoven architects / HGEsch

Gebaut wurde an einem Ort mit Geschichte. Seit seiner Eröffnung im Jahr 1929 und dem Wiederaufbau 1954 (damaliger Betreiber war Hans Herbert Blatzheim, der Stiefvater von Romy Schneider) war das Capitol das bedeutendste Kölner Lichtspielhaus. Ende der 1990er Jahre wurde das Gebäude deutschlandweit bekannt als Produktionsstätte von Sendungen wie „Die Harald Schmidt Show“ oder „TV Total“. Das Interieur des Boutique-Hotels greift diese Geschichte auf, spielt mit dem Thema „Late Night Show“ in den öffentlichen Bereichen und der Hotelbar.

Carré Belge © ingenhoven architects / HGEsch

Greening the City – ortsspezifische Antworten

Wie schon mit dem Kö-Bogen II in Düsseldorf, Europas größter Grünfassade, dem Dachwald mitsamt Grünfassade für die Calwer Passage in Stuttgart oder dem „Green Heart“ des Gebäudekomplexes Marina One in Singapur setzen ingenhoven architects ihre intensive Auseinander- setzung mit urbanem Grün, die Suche nach orts- spezifischen Antworten fort. Seit vielen Jahren spielen Pflanzen als integraler Bestandteil des Entwurfs eine zentrale gestalterische Rolle in fast allen Projekten des Büros.

Mehr Grün in der Stadt – in einem größeren Kontext betrachtet, ist urbanes Grün ein essentieller Teil der Antwort von Städten, um auf die zunehmenden Folgen des Klimawandels zu reagieren, um trotz notwendiger zunehmender Dichte lebenswert zu bleiben.

Carré Belge © ingenhoven architects / HGEsch

Gründächer- und fassaden verbessern das Mikroklima der Stadt, indem sie Kohlendioxid und Staub binden, den Lärm dämpfen, die Biodiversität fördern und das allgemeine menschliche Wohlbefinden stärken. Ihre größte Wirkung entfalten sie jedoch, indem sie den innerstädtischen Wärmeeffekt reduzieren und Regenwasser speichern.

Konventionelle mineralische oder Bitumen-Flächen heizen sich vor allem im Sommer stark auf, speichern einen Teil der aufgenommenen Wärme, geben sie über einen längeren Zeitraum ab, unsere Innenstädte heizen sich immer weiter auf. Laubschichten fungieren hingegen als großflächiger Energiewandler, sind stets etwas kühler als die Temperatur der Luft und wirken so dem innerstädtischen Hitzeeffekt entgegen. Das Rückhalten von Regenwasser ermöglichen insbesondere die begrünten Dächer. Während durch Flächenversiegelung in vielen Bereichen unserer Städte der Wasserkreislauf unterbrochen ist, wird hier die Lücke im Wasserkreis geschlossen und auf natürliche Weise eine Überlastung der städtischen Kanalisation verhindert.