Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

Deutzer Hafen – jetzt virtuell

Und sonstige Neuigkeiten rund ums Hafenbecken

Stille liegt über der Brache, seit im November 2018 der Stadtentwicklungsausschuss die Aufstellung eines Bebauungsplanes für den Hafen beschloss. Bisher schepperte immerhin noch ab und zu eine Kranladung Schrott auf die Frachtflächen herunter, doch auch damit ist bis Ende des Jahres Schluss: Theo Steil zieht nach Godorf, die Ellmühle nach Krefeld, und (fast) alle anderen sind auch schon weg. Im ehemaligen Hafen soll ein gemischt genutztes Gebiet mit etwa 3.000 Wohnungen und 6.000 Arbeitsplätzen entstehen. Nun stellt sich die brennende Frage: Wann wird aus der Brache eine Baustelle, wann endlich rollen die Bagger?

Die industrielle Vergangenheit soll im eher rauhen Charakter der Außenflächen weiterleben, empfiehlt das Team von COBE für die weitere Gestaltung. ©Cobe / moderne stadt

 

Digitalisiertes Planmodell

Erst einmal gibt es noch viel Planarbeit. Die letzte Verlautbarung des Entwicklers betrifft die Planmethodik: Zusammen mit dem Kopenhagener Architekturbüro Cobe, die den städtebaulichen Entwurf für das Areal lieferten, hat das Unternehmen HHVision mit einem Team aus Programmierern, Stadtplanern und Mediendesignern im Auftrag von moderne stadt ein komplexes Datenmodell des Hafens erstellt. Damit kann man zukünftig digital planen und das Geplante bei künftigen Visualisierungen und Präsentationen virtuell erlebbar machen. Die Gestaltung des Planmodells richtet sich am digitalen Kölner Stadtmodell aus, von dem es ein Teil werden soll.  

3000 neue Wohnungen, knappe 2 km Luftlinie zum Dom – im nächsten Jahr soll die Baureifmachung des Geländes beginnen. © Raimond Spekking / CC BY-SA 4.0 (via Wikimedia Commons)

 

 

Link zum digitalen Planmodell

Und an welcher Stelle steht man inhaltlich mit der Planung? Der von cobe mit intensiver Öffentlichkeitsbeteiligung erarbeitete Integrierte Plan dient als Grundlage für die jetzige Bauleitplanung. Der Flächennutzungsplan, der im Bereich des Deutzer Hafens ein Gewerbe- und Industriegebiet vorsieht, ist zu ändern, und parallel dazu wird der Bebauungsplan aufgestellt, die rechtliche Grundlage zur Umsetzung der Qualitätsansprüche des städtebaulichen Konzeptes. Ab 2021 will die Stadt beginnen, die Baufelder in einen bebauungsfähigen Zustand zu bringen.

 

Die Mühlen mahlen langsam

Als Erstes sollen die Baufelder der Mühlen vergeben werden; das entsprechende Konzeptausschreibungsverfahren ist in Vorbereitung. Das Mühlengelände nimmt eine Sonderstellung ein, denn es ist das einzige Grundstück mit zu erhaltenden Bestandsgebäuden. Es ist immer noch nicht final abgestimmt, in welchem Umfang Denkmalschutzauflagen für die Mühlen zum Tragen kommen. Sicher ist, dass die historischen Gebäude in ihrer Kubatur und mit der Rheinfassade und auch dem Aurora Logo erhalten bleiben. Der in den 50er und 60er Jahren entstandene Mitteltrakt wird abgerissen, so dass es wieder eine „weiße“ und eine „rote“ Mühle geben wird. Eine Umwidmung des Gebäudes ist technisch sehr schwierig zu bewerkstelligen, da es im Inneren größtenteils aus Silokammern aus Stahlbeton besteht.

 

Auszug aus dem Quartiershandbuch. Charakteristik und Herleitung des Deutzer Blocks, der im Gegensatz zu einer klassischen Bebauung auf eine gmeinsame Traufhöhe verzichtet. Er ist immer auf einen Freibereich geöffnet und soll durch seine gemischte Nutzung und Struktur zu einem „Quartier im Kleinen“ werden © Cobe

Interessierte Investoren haben ein Gestaltungs- und Nutzungskonzept einzubringen, das den Maßgaben des Integrierten Planes entspricht: Die „Deutzer Mischung“ bezieht auch die soziale Komponente mit ein. Frei finanzierter, geförderter und preisgedämpfter Wohnraum sollen nebeneinander bestehen – und zwar pro Block! Neben der Freiraumgestaltung ist dieses Prinzip der Vielfalt der wichtigste „Auftrag“ der Planer, der in enger Zusammenarbeit mit Anwohnern und Bürgern entwickelt wurde. Dass dies Realität wird, hat das Vergabeverfahren zu gewährleisten.

Wir von koelnarchitektur.de werden diesen Prozess weiterhin genau beobachten. Und wer lieber auf Kopfkino setzt statt auf Digitalisierung, um sich die Zukunft auszumalen, ist herzlich eingeladen, uns auf unseren Touren über die stille Hafen-Brache zu begleiten.

Ira Scheibe

 

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