Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

Die Heimat der Demokratie – ein Fachwerkhaus?

Stimmen Sie ab: Das schönste Rathaus in NRW!

Das Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung sucht das schönste Rathaus im Lande. Ministerin Ina Scharrenbach erklärt, warum: „Rathäuser sind die Heimat der Demokratie vor Ort. Sie sind die wichtigsten Zentren der Demokratie in unseren Städten und Gemeinden. Mit unserer Aktion wollen wir sie in den Mittelpunkt rücken.“

Am 15. September 2019 zum Internationalen Tag der Demokratie begann die Aktion, und bis Jahresende waren 74 Vorschläge über die sozialen Medien eingegangen. Seither stellten täglich die kommunalen Vertreter vor Ort „ihr“ Rathaus in einem kurzen Video vor. Nun kann man bis zum 10. März abstimmen, welches das Schönste ist.

Sieht Heimat so aus?

In Bocholt wurde das historische Rathaus nominiert. © Wikimedia Commons, Gouwenaar

Und so sieht Heimat offenbar nicht aus!

Auch in Bocholt: Das Neue Rathaus von Gottfried Böhm hat es nicht in die Liste geschafft. © Wikimedia Commons, Bocholter

 

Die Nominierungsphase ist nun leider schon abgelaufen; nur gut ein Viertel der shortlist umfasst Häuser, die der Moderne zuzuordnen sind. Es gibt ansonsten viel Fachwerk, geschwungene Giebel und historischen, bzw. eher historistischen Zierrat. Auch haben es leider die Rathäuser von Gottfried Böhm in NRW nicht in die Auswahl geschafft, weder das neuere in Bocholt, noch die einzigartige Betonburg in Bensberg aus den 60er und 70er Jahren.

Auch nicht nominiert:

Das Bensberger Rathaus von Gottfried Böhm © Wikimedia Commons, CEphoto, Uwe Arana

 

Damit ein Rathaus von den Bürgern NRWs als Heimat angesehen wird, sind barocke oder pseudobarocke Giebel oder besser noch mittelalterlich anmutende Feldsteine von Vorteil. Nachnominierungen sind keine mehr möglich, aber man kann mit seiner Stimme auf die Moderne setzen. Die verklinkerte Neue Sachlichkeit in Gelsenkirchen, Funktionalismus der 60er in Marl, das 70er Jahre-Großstadt-Hochhaus in Essen, die Postmoderne in Kaarst, ein nagelneues Rathaus in Sandstein in Ratingen – es ist für jeden Geschmack etwas dabei.

Das Rathaus in Castrop-Rauxel von Arne Jacobsen und Otto Weitling eröffnete 1976. @ Wikimedia Commons, Arnoldius 

 

Der Lokalpatriotismus findet keine Nahrung, denn die Kölner haben die Nominierung verpasst. Die Redaktion stimmt daher für das Rathaus von Borgholzhausen, und auch wir mussten googeln, wo das ist: in der Nähe von Bielefeld an der Grenze zu Niedersachen. Die Begründung der Jury: Schön ist, wenn es Heimat ist, aber Heimat muss nicht unbedingt schön sein.

Das „Sieger-Rathaus“ wird am 28. März 2020 auf dem Heimat-Kongress des Ministeriums in der Wuppertaler Stadthalle von Ina Scharrenbach bekannt gegeben und prämiert.

Allüberall bauten die 1970er Jahre der Demokratie ein Zuhause, deshalb ist das Rathaus in Borgholzhausen unser Favorit. © Wikimedia Commons, Hagar66

 

Zu den Rathaus-Videos und zur Abstimmung

Ira Scheibe

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