Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

Humane Standards

35 Veranstaltungen von 16 Akteuren zum 100. Geburtstag von Gottfried Böhm

Darauf kann Köln richtig stolz sein – und das lässt sich im Bereich der Baukunst viel zu selten sagen. Stolz darauf, dass in unserer Stadt Gottfried Böhm lebt und arbeitet, der erste deutsche Architekt, dem der Pritzker Preis verliehen wurde und dessen Werk in der internationalen Rezeption präsenter ist als im eigenen Land. Am 23. Januar feiert er seinen 100. Geburtstag.

Schwerpunkt NRW

„Die Bauten von Gottfried Böhm haben eine Relevanz, die weit über die Fachwelt hinausgeht. Diese zu würdigen, haben wir uns zur Aufgabe gemacht,“ sagt Reinhard Angelis, Vorstand des BDA Köln.  Die Initiative entstand anlässlich des 99. Geburtstages von Böhm. Zum anfänglichen Kreis gesellten sich per Schnellballeffekt immer mehr Gruppen. Schließlich waren es 16: Eine so breite Initiative, sich mit Baukunst auseinander zu setzen, gab es in Köln bisher nicht.

Madonna in den Trümmern, Gottfried Böhm, 1947-50, © Rheinisches Bildarchiv, D. Heiermann

Köln ist nicht nur der Wohnsitz der Familie Böhm, hier und in der Region stehen auch viele der bedeutendsten Bauten Gottfried Böhms. Sein Schaffen zeichnet aus, dass er sich immer auf eine sehr originäre und persönliche Weise mit seinen Bauaufgaben auseinandersetzte. „Er hatte die Kraft und den Mut, in eine starre Gesellschaft bewegte und bewegende Gebäude zu setzen, ja geradezu zu rammen,“ so Angelis.

Raum und Rahmen menschlicher Würde

„Ein Gebäude ist für den Menschen Raum und Rahmen seiner Würde, und dessen Äußeres sollte seinen Inhalt und seine Funktionen reflektieren.“ Böhm selbst charakterisierte so sein Schaffen in seiner Pritzker-Preisrede im Jahr 1986. Konsequent und dickköpfig kämpfte er genau darum: humane Standards in der Architektur zu entwickeln und durchzusetzen. In Zeiten, in denen unsere Städte immer gesichtsloser werden, ist die Auseinandersetzung mit den Gebäuden Gottfried Böhms immer eine fruchtbare Lektion.

Und dieses Jahr wird es davon viele geben. In der vom BDA gesteuerten und gebündelten Initiative BÖHM100 treffen sich nicht nur die „üblichen Verdächtigen“ wie das hdak, die Architektur-Fakultäten der TH Köln und der RWTH Aachen und das AFR (Architektur Forum Rheinland), sondern auch Anbieter ohne ausgesprochenen Architektur-Fokus wie das Katholische Bildungswerk oder der Geschichtsverein Bergisches Land.  

Wohnquartier Seeberg Nord in Köln Chorweiler, Gottfried Böhm, 1974, Wikimedia Commons ©Elke Wetzig

 

Böhm für Fortgeschrittene

Und auch die Redaktion von koelnarchitektur.de ist natürlich mit dabei. „Wie die Stadt im Maßstab des Hauses funktioniert?“, ist die Frage, der wir uns stellen. Wir trauen uns heran an den sperrigen Böhm, an drei großmaßstäbliche Kölner Bauten, die als schwierig gelten und gerade deshalb einen genauen Blick verdienen: das Wohnquartier Seeberg-Nord in Chorweiler, das Bezirksrathaus Köln Kalk und die WDR Arkaden in der Innenstadt. Wie lassen sie sich in Böhms persönliche Baugeschichte einordnen? Finden sich darin Gedanken aus seinen frühen Siedlungs- und Sakralbauten wieder? Welche Einflüsse, auch aus der eigenen Familie, ließ der Architekt zu? Gedanken dazu tauschen wir aus auf zwei Busexkursionen am 29.04. und am 30.09.

WDR-Arkaden, WDR-Archivhaus, Gottfried Böhm mit Elisabeth Böhm und Peter Böhm, 1991–1998,  Wikimedia Commons ©Raimond Spekking

Viel Glück beim Wettbewerb, Herr Böhm!

Und der Jubilar selbst? Hat gute Gene: Mit seinen fast 100 Jahren ist Gottfried keineswegs der Familienälteste, sein Bruder Paul ist sogar Jahrgang 1918. Öffentliche Selbstpräsentation war zeit seines Lebens seine Sache nicht. Wie man hört, zeichnet er noch täglich, und auch auf den Baustellen mischt er mit, wenn es um die Sanierung seiner Gebäude geht, wie der Waisenhauskirche „Zur Heiligen Familie“ in Sülz oder des Daches der Wallfahrtskirche in Neviges, und setzt sich durch bei der Denkmalpflege. Und ist an einem Architekturwettbewerb beteiligt, an einem kleinen, informellen Verfahren zur Lichtgestaltung in Neviges. Die weiteren Wettbewerbsteilnehmer: Seine Söhne.

Viel Glück beim Wettbewerb, Herr Böhm, und ein frohes und gesundes Schaffen wünscht Ihnen die Redaktion von koelnarchitektur.de!

Ira Scheibe

 

Wie die Stadt im Maßstab des Hauses funktioniert.
Busexkursionen von koelnarchitektur.de am 29.04. und am 30.09. Anmeldung unter schlei@koelnarchitektur.de

Zum Veranstaltungsprogramm Böhm100