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Alles Fassade

So war das mit dem Domhotel nicht geplant, nun wird in der alten Hülle neu gebaut

Was für München der Bayerische Hof, Berlin das Adlon und Hamburg das Vier Jahreszeiten, das ist für Köln sein Domhotel – das erste Haus am Platz. Doch davon steht gerade nur noch die brüchig aussehende Fassade, mühsam gehalten von schweren Stahlstützen. Ingenhoven architects und Pfeffer Architekten arbeiten gemeinsam an der Wiederherstellung dieses wesentlichen Bausteins in der südlichen Domumgebung.

Grand Hôtel du Dôme

Um 1840 übernachteten im Hôtel du Dôme, wie es nach der Mode der Zeit hieß, die ersten Gäste; 1893 eröffnete ein Neubau. Ein Bombentreffer im Krieg riß den gesamten Mittelteil weg, 1952 konnte der Betrieb wieder beginnen. Für den Wiederaufbau musste man das nehmen, was da war, und das war nicht viel, etwa Steine aus ausgebomten Häusern und ausgeglühtes Eisen.

Das Domhotel 1898, stilistisch wie gemacht für den Übernachtungsgast Kaiser Wilhelm II © Wikimedia Commons, public domain

Die Nachkriegsfassade ist ein Stückwerk aus Kriegsresten mit etwa 15 unterschiedlichen Fensterformaten. Das historistische Gebäude hatte eine tragende Innenschale mit davor geblendeter Natursteinfassade. Nach dem Krieg wurden die Innenschale und auch das Dach nicht wiederaufgebaut. Die einstige Planung, das Dachgesims des Blaugoldhauses um das Hotel herumzuziehen, kam aus Kostengründen nie zur Ausführung. Im Inneren sah es nicht besser aus. Es gab ein Gewirr aus Gängen und Lichtschächten mit bis zu 90 cm Geschossversetzung und Kappendecken, die beängstigend in Schwingung gerieten, wenn man darauf ging.


Auch das ist eine beträchtliche Leistung: mit den Mitteln der Nachkriegszeit eine hoheitsvolle Fassade zu gestalten. Das Innere allerdings war ein Sicherheitsrisiko. Die Schließung der Kolonnaden war Kaspar Kremers erstes Projekt im väterlichen Büro. © Raimond Spekking / Wikimedia Commons / CC-BY-SA-3.0 & GDFL

Ursprünglich waren ksg in Direktbeauftragung für die Sanierung zuständig. Davon vollkommen unabhängig wurde 2014 ein Wettbewerb für das Dach und die Kolonnade ausgeschrieben, aus dem ingenhoven architects als Sieger hervorgingen. Ihr Auftrag wurde später auf die Außenfassade erweitert. Die Grundstückseigentümerin ist die Zusatzversorgungskasse der bayerischen Gemeinden, vertreten durch die Bayerische Versorgungskammer, ein institutionalisierter Anleger, dem u.a. auch die Architektenversorgung untergliedert ist. In Bezug auf das Sanierungsprojekt entschied sie sich, ein neues Konzept zu verfolgen und das Projektteam zu reorganisieren. ksg bleibt aber weiterhin mit der Ausführungsplanung vollständig in den Innenausbau eingebunden.

Innenleben: Pfeffer Architekten

Pfeffer Architekten kamen 2017 für den Umbau ins Spiel. Ein großer Teil der Mitarbeiter des Kölner Büros ist spezialisiert auf die Ausführungsplanung, seit über 20 Jahren. Mit der Köln Arena und dem Stadthaus von Böhm fing es an, ein aktuelles Projekt ist das Antoniter Quartier von trint+kreuder d.n.a. Das Domhotel verantworten sie nun bis zum Edelrohbau; für die Oberflächen und den Innenausbau ist der Pächter Althoff zuständig.

Bauantrag genehmigt, Teilabriss erfolgt: Blick auf den jetzigen Zustand der Kolonnaden, mühsam gehalten von schweren Stahlstützen. © Pfeffer Architekten / Julia Köstner

Althoff beauftragt die Innenarchitekten finerooms aus Berlin, die auch das Adlon gestalteten. Wird der Betreiber für das Domhotel eine ähnliche Interpretation der Jahrhundertwende mit Chippendale- und Dackelbein-Möbeln wählen wie am Potsdamer Platz? Mit einer zeitgemäßen, klassischen Gestaltung ließe sich das Haus sicherlich anders am Kölner Hotelerie Markt platzieren.

Nachdem Furniere und Pappmaché verschwunden waren und die Tragstruktur offen lag, entschied man sich aufgrund der schlechten Gebäudesubstanz für einen Teilabriss des Gebäudes bis auf die denkmalgeschützte Fassade und ein Treppenhaus aus dem 19. Jh. Zwei weitere Grundstücke im selben Block – Am Hof 1 und Wallrafplatz 6 – sind vom Eigentümer erworben worden. Auch das Blaugoldhaus sowie das Haus „Am Hof 1“ werden in den oberen Etagen vom Domhotel genutzt.

Neues Raumprogramm

Vom Eigentümer gewünscht ist ein Grundriss, der auch eine Zweitverwertung ermöglicht. Im EG ist das Hotel nur mit der Rezeption und einer Bar vertreten. Den Rest der Fläche nehmen Läden ein. Im ersten Stock war die Terrasse über den Kolonnaden früher nur durch die Zimmer zu erreichen. Nun wird dieser Bereich mit einem gastronomischen Angebot öffentlich zugänglich. 


Schwere Stahlträger stützen auch von außen die Fassade, deren Volumen sich hinter der grüne Plane vom Roncalliplatz nur erahnen lässt. ©Barbara Schlei

Um einen Spa und auch mehr Lagerflächen für die Läden anbieten zu können, entsteht ein zusätzliches Kellergeschoss. Die Bodendenkmalpflege hat ihre Aufgabe noch vor sich, erwartet aber im durchgepflügten Boden mit jeder Menge Kanäle und Grundleitungen keine nennenswerten Funde.

Noch ist nicht ganz klar, wie man eigentlich in das Hotel hineinkommt. Der 50er Jahre Bau hatte den Eingang an der Schmalseite, gegenüber dem Dom. Nun soll der Eingang, wie beim Gebäude des 19. Jahrhunderts, an die Ostseite. Gerungen wird noch um die Vorfahrt mit dem PKW: diese wäre entweder über die Tiefgarage oder über die Seite zum Heinzelmännchenbrunnen möglich.

Zahnlücke am Wallrafplatz

„Ich bedauere sehr, dass es nicht gelungen ist, am Wallrafplatz die letzte Baulücke zu schließen. Das Gebäude, das heute Swarovski mietet, gehört einer Erbengemeinschaft. Besonders tragisch ist es deshalb, weil das Grundstück einfach zu klein ist, um hier später einmal einen würdigen Stadtbaustein entstehen zu lassen,“ so Heinrich Pfeffer.

Außen-Leben: ingenhoven architects

Ufo mit Aussicht: Unter dem Dach von Ingenhoven bietet eine Schauküche an der Domseite exklusivste Gastronomie. © ingenhoven architects / Alexander Schmitz

Ein zurückgestaffelter, umlaufendender Dachaufsatz aus Glas wird das Hotel krönen. Entsprechend dem Nachhaltigkeitskonzept supergreen® von ingenhoven architects werden auf dem Dach und im Innenhof Pflanzen wachsen. Die Sanierung der historischen Fassade mit dem Austausch aller Fensterelemente gehört auch zum Aufgabenkatalog Ingenhovens. Großformatige Glaspaneele zwischen den Kolonnadenstützen fungieren als Schaufenster für die Ladenlokale, diese selbst werden von den zukünftigen Pächtern geplant.

Und die heißen Hermès, Louis Vuitton & Co. Mag man selbst bei diesen Marken auch seltener vorbeischauen, so ist es doch zu begrüßen, dass in Köln das Luxussegment adäquat bedient wird. Wo einst ein nichtsnutziges Flachdach Dienst nach Vorschrift tat, blickt man nun fast auf Augenhöhe auf den gotischen Oberlichtgaden. Da muss sich erst einmal ein Sternechef finden, der dagegen ankochen möchte!

Ira Scheibe

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3 Kommentare

Wahnsinnig schade, dass man den historischen Zustand nicht wiederherstellt. In anderen Städten wie Leipzig wäre das eine Selbstverständlichkeit!
So bleibt leider der unbefriedigende Nachkriegs-Zustand erhalten, bei dem die Kolonnaden ohne die Aufbauten seltsam unproportioniert lediglich im Erdgeschoss hervorragen und das Gebäude wie oben abrasiert aussieht. Das moderne neue Dach verbessert an diesem Zustand leider überhaupt nichts, im Gegenteil wird es sehr unpassend aussehen.
Eine vertane Chance für Köln, und das in der Lage, wo sich das restliche Domumfeld schon so unglaublich unbefriedigend darstellt.
Sehr, sehr schade!

Meines Wissens standen nicht nur die Fassade, sondern auch originale Teile im Inneren unter Denkmalschutz, wo sind die bei der Entkernung abgeblieben?

Warum die schlechtere Lösung gewählt und die Wiedererrichtung der prachtvollen historischen Architektur des alten Domhotels umgangen wurde, wird eine ewige Frage an die Beteiligten bleiben.

Zum Glück gelingen solche Fehlgriffe außerhalb des Rheinlandes nur noch selten.

Aber es gibt eine gewisse und beharrende Tradition unter Architekten und Denkenmalpflegern, die sich beinahe mit religiösem Eifer hinter der Ideologie des altersschwachen Modernismus versteckt und die es sogar fertig gebracht hätte, die Dresdener Frauenkirche nicht wieder aufzubauen und sie stattdessen durch einen modernistischen Koffer zu ersetzen.

Die Frauenkirche hat die historische Identität von Dresden zu einem wichtigen Teil wiederhergestellt. Die Kölner wollten oder konnten dasselbe nicht vollbringen.