Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

Mehr Offenheit!

Kritik am Verfahren Hallen Kalk: Die Stadt bekennt sich zur Bürgerbeteiligung in Planverfahren, aber ist das nur ein Lippenbekenntnis?

Der Rat der Stadt Köln hat im September 2018 Qualitätsstandards für Öffentlichkeitsbeteiligung verabschiedet. Bei der Planung der Hallen Kalk sollen diese zur Anwendung kommen. Wie aber agiert die Verwaltung konkret in einem solchen „Werkstattverfahren“, wie geht sie mit dem Engagement der Leute vor Ort um? Bevor nun im Juli das zweite „Werkstattgespräch“ sattfindet, wendet sich die Interessengemeinschaft Hallen Kalk in einem Offenen Brief an die breitere Öffentlichkeit. Sie fordern,  die Formeln aus dem Leitlinienprozess mit konkreten Inhalten zu füllen und eine echte Beteiligung der interessierten Bürgerinnen und Bürger an der Planung zuzulassen.

Wir veröffentlichen hier den Brief in gekürzter Fassung:

Offener Brief IG Hallen Kalk – Bündnis für Gemeinwohlentwicklung des Areals Hallen Kalk

Im März 2017 hat der Rat der Stadt Köln eine Öffentlichkeitsbeteiligung im Rahmen eines kooperativen städtebaulichen Werkstattverfahrens für die Hallen Kalk beschlossen. Aufbauend auf dem Werkstattverfahren fand im Februar 2019 ein erstes „Werkstattgespräch“ statt. Das Team Bel. Sozietät für Architektur präsentierte seinen Entwurf in einem sehr dichten und kompakten Vortrag.

Anschließend konnten die teilnehmenden Bürger Verständnisfragen stellen und auf Stellwänden Feedback hinterlassen. Vertreter des Begleitgremiums formulierten ihre fachlichen Einschätzungen zum Konzept und gaben einen Ausblick auf den weiteren Prozessverlauf. Das so genannte Werkstattgespräch am 18.2.19 war in den Augen derjenigen, die sich von Anfang vielseitig und stark engagieren, eher eine Informationsveranstaltung mit unzureichender Möglichkeit für Feedback und Diskurs.

Am 2. Juli 2019 wird es ein letztes Werkstattgespräch vor der Ausarbeitung der Beschlussvorlage für die politischen Entscheidungsgremien geben.

Qualitätsstandards

Die Stadt Köln selbst hat Qualitätsstandards für Öffentlichkeitsbeteiligung formuliert. Unsere Einschätzung bezüglich ihrer praktischen Anwendung beim Beteiligungsformat zur Planung der Hallen Kalk lautet wie folgt:

1. Respektvolle und faire Zusammenarbeit in Bezug auf das Beteiligungsverfahren Hallen Kalk

„Erfolgreiche Kommunikation findet auf Augenhöhe statt […]. Kölner Verfahren zur Öffentlichkeitsbeteiligung sind so ausgestaltet, dass sie den Rahmen für eine respektvolle, faire und auf die Sache gerichtete Diskussion schaffen […].“

– keine Ergebnisoffenheit;

– wenig bis keine Zeit sich einzubringen;

– keine offene Gesprächsatmosphäre.

2. Frühzeitige und transparente Information und Kommunikation

„Öffentlichkeitsbeteiligung kann nur auf einer soliden Wissensbasis aller Beteiligten stattfinden. Um diese aufzubauen, braucht es einerseits ausreichend Zeit und andererseits umfängliche Informationen, die für alle Interessierten leicht und verständlich zugänglich sind. Daher wird in Köln frühzeitig und transparent über städtische Angelegenheiten, Projekte und Planungen informiert […].“

– Einladung kam zwei Wochen vorher;

– der Plan wurde dem Begleitgremium eine Woche vorher gezeigt;

– wichtige Fragen sind noch offen (z.B. bezüglich Zwischennutzung, warum die Firma Aurelis inzwischen im Begleitgremium mit dabei ist, die Ambitionen der Kölner Messe, etc.).

3. Geeignete Ansprache aller Interessierten beziehungsweise Betroffenen

„In den Verfahren der Kölner Öffentlichkeitsbeteiligung werden die Interessen und Perspektiven möglichst aller von dem Projekt betroffenen Gruppen gehört. Dafür werden offene, allgemein zugängliche Beteiligungsmöglichkeiten geschaffen […]“

– wenige bis gar keine Beteiligungsmöglichkeiten;

– kein Abbild der Kalker Bevölkerung, nur zufällige Zusammensetzung der teilnehmenden Menschen.

4. Klare Ziele und abgegrenzter Gestaltungsspielraum

„Innerhalb von Verfahren der Öffentlichkeitsbeteiligung sind die Ziele und die Intensität der Beteiligung (Beteiligungsstufe) sowie der bestehende inhaltliche Gestaltungsspielraum von Beginn an klar. Ziele, Beteiligungsstufe und Gestaltungsspielraum werden deutlich kommuniziert.“

– keine Transparenz bzgl. der Berücksichtigung von Ergebnissen der Beteiligungsmöglichkeiten;

– keine Möglichkeit zur Gewichtung der Vorschläge;

5. Verlässliche und verbindliche Auseinandersetzung mit Ergebnissen

„Innerhalb Kölner Beteiligungsverfahren herrscht Klarheit darüber, auf welche Weise und an welcher Stelle die Ergebnisse in den politischen Entscheidungsprozess miteinfließen […]. Getroffene Entscheidungen werden schlüssig begründet und verbindlich umgesetzt […].“

– kein offenes Gespräch;

– keine Ergebnisoffenheit.

Deswegen fordern wir:

– Einen Gesprächstermin zur Vorbereitung für das zweite Werkstattgespräch im Juli – und eine ergebnisoffene Veranstaltung!

– Einen zusätzlichen weiteren Termin vor dem Abschlusstermin im Herbst 2019.

– Einbeziehung zur Vorbereitung des Termins im September 2019!

– Wir möchten klare Aussagen zum Verfahren, den Entscheidungsfaktoren und eine transparente Darstellung der tatsächlichen Möglichkeiten für die Interessen und Bedarfe der Engagierten vor Ort!

Wir freuen uns auf Ihre Rückmeldung und bringen uns gerne bei der Gestaltung eines zusätzlichen Termins ein. Selbstverständlich stehen wir auch für Fragen und Gesprächsangebote zur Verfügung.

Für die IG Hallen Kalk: Bürgerinitiative Hallen Kalk; Bürgerinitiative „Mehr Grün in Kalk“; Christine Rutenberg Leitbild Köln 2020; Geschichtswerkstatt Kalk e.V.; Integrationshaus e.V.; Kulturhof e.V. i.G.; KUNTs e.V.; Chris Mock; parto gUG; STADTRAUM 5und4 e.V.; Stiftung KalkGestalten; Vision e.V.

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Weitere Infos:

Qualitätsstandards für Öffentlichkeitsbeteiligung in Köln

Zur Bedeutung von echtem Diskurs auf Basis gelingender Kommunikation: (Diskurs S. 7ff, Kommunikation S. 12ff)