Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

Kölns sinnlichste Bauten

Die Preisträger unseres Weihnachtsfotowettbewerbs

Ganz schön lange haben wir gewartet bis die ersten Rundbauten in der Redaktion eintrafen… fast schon wurden wir ein bisschen nervös. Aber dann kam der dritte Advent und mit ihm die Bilder. 22 Teilnehmer zählen wir nun und mit ihnen ganz unterschiedliche Interpretationen unseres Themas. Wir danken Christian Wendling CW und Christian Heuchel CH, die sich mit uns die Bilder angesehen und bewertet haben. Dass wir fünf uns nicht immer ganz einig waren, zeigt die breite Streuung der Punkte.

Herzlichen Glückwunsch an Dorothea Heiermann, deren wunderschönes Moscheedetail wir mit dem 1. Preis auszeichnen und an Cornelia Olligs, deren Sicht des Hauptbahnhofs uns alle erfreut hat und den 2. Preis absolut verdient hat!

Lob und Dank gehen aber natürlich an alle, die in diesem Jahr dabei waren, es war uns ein großes Vergnügen, Köln einmal mit diesem Fokus zu betrachten.

Und ein ganz großer Dank geht natürlich auch an Nicola Löns vom 25hours Hotel, das Restaurant NENI, den Jovis Verlag und dva, die uns die Preise so großzügig und freundlich zur Verfügung gestellt haben!

Uta Winterhager UW, Barbara Schlei BS und Nathalie Gozdziak NG

Erster Preis (17 Punkte): Dorothea Heiermann – Moschee

Eine Übernachtung für zwei (Doppelzimmer mit Frühstück) im 25hours hotel the circle

Zentralmoschee Köln, © Dorothea Heiermann

„Die Schichtungen der Schalen werden durch die Schatten hervorgehoben und liefern durch diese ein recht abstraktes Bild ab. Das Streiflicht verwandelt die harten Betonschalen in ein sehr weiches Gebilde.“

Das sagt die Jury:

CW: Ein perfektes Architekturfoto! Wozu plakativ sichtbare Fluchtlinien einsetzen, wenn sich die räumliche Dimension eines Bauwerks auch durch ein sanft verlaufendes Streiflicht-Schatten-Spiel, harte Kontraste an scharfen Kanten und den wunderbar strukturierten Oberflächen dreier hintereinander gestaffelter béton-brut-Schalen erschließt. Das weckt die Neugier, wie das Motiv wohl von der Seite betrachtet aussieht. Ruhig proportioniert und mit exakt abgestimmter Linienführung eine ganz besondere, sinnliche Seite der Architektur.

UW: Eigentlich sollte ich das nicht schreiben, aber vor kurzen hatte ich das Gefühl, mir die Moschee etwas übergesehen zu haben. Und dann kommt dieses Bild, das ich einfach unglaublich finde. Material, Textur und Skulptur –  so rein hat vielleicht alles einmal angefangen im Kopf von Paul Böhm. Und so darf man auch jetzt noch einmal darauf schauen und alle (politischen) Störfakturen ausblenden.

NG: Dass Beton sinnlich und warm sein kann, beweist die Fotografin in diesem Bild auf das Herrlichste. Die Moschee aus dem Hause Böhm ist eine weitere Hommage an die Sinnlichkeit eines scheinbar schroffen Materials.

BS: Ruppig und maßstabslos wirkt in diesem Bild die Schichtung der Schalen. Im perfekt gesetzten Ausschnitt mit seinen scharf gezeichnet Kanten, lässt das eingefangene Streiflicht die Rundungen nur erahnen und zeigt doch, oder gerade deshalb, die körperhafte und fühlbare Seite der Architektur. Genau so haben wir uns das gewünscht!

Zweiter Preis: (14 Punkte) Cornelia Olligs – Hauptbahnhof

Ein Abendessen für zwei im Restaurant NENI

„Ein Bogen, noch ein Bogen, eine Lampe, eine Uhr. Mehr braucht es nicht, und sofort ist jedem (Kölner) klar, wo das ist. Dazu die Perspektive aus dem Seitengang – so hab ich es vorher noch nicht gesehen. Und wie man aus einem solch hektischen Ort ein so ruhiges Bild zaubern kann, einfach großartig.“

Das sagt die Jury:

CW Die schöne Kölner Bahnhofshalle mal aus einer den zu den Gleisen eilenden Reisenden eher unbekannten Perspektive – quer zum Strom. Ein gutes Auge für die Rundungen setzt außer der Trag- und Schalenkonstruktion auch die Pendelleuchte und die Wanduhr schön in Szene.

UW: Neulich bin ich durch die Halle gehastet, um meinen Zug zu erwischen und trotz der Eile hatte ich ganz kurz die Idee, den Bahnhof zu entrümpeln. Er ist nämlich ein sehr elegantes Bauwerk. Cornelia Olligs hat den Blick gehoben und damit alles Störende ausgeblendet. Was bleibt, ist ebenso abstrakt wie ästhetisch, Uhr und Lampe helfen der Verortung auf sehr subtile Weise.

NG: Wenn alle Werbung, Hektik und Konsumtempel ausgeblendet werden, kommt eine völlig unterschätzte Perle der Nachkriegsmoderne zum Vorschein. Vielen Dank für diese erhellende Perspektive!

BS: Ein abstraktes Bild. Grafisch sehr schön eingefangen tickt die Uhr zwischen den Bögen des Kölner Bahnhofs wie eine Brosche. Spannend der Kontrast aus hell und dunkel, hart und leicht, und gerade das macht den Reiz dieses Fotos aus.

Dritter Preis (9 Punkte): Barbara Schoog – Treppenhaus Ebertplatz

Das Buch „Bauschmaus“ ein kulinarisch architektonisches Rätselbuch von Katharina Empl, Marie-Jeannine Félix, Maximilian Huber, Susanne Huber, Andreas Wittmann, erschienen bei dva

„Die Treppen habe ich in 2017 am Ebertplatz aufgenommen……ein schwieriges Jahr für den Platz…doch um ihn herum gibt es unverhofft architektonische Schönheit…“

Treppenhaus am Ebertplatz © Barbara Schoog

Das sagt die Jury:

CW: Was für ein tolles Bild! Das Motiv des runden Treppenauges lässt auch mich immer wieder gerne zur Kamera greifen, und so hat mich dieses Foto sofort für sich gewonnen. Die Fotografin beherrscht beeindruckend das spannende Spiel mit Kontrasten: schwarz und weiß, Licht und Schatten, Nähe und Tiefe, flächige Strukturen und filigrane Linien, horizontale Zentrierung und vertikale Exzentrizität, Schärfe und Unschärfe. Vermutlich eher spontan aufgenommen mit einem Mobiltelefon zeigt sich zudem mal wieder, dass die beste Kamera stets die ist, die man dabei hat. Gratulation!

CH: „Das Foto des Treppenhauses gefällt mir, da es die Atmosphäre des Unendlichen und das Mystische einer Spindeltreppe auf den Punkt bringt. Der Bildausschnitt und die Reduktion auf das Schwarz und Weiss verstärken den Eindruck von Zeitlosigkeit. Das Foto erinnert mich an die verschachtelten die Bildwelten des Künstlers M.C. Escher.“

Vierter Preis (8 Punkte): Ute Reschenberg – Treppenauge

Das Buch „Southern Street“ von Stefan Boness, erschienen im JOVIS Verlag

Treppenauge © Ute Reuschenberg

„Ein zartes Treppenauge der 50er Jahre, zufällig in einem eher unscheinbaren Geschäftshaus am Neumarkt entdeckt. Die 50e Jahre feierten Treppen, daher zählen die Gebäude der Wiederaufbauära zu meinen Lieblingsobjekten. Dies Treppenauge ist einfach durch die grafische Wirkung seiner filigranen Linien besonders schön, ein perfektes Abbild der damals herbeigesehnten Leichtigkeit.“

Das sagt die Jury:

BS: Eleganz und Festlichkeit strahlen viele Gebäude des Wiederaufbaus aus und die Freude daran endlich wieder bauen zu können. Genau wie dieses filigrane Treppenauge, das Ute Reuschenberg mit diesem Foto perfekt in Szene setzt. Genau in die Achse trifft die Spitze des Ovals und wie der elegante Schwung des Geländers virtuos von rechts kommt und sich ins helle Licht des Himmels schraubt, ist grafisch und bildnerisch einfach schön.

NG: Treppenaugen zu fotografieren ist zwar nichts Neues, aber die Formensprache der 50er Jahre Architekturkommt wunderbar zum Ausdruck und: ab und zu nach oben schauen lohnt sich!

Fünfter Preis (6 Punkte) Eugenio Catalano – Keramion

Das Buch „Snapshot“ von Ansgar und Benedikt Schulz, erschienen im JOVIS Verlag

Das Keramion von Neufert in Frechen © Eugenio Catalano

„Das Keramion von Neufert, leider in Vergessenheit geraten.  (Handy-Schnellshot)“

Das sagt die Jury

CH: Das Foto des Dachrandes des Keramions gefällt mir, da es die architektonischen Möglichkeiten des Runden, des Bogens und des Kreises zeigt. Der Übergang von Natur und Gebäude wird im gewählten Ausschnitt sehr präzise herausgestellt.

BS: Wie ein überdimensionaler Hut oder eine Töpferscheibe schwebt die dünnwandige Dachkonstruktion auf dem Polygonzug der Glaselemente. Ein wunderbar dynamisches Foto, das trotz der Unschärfe einen Punkt verdient hat.

Die weiteren Teilnehmer:

4 Punkte: Stephan Tschapp – Treppenhaus MAKK

Das Foto zeigt die wunderschöne Treppe im für Museum für Angewandte Kunst Köln. Aufgenommen beim Besuch der Ausstellung „Andy Warhol – Pop goes Art“

Treppenhaus im MAKK © Stephan Tschapp

Das sagt die Jury:

UW: Treppen hatten wir viele, Kuppeln auch. Dass sich die beiden Stars des Rundbaus hier in einem Bild so harmonisch vereinen ist das Vermächtnis von Rudolf Schwarz, aber auch von Stephan Tschapp, der einen Standpunkt gefunden hat, an dem er mit der Geometrie der Bauteile eine meisterlich-konstruktivistische Zeichnung anfertigen konnte.

NG: Statt eines platten Fotos der bloßen Kuppel hat sich der Fotograf hier für eine Komposition aus Linien, Strichen, Punkten, Schatten und Lichtern entschieden. Ist es ein Treppenfoto oder vielleicht doch eine Anlehnung an die Gemälde von Kandinsky?

4 Punkte: Cordula Schulze – Treppenhaus Agrippabad

„… zwei Ansichten des fröhlich-sinnlichen Treppenhauses des Agrippabads im Griechenmarktviertel. Der Bau entstand 1956 bis 1958 nach Plänen von Hansotto Schaefler und Wolfgang Bleser. Ich war hingerissen von der Strahlkraft der Farben und Eleganz der Rundung. Ich finde, dass das Treppenhaus die Aufbruchstimmung der beginnenden Wirtschaftswunderzeit nach dem Krieg immer noch schön transportiert.“

Treppenhaus Agrippabad © Cordula Schulze

Das sagt die Jury:

UW: FARBE! Ja, und Kurven auch. Als wir dringlichst auf ein Foto gewartete haben, das uns wirklich überrascht, kam dieses. Bäng! Vor der blauen Wand – es ist ja ein Schwimmbad – zeigt die Treppe ihre rote Unterseite wie ein Stiletto von Louboutin – sehr verführerisch. Von Cordula Schulze sehr sachlich eingefangen. Cool! (Nur oben und unten hätte ich mir einen Zentimeter mehr gewünscht…)

4 Punkte: Chris Franken – Gerling Rundbau

„Da ich in der ehemaligen Gerling-Konzernzentrale schon die wunderbarsten Bilder angefertigt habe, bin ich natürlich auch beim 25hourshotel vorbei. Darum mein diesjähriger Beitrag zum Fotowettbewerb.“

Gerling Rundbau © Chris Franken

Das sagt die Jury:

CH: Das Foto des Gerling Rundbaus gefällt mir, da es in der Zentralperspektive präzise die Möglichkeiten von Geometrie und Ordnung durch ein Gebäude im öffentlichen Raum zeigt. Das Foto richtet den Blick direkt an den Betrachter.

Katrin Plescher – Colonius (3 Punkte)

„Dieses Bild ist ein ‚Schnappschuss‘, der bei phantastischem Februar-Licht (kurz vor Karneval) aus dem Auto entstanden ist. Aus dieser Perspektive hat der Colonius (Baujahre: 1978-1981 Architekt: Erwin Heinle“), als vielleicht zweites Wahrzeichen der Stadt, eine wahnsinnige Dynamik. Da man nur bis unter die Turmkanzel blicken kann und die Antennen nicht sichtbar sind, wird eben dieses sonst sehr technische Erscheinungsbild zugleich stark entkräftet: Ich empfinde es als total spannend, wie sich die Anmutung dadurch verändert und (um in Ihren Worten zu sprechen) sinnlich und grazil dieser Betonkörper in diesem Licht vermag zu sein. Thema also ganz klar: Perspektivenwechsel.

Colonius © Katrin Plescher

Das sagt die Jury:

CW: Grafisch wunderbar in Szene gesetzt! Drei geometrische Komponenten aus dem Dreieck des Astwerks, der Linie des zylindrischen Schafts und des ungewohnt kugelhaft erscheinenden Turmkorbs geben dem Bild die besondere Spannung, untermalt von einem diffusen Himmel, der dem Colonius im Gegenlicht eine geheimnisvolle Aura gibt.

Amandus Sattler, goldener Stuhl (2 Punkte)

„ein bild aus der zeit als ich in köln gelandet bin, um an der hochschule zu lehren. erste eindrücke einer neuen stadt.

… der goldene stuhl mit dem sanften schwung in der aachenerstraße… diese bilder fielen mir gerade auf als ich einen ordner von 2009 geöffnet habe.“

Der goldene Stuhl © Amandus Sattler

Das sagt die Jury:

BS: Der sanfte Schwung des lila Stuhls, der das Thema der Rundung ganz subtil aufnimmt und erst auf den dritten Blick entdeckt wird, fällt aus der Reihe der Einreichungen heraus und genau deshalb mag ich das Bild sehr. Sicherlich hätte die Wahl eines kleineren Bildausschnittes dem Motiv gut getan, deshalb nur 2 Punkte von mir für dieses kölsche Sillleben.

Tobi Sänger – Cologne Oval Offices (2 Punkte)

„dieses Bild zeigt ein auf Instagram sogenanntes „lookup“ von den Oval Offices in der Südstadt. Dieses Bild hat es verdient zu gewinnen, weil es die sinnliche Eleganz der Kurven dieser für Köln einzigartigen Gebäude zeigt und damit thematisch genau ins Schwarze trifft.“

Cologne Oval Offices © Tobi Sänger

Das sagt die Jury:

UW: janeinjaneinjanein… immer wenn ich dort vorbei komme, frage ich mich, ob ich die Oval Offices mag. Meistens doch Nein, weil sie sich wie ein Instagram-Teenie in Position gebracht haben, um fotografiert zu werden. Ironie ihres Schicksals ist, dass Tobi Sänger ausgerechnet das Nichts in ihrer amorphen Mitte eingereicht hat. Und das gefällt mir!

Marlis Schneider – Tankstelle (2 Punkte)

„anbei schicke ich ein foto, das ich an der schon lange leer stehenden tankstelle in der nähe von zoo und flora gemacht habe – sie erfreut mich jedes mal, wenn ich dort vorbei komme, ob ihrer wohlgefälligen proportionen.“

Tankstelle © Marlis Schneider

Das sagt die Jury:

NG: So zart, so bescheiden und doch so deutlich. Mich spricht die schlichte Geometrie und die zarte Farbkomposition des Fotos besonders an.

red | uw