Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

Menschen, die auf Kirchen starren

Eine moderne Schnitzeljagd vor historischem Hintergrund.

„Lasst jede Hoffnung fahren!“ Schon zum dritten Mal schickt uns Meister Gerhard nun diese SMS. Was auch immer inmitten züngelnder Flammen vor Marias Antlitz emporragt: Wir finden nicht den richtigen Begriff. Moment. Meister Gerhard? SMS? Ja, genau, der Meister Gerhard. Der erste Dombaumeister aus dem Mittelalter hat uns um Hilfe gebeten: Der Teufel soll ihm beim Kirchenbau unterstützen, darf aber keinesfalls erfahren, wie die Wasserleitung aus der Eifel nach Köln geführt wird. Deshalb stehen wir jetzt an der zugigen Ecke, bekommen jede Menge Strafminuten aufgebrummt und wissen nicht so recht, wie es weitergehen soll.

 

Madonnenrelief an einer Hauswand. Foto: Vera Lisakowski
Vor dem Antlitz dieser Maria rankt gar nichts empor. Foto: Vera Lisakowski

 

Bibelfestigkeit hilft

Was wir da machen, ist eine SMS-Rätseltour, mit der wir – ausgehend von der Geschichte um Meister Gerhard – durch die Stadt geführt werden. An den Zwischenzielen muss man ganz genau hinsehen und den gefragten Begriff per SMS zurückschicken. Und genau daran scheitern wir gerade. Dann aber die rettende Idee: Irgendwo in der Anleitung stand, dass man Hinweise erhalten könnte. Das hätte der Meister ja auch mal simsen können. Mit kleiner Hilfestellung ist es dann ganz einfach. Erkannt hatten wir es schon, aber selbst der Klosterschüler in der Gruppe ist nicht bibelfest genug um den exakten Begriff, den aus der Bibel, ungestützt zu nennen.

An die Kommunikation mit Meister Gerhard muss man sich erst gewöhnen, sind seine Wegbeschreibungen doch in lustig altertümlich anmutenden, verschlüsselten Worten. Den „Hof für Eisenrösser“ können wir noch gut einordnen, über die „Herberge, die keine Freude zulässt“ und die „erheiternde Straße“ müssen wir aber länger grübeln. Dann aber freut die Erkenntnis umso mehr, hat sich da doch jemand bei den kurzen Rätseltexten ganz besondere Mühe gegeben.

 

In den Boden eingelassene Plakette mit einem Plan der historischen Altstadt. Foto: Vera Lisakowski
Auch die Stadtmauer birgt eine Rätsellösung. Foto: Vera Lisakowski

 

Entdeckerlust geweckt

„Wow, das hätten wir sonst gar nicht gesehen. Das macht Spaß“, lautet aber auch das Zwischenfazit nach dem Entdecken der ersten Details. Wir kommen uns zwar ein bisschen komisch vor, als Gruppe von vier Erwachsenen und einem Kind mit Ferngläsern auf den Domchor zu starren, aber bei den vielen merkwürdigen Gestalten auf der Domplatte fallen wir nicht weiter auf. Und schließlich zählt nur das Resultat: Ständig antwortet Gerhard uns mit den Worten „Excellent!“ und „Ihr habt Talent!“. Ein gutes Auge – und definitiv auch ein Fernglas – ist also unbedingt notwendig um die Rätselantworten zu finden. In einem Fall, wir geben es ja zu, mussten wir auch Wikipedia konsultieren.

 

Blauer Briefumschlag auf einem Brief mit Siegel. Foto: Vera Lisakowski
Die Rätsel werden nicht nur auf digitalem Weg übermittelt. Foto: Vera Lisakowski

 

Der Rundgang beschränkt sich nicht auf das SMS-Frage-Antwort-Spiel mit Meister Gerhard, sondern führt auch in ein Museum wo „Gefährten, die auf der Seite des Guten stehen“ an der Rätsellösung mitwirken, man muss Lückentexte füllen und Anagramme sortieren. Und im Verlauf der Tour verstehen wir Gerhard immer besser: Wir erraten nun schon aus seinen Texten, was für ein Detail wir suchen und schauen uns am jeweiligen Ort gezielt um. Wir werden aber auch vorsichtiger, überprüfen, ob wirklich dieser Begriff gesucht ist – noch mehr Strafminuten können wir nun wirklich nicht gebrauchen. Das geht sogar so weit, dass die Gruppe der studierten Architektin bei einem architektonischen Begriff nicht traut und lieber den Begleittext zur Kirche konsultiert um nur ja nicht noch einen Fehler zu machen.

 

Hof von Groß St. Martin. Foto: Vera Lisakowski
In diesem Foto verbergen sich gleich zwei Rätsellösungen. Foto: Vera Lisakowski

 

Plötzliches Ende

Immer rasanter wird die Schnitzeljagd mit modernen Mitteln und historischem Hintergrund zum Ende hin, immer schneller finden wir die Lösungen. So schnell dass wir uns bei der letzten Frage noch mal Strafminuten einhandeln – Text im Gefecht gegen die Zeit nur überflogen. Das beschäftigt uns so sehr, dass wir gar nicht merken, dass das Spiel nun vorbei ist. Meister Gerhard dankt den „Wackren“, die es geschafft haben, das Geheimnis des Dombaumeisters bei der Verfolgung durch die Schergen des Teufels zu bewahren. Wie? Das soll es gewesen sein? Der Geschichte fehlt das Ende. Aber besser 1:37 Stunden – 2:07 Stunden mit Strafminuten – Rätselspaß ohne Finale, als dass uns noch der Teufel holt.

 

Vera Lisakowski

 

Planlos.in deiner Stadt“ sind die SMS-Rätseltouren für mehrere Städte überschrieben. In Köln werden zwei verschiedene angeboten. Für 29 Euro pro Gruppe kann man sie über die Website buchen und dann individuell starten.