Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

Wohnzimmer für die Stadt

Der Wettbewerb zur Innengestaltung der Zentralbibliothek ist entschieden. Ab dem 23. Juni werden die drei Siegerentwürfe dort ausgestellt.

In einem Land vor unserer Zeit ging ein Büchereibesuch so: Hingehen, aussuchen, mitnehmen. Vier Wochen später alles wieder zurückbringen und das Ganze von vorn. Die Räume waren voll mit Bücherregalen, vielleicht standen irgendwo ein paar Tische und Stühle. Manchmal gab es Lesungen.

Damit würde man heute keinen Blumentopf mehr gewinnen. Die Kölner Zentralbibliothek aber ergatterte im letzten Jahr zwei wichtige Auszeichnungen: Der Deutsche Bibliotheksverband wählte sie zur „Bibliothek des Jahres“ und Direktorin Dr. Hannelore Vogt wurde Kulturmanagerin des Jahres beim Kölner Kulturpreis, einer Initiative des Kölner Kulturrates. Konzeptionell ist die Zentralbibliothek am Neumarkt ganz vorne mit dabei. Jetzt wird auch die Inneneinrichtung modernisiert.

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So stellen sich die Gestalter von UKW Innenarchitekten aus Krefeld die Eingangsbereiche der Geschosse vor: Eine einfach erkennbare Grundstruktur und Farbigkeit führt den Nutzer durch das Haus. Visualisierung: UKW Innenarchitekten AKNW BDIA

 

Öffentliches Lernen

Von der einfachen Ausleihe hat sich die Bibliothek gewandelt zu einem öffentlichen Raum des Lernens. Es gibt zum Beispiel workshops zu allen möglichen digitalen Anwendungen, ob man eigene Songs mit dem iPad schreiben will, die Lizenz für einen 3D Drucker erwerben oder eine vollautomatische Nähmaschine bedienen. Der „sprachraum“ bietet niederschwellige Deutschhilfe für Einwanderer.

Die Architekten der 1979 eröffneten Bibliothek waren Franz Lammersen, der auch die Kunsthalle nebenan gebaut hatte, und Franz Löwenstein. Schaufensterfronten erlauben tiefe Einblicke in das Gebäude und laden ein, einzutreten. Die rasterartig angeordnete Beleuchtung unterstützt die Wirkung eines „offenen“ Raums – sie soll auch beim anstehenden Umbau erhalten bleiben.

 

 

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Grundrissentwurf des ertsen Preises: Vier Ortstypen verteilen sich über das Haus: Orte zum Lernen, um sich inspirieren zu lassen, um andere zu treffen und zum Mitmachen. 3.OG Grafik: UKW Innenarchitekten AKNW BDIA

 

Die Möblierung stammt größtenteils aus der damaligen Zeit und passt nicht mehr zu der Bibliothek der Zukunft, wie sie der promovierten Kulturmanagerin Dr. Vogt vorschwebt: „Von der Zonierung her müssen wir unser Haus für die heutigen Nutzer ganz neu denken.“ Es wurden vier Orte definiert, die sich über das Haus verteilen: Orte zum Lernen, um sich inspirieren zu lassen, um andere zu treffen und zum Mitmachen.

 

Innenraum-Wettbewerb

Im Oktober 2015 startete der europaweite Wettbewerb zur Neugestaltung der Innenräume. Aus anfangs 18 beteiligten Büros, wählte die Jury mit dem Juryvorsitzende Professor Andreas Meck in der zweiten Phase vier aus, die ihre Entwürfe weiter ausarbeiteten. Anfang Juni fiel die Entscheidung. Der 1. Preis ging an UKW Innenarchitekten GbR aus Krefeld, die auch schon die Inneneinrichtung der dortigen Stadtbibliothek planten. Marina Stankovic Architekten BDA aus Berlin erhielten den 2. und Mecanoo International aus Delft den 3. Preis. v-architekten gmbh aus Köln waren das vierte an dieser Runde beteiligte Büro.

„Der Entwurf (UKW Innenarchitekten) zeigt eine gute Balance zwischen der Präsentation der Stände und den Freiflächen, die unterschiedliche Funktionalitäten erfüllen können,“ sagt Dr. Vogt. Laut und leise, aktiv und passiv, Gruppe und Einzelbesucher: Die Zonen sollen die gewünschten Qualitäten widerspiegeln „ohne dass wir Schilder anbringen müssen“ und dennoch flexibel nutzbar sein.

„Im Innenraum führt eine einfach erkennbare Grundstruktur und Farbigkeit den Nutzer durch das Haus. Das Café im Erdgeschoß sorgt für Lebendigkeit. Zusammen mit den atmosphärisch ruhigen Bereichen und der Cloud im Foyer wird die Bibliothek in der Stadt zum Wohnzimmer für die Nutzer,“ erläutert Jochen Usinger von UKW Architekten.

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Es kommen immer mehr Nutzer, und sie bleiben immer länger. Dem Aufenthalt wurde im neuen Konzept mehr Raum gegeben. Neben der Medienpräsentation auf Regalen entstehen viele Freiflächen, die flexibel genutzt werden können. 1.OG Grafik: UKW Innenarchitekten AKNW BDIA

 

Ein Innen ohne ein Außen

Die Innenarbeiten beginnen 2018 und werden bei laufendem Betrieb etwa vier Jahre dauern. Schon jetzt steht fest, dass das Gebäude danach auch von außen saniert wird; insgesamt sollen sich die Kosten auf 40 Millionen Euro belaufen. Für den gesunden Menschen-, bzw. Architektenverstand wäre eine einheitliche Planung für die gesamte Maßnahme das logische Vorgehen gewesen. Die Kölner Gebäudewirtschaft hat da aber ihre eigenen Vorstellungen und ließ die Planung für die Außensanierung abgekoppelt vom Innenraumdesign intern vornehmen. Wir dürfen auf die Schnittstellen gespannt sein.

Ira Scheibe

 

Weitere Infos

24. Juni bis 9. Juli 2016
Ausstellung der drei Siegerentwürfe, Zentralbibliothek am Neumarkt (Erdgeschoss) vom

Vernissage am Donnerstag, 23. Juni 2016, 18 Uhr, mit Jurymitgliedern und Vertretern der Preisträgerbüros

 

Öffnungszeiten:

Montag, Mittwoch, Freitag: 10 bis 18 Uhr

Dienstag, Donnerstag: 10 bis 20 Uhr

Samstag: 10 bis 15 Uhr

 

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