Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

Viele kleine Elemente bilden eine Einheit

Kitapreis NRW 2014 auch für Kölner Einrichtungen

Zum ersten Mal vergaben das Land Nordrhein-Westfalen und die Architektenkammer NRW einen Preis zur Auszeichnung besonders gelungener Kindertageseinrichtungen. Aus 151 eingereichten Arbeiten wählte eine unabhängige Jury 17 vorbildliche Kindergärten und Kindertagesstätten für den „Kitapreis NRW 2014″ aus.

17 von 151

Auch die Kita meines Vertrauens wird derzeit erweitert: Um dem großen Zulauf und der erhöhten Nachfragen vor allem nach U3-Plätzen gerecht zu werden, erhält die Einrichtung zwei neue Gruppenräume. Doch so schön das auch klingen mag, ist der Bau nicht nur positiv zu bewerten. Die Architekten integrieren die Erzieher und Kita-Leitung nicht in den Entwurfsprozess, so dass das neue Raumangebot mit der alltäglichen Arbeit nicht einher geht. So mag die Architektur auch qualitätvoll sein, doch für eine solch spezielle Nutzung braucht es große Empathie für die Bauaufgabe und ihre großen und kleinen Nutzer. „Die Bauaufgabe Kindergarten oder Kindertagesstätte ist grundsätzlich von hoher Bedeutung, formt sie doch die Lebenswelt unserer Jungen und Mädchen in einem jungen Alter“, betont auch Kammerpräsident Ernst Uhing. „Vor dem Hintergrund des Rechtsanspruchs auf einen Kita-Platz für Unter-Dreijährige kommt dieser Bauaufgabe gegenwärtig eine besondere Bedeutung zu.“

Bei kaum einem Bauvorhaben wird so viel diskutiert wie bei Kindergärten, bei kaum einer Bauaufgabe können Architekten so viel falsch machen. Wo und dass diese Herausforderung manchmal aber auch gelingt, zeigt der Kitapreis NRW 2014. Eine unabhängige Jury wählte 17 „vorbildliche Kindergärten und Kindertagesstätten“. Die Kriterien, nach denen die Jury urteilte, waren: Aufenthaltsqualität (Elementarpädagogische Nutzungs- und Aufenthaltsqualität, Funktion), Gestaltungsqualität (Städtebauliche Einbindung, Architekturqualität, Qualität des Innenraums, Qualität des Außenraums) und Planungsqualität (Qualität im Planungsprozess, Wirtschaftlichkeit, Ökologie).

Und das sind die Kölner Preisträger

Zwei der Auszeichnungen gehen auch nach Köln. Eine davon an das Kinderhaus der Universität zu Köln von Böttger Architekten BDA, Köln. Es handelt sich um ein regelrechtes Kinderdorf für ca. 250 Kleinkinder, das auf der Idee der Reggio-Pädagogik basiert. Die klassische Aufteilung in Gruppen- und Gruppennebenräume wird hier zugunsten verschiedener Funktionsbereiche aufgebrochen. Böttger Architekten gliederten das Konzept des Raumprogramms in vier differenzierte kubische Baukörper und erreichten so eine „angenehme Maßstäblichkeit“ der Gesamtanlage, lobte die Jury in ihrer Begründung. Ebenso positiv bewertet wurde die umfangreiche Beteiligung von Pädagogen am Entwurfsprozess und die ausschließliche Verwendung biologisch unbedenklicher Materialien.

Ein Preis ging an das Kinderhaus der Universität zu Köln von Böttger Architekten BDA, Köln.
Kinderhaus der Universität zu Köln Architektur: Böttger Architekten BDA, Köln Foto: Böttger Architekten BDA, Köln

Die zweite prämierte Kölner Kita ist die Kindertagesstätte „Im Kamp“ von 3pass Architekt/innen Stadtplaner/innen Koob.Kusch BDA, Köln, die sich am Ortsrand von Köln-Widdersdorf befindet. Das Gebäude ist in Massivbauweise mit Sichtbetonelementen und zum Teil farbigen Gläsern erstellt. Die integrative Nutzung der fünzzügigen Einrichtung wird durch durchgehend barrierefreie Bauweise mit zusätzlichen Einrichtungen für behinderte Kinder erreicht. Hier lobte die Jury die städtebauliche gelungene Situation: Die expressive Gestaltung des neuen Gebäuderiegels führt zu einer eindeutigen Adressbildung und ermöglicht die Identifikation mit dem Ort. Dies gelte umso mehr, als die Fassaden in kindgerechtem Maßstab ohne Rückgriff auf Stereotype gestaltet sind. Auffallend war auch die zweigeschossige zentrale Erschließungszone mit zahlreichen Blickbeziehungen und viel Platz zum Spielen. „Das Projekt zeigt, dass ein ausführlicher Planungsprozess, die Entscheidung für hochwertige Materialien und eine sorgfältige Detaillierung beste Voraussetzung für nachhaltige Architektur darstellen“, so die Jury.

 

Die zweite prämierte Kölner Kita ist die Kindertagesstätte „Im Kamp“ von 3pass Architekt/innen Stadtplaner/innen Koob.Kusch BDA, Köln.
Kindertagesstätte „Im Kamp“, Köln Architektur: 3pass Architekt/innen Stadtplaner/innen Koob.Kusch BDA, Köln Landschaftsarchitektur: Lill + Sparla Landschaftsarchitekten, Köln Foto: Constantin Meyer Photographie, Köln

 

Und noch ein Preis für JSWD

Weiter hervorzuheben ist auch die Kita Miniapolis im Thyssen Krupp Quartier, Essen vom Kölner Büro JSWD Architekten zusammen mit Chaix & Morel et Associés aus Paris. Auf dem offenen und durchgrünten Campus von ThyssenKrupp in Essen entstand als erster Baustein des zweiten Bauabschnitts eine Kindertagesstätte für rund 100 Kinder in sechs altersgemischten Gruppen. Das Betreuungsangebot steht den Mitarbeitern von ThyssenKrupp, aber auch anderen Familien aus Essen offen. Die Jury lobte die „städtebauliche und funktionale Errichtung an einem von der großmaßstäblichen Bürobebauung abgerückten Standort in parkartigem Umfeld“. Die klare Grundrissstruktur mit differenzierten Raumangeboten und sinnvoll genutzten Verkehrsflächen bildet die räumlichen Anforderungen der Reggio-Pädagogik überzeugend ab. Außerdem hervorgehoben wurde das zurückhaltende, harmonische Farbkonzept und die sauber detaillierten räumlichen Einbauten, die vielfältige Aus- und Durchblicke ermöglichen. Der ebenso sorgsam gestaltete Freiraum mit abwechslungsreichen Spiel- und Rückzugsbereichen unterstreiche die hohe Architekturqualität.

„Architektur für Kinder zeichnet sich dadurch aus, dass viele kleine Elemente eine Einheit bilden“, erklärte Prof. Zimmermann sein Verständnis der Bauaufgabe. Der Frankfurter Architekt hat mit seinem Büro „raum z architekten“ selber bereits eine Vielzahl von Kita-Bauten realisiert. Als Vorsitzender führte er die Jury durch ein anspruchsvolles Auswahlverfahren. Weitere Mitglieder der Jury waren unter anderem Dietmar Dieckmann, Leiter der Zentralabteilung des Ministeriums für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport des Landes NRW, Ernst Uhing, Präsident der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen, Prof. Rolf Egon Westerheide vom Lehrstuhl und Institut für Städtebau und Landesplanung der RWTH Aachen oder aber Stadtdirektor Hartwig Schultheiß aus Münster

In drei Rundgängen hatte diese Jury 20 Objekte ausgewählt, die Anfang Juli in Bereisungen und intensiven Recherchen überprüft wurden. Letzten Endes wurden 17 Bauten für den ersten Kitapreis NRW ausgewählt. Alle ausgezeichneten Kitas liegen in Nordrhein-Westfalen und wurden im Zeitraum zwischen dem 01.01.2008 und dem 09.05.2014 fertiggestellt. Mit der Auszeichnung wollen das Land Nordrhein-Westfalen und die Architektenkammer NRW die Bedeutung der Architekturqualität von Kitabauten herausstellen und ihren positiven Einfluss auf die Lern- und Lebenswelt von Kindern im Alter bis zu sechs Jahren betonen. Zugleich soll das Verfahren Träger von Kindertageseinrichtungen anregen, der baulichen Qualität ihrer Anlagen besondere Beachtung zu schenken.

Alle prämierten Arbeiten finden Sie auf den Internetseiten der AKNW

 

Preisverleihung

Die öffentliche Überreichung der Preise findet am 3. November 2014 um 17.30 Uhr im K21 in Düsseldorf statt. Nach der Preisverleihung werden die Arbeiten in einer Ausstellung präsentiert.

 

Natalie Bräuninger