Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

Gefangen im Raum

Die Künstlergruppe TAAT bringt Architektur und Theater in einer Kirche zusammen.

Es riecht nach Holz. Es ist dunkel. Nur langsam gewöhnen sich die Augen an das geringe Umgebungslicht. Die schemenhaften hellen Flecken stellen sich als Astlöcher heraus. Was man wohl dadurch sieht? Bretter auf der einen Seite, auf der anderen lässt sich ein größerer Raum erahnen. Und eine Säule vielleicht?

Rätselhafte Lichter umgeben den Besucher. Foto: Vera Lisakowski

Rätselhafte Lichter umgeben den Besucher. Foto: Vera Lisakowski

Wer ist der Andere?

Als Besucher der Installation „HALL02“ weiß man natürlich, dass man sich in der Kirche St. Michael am Brüsseler Platz befindet. Die Erwartung jedoch, dass sich die klaustrophobischen Holzkammern schon bald in einen großzügigen Kirchenraum öffnen, wird lange enttäuscht. Einen Parcours aus unterschiedlich großen und unterschiedlich dunklen Räumen haben der niederländische Theatermacher Gert-Jan Stam und der belgische Architekt Breg Horemans in die Kirche gebaut. Es ist ein „Theaterstück das ein Gebäude ist, oder ein Gebäude, das ein Theaterstück ist“, erklärt Gert-Jan Stam, und fügt an: „Ein Theaterstück für zwei Personen.“ Doch wo ist diese zweite Person? Man hört jemand anders, sieht ihn jedoch nicht. Versucht ihn zu erspähen, erhascht einen Eindruck durch Schlitze in den Holzwänden. Soll man mit dem Gegenüber reden? Aber worüber spricht man mit einem völlig Unbekannten. Am besten wohl über eine konkrete Problemlösung: Wie ist diese Tür zu öffnen?

Kirchensäule im Holzkäfig in der Installation "HALL02". Foto: Vera Lisakowski

Kirchensäule im Holzkäfig in der Installation „HALL02“. Foto: Vera Lisakowski

„Wir schaffen das!“

„Der Moment, in dem man beginnt, mit dem Partner zu kommunizieren, bringt Ruhe, die Gewissheit ‚wir schaffen das'“, berichtet Karmen Frankl, Mitkuratorin von Art & Amen, nachdem sie die Installation zum ersten Mal begangen hat, „die Räume an sich kann man aber introspektiv wahrnehmen.“ Und das ist wohl auch das Ziel der Macher: sich selbst zu beobachten in einer ungewohnten Situation und im Umgang mit einem Fremden. Eine „körperliche Hier-und-Jetzt-Erfahrung“ nennt das Gert-Jan Stam und zieht da auch den Querbezug zur Kirchenhülle: Es entstünde eine meditative Konzentration. Interessant an der Kirche als Ort für die Installation ist für Stam vor allem, dass so viele Assoziationen dazu existierten. Sonst sei der umgebende Raum für ihre Projekte nicht wichtig – das nächste werde zum Beispiel in einem Museum stattfinden.

Der Innenraum von St. Michael am Brüsseler Platz. Foto: Vera Lisakowski

Der Innenraum von St. Michael am Brüsseler Platz. Foto: Vera Lisakowski

Die Wirkung der Kirche

Und doch wurde die Kölner Installation von einem zweitägigen Workshop im Juni vorbereitet. Mit fünf Theatermachern und fünf Architekten aus Köln wurde der Ort erkundet und der Pfarrer angehört. Es wurden erste Eingriffe in der Kirche vorgenommen und dann beim Mitveranstalter Studiobühne weiterentwickelt. „Welche Wirkung hat die Kirche auf den Besucher, auch wenn er die Kirche gar nicht sieht?“, könnte eine der Fragen lauten, die die Installation stellt. „Man erkennt zwischendrin bekannte Gegenstände, wie einen Kerzenständer, und fühlt sich gleich wohler“, beantwortet Karmen Frankl diese Frage für sich, „es ist auf jeden Fall interessant, den Einbau in den Kirchenraum zu bringen.“

Auch dann, wenn man ganz zum Schluss wieder in den großzügigen Kirchenraum könnte, ihn schon sieht. Und doch zögert, sich selbst zu befreien. „Das ist wie bei einer Heldenreise“, erklärt Gert-Jan Stam, „der Held hat so viel erlebt, was die Daheimgebliebenen nicht erlebt haben. Es ist schwer für ihn, wieder zurückzukommen in eine normale Welt.“

 

Vera Lisakowski

 

„HALL02“ ist eine Produktion von Studiobühneköln, Art&Amen, Planproject, Theaternacht Köln, Stichting SoAP und TAKT/ Dommelhof. Die Installation ist bis einschließlich 2. Oktober zu sehen, Einlass nur nach Voranmeldung unter 0175-4486552.

1 Kommentar

Die Wanderungen von unterschiedlichen Wesen und die sinnlosen Versuche, soe zu beinflussen durch Einsperren und Absperren, was für eine gelungene Metapher – auch für unsere bewegte Zeit.