Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

Siebengebirgswohnen in 1a -Lage?

Der Umbau des Getreidespeichers hat begonnen.

Orte, die über die wechselhafte Geschichte einer Stadt erzählen, sind meist Ort an denen bei Neuplanungen besonders viel Phantasie gefragt ist. So auch im Kölner Rheinauhafen, dessen Charakter eng mit dem 1908/1909 vom Kölner Architekten Hans Verbeek errichteten Speicherhauses, das wegen seiner zur Stadt hin sieben Spitzen zählenden Giebelfassade, schnell den Spitznamen „Siebengebirge“ erhielt, verbunden ist.

Nach leidenschaftlich geführten Diskussionen und lange vor sich hin dümpelnden Planungsverfahren sind die Abbrucharbeiten auf dem Gelände des Rheinauhafens nun weitgehend abgeschlossen und die ersten Neubauten nehmen Konturen an. Auf insgesamt 29 Baufeldern wird die historisch gewachsene Hafenstruktur der Speichergebäude, durch neue Gebäude ergänzt. Knapp ein Drittel der Bausubstanz steht unter Denkmalschutz und wird restauriert und umgenutzt. So auch der Siebengebirgsspeicher, der mehr als 100 Jahre dem Rheinauhafen sein Gesicht gab. Auf der diesjährigen Immobilienmesse MIPIM in Cannes stellte das für die Sanierungsmaßnahmen verantwortliche Kölner Büro Professor Kister, Scheithauer, Gross gemeinsam mit der Vermarktungsgesellschaft das Projekt vor.

Im Rahmen dieser Umgestaltung werden auf 11.000 Quadratmetern rund 100 Eigentumswohnungen entstehen. Hinzu kommen 8.000 Quadratmeter für Büros, Geschäfte und Ausstellungsflächen, weitere 4.000 Quadratmeter für 110 Tiefgaragen. Die Bauarbeiten haben soeben begonnen, bereits 2004 sollen die ersten Nutzer einziehen. Fertig sein soll das gesamte Bauprojekt 2005.

Für die Architekten, die einen Investorenwettbewerb für sich entscheiden konnten, ist die Planung eine Gradwanderung zwischen dem Erhalt der historische Substanz und der zeitgemäßen Revitalisierung der denkmalgeschützter Anlage. Zentraler Aspekt und Konzept der Sanierung ist die ?Interpretation der Bausubstanz“, so die Architekten. Dabei wird vor allem die Umgestaltung der liegenden Fensterformate die Proportionalität des Gebäudes wirksam verändern, denn die vorhandene Öffnungsgröße, mit einer Brüstungshöhe von 1.10 Meter wird kaum den Ansprüchen einer Klientel genügen, die bereit sind 5000 Euro pro Quartratmeter für die angesagte Adresse zu zahlen.

Das Nutzungskonzept für die denkmalgeschützten Subtanz reagiert auf die Vorwürfe der Kritiker, die Wohnungsdichte im zukünftigen Rheinauhafen sei zu gering um ein urbanes Stadtviertel entstehen zu lassen. So wird der Komplex nach der Sanierung 60 % Wohnen und 40 % Büro- und Verkaufsraum im ersten und zweiten Geschoss zur Verfügung stellen. Die Wohnungsstruktur, in dem teilweise 22 Meter tiefen Gebäude ist durchweg zum durchwohnen konzipiert, die Typologie jedoch noch offen, denn die momentanen Planungen stellen zunächst nur Optionen dar. Flexibel soll auf Käuferwünsche eingegangen werden. Von ?klassischer Raumaufteilungen, über Apartments, Lofts und zweigeschossige Penthäuser alles denkbar“, so die Immobilienfirma. Wie die sensible Subtanz auf zu viel Flexibilität reagiert, wird erst die Zukunft zeigen.

Als Nachbar des Siebengebirgsspeichers wird am südlichen Ende ein 130 Meter lang und 40 Meter hoher Gewerbebau des Kölner Architekturbüros KSP Engel und Zimmermann andocken. Dem sogenannten „Kap am Südkai“ werden auf neun Geschossen samt Dachgarten 12.000 Quadratmeter Nutzfläche zur Verfügung stehen.

Das städtebauliches Grundkonzeptes ist auf den Wettbewerbsentwurf des Hamburger Büros Bothe Richter Teherani von 1992 zurückzuführen. Private Investoren wollen den Rheinauhafen zu einem modernen Quartier für vielfältige Zwecke umbauen. Auf rund 235.000 Quadratmetern Nutzfläche sind 30 Prozent Wohnen, 40 Prozent Büros und 30 Prozent kulturelle Einrichtungen geplant. Auffälligstes architektonisches Merkmal des mehrfach überarbeitete Plans sind drei sechszehngeschossige „Kranhäuser“. Als städtebauliche Dominanten gliedern sie die langgestreckte Landzunge und werden den Siebengebirgsspeicher als städtebauliche Landmarke ablösen. bs