Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

ICE-Terminal Deutz

Ein offener Brief des BDA an Oberbürgermeister Fritz Schramma.

Sehr geehrter Herr Schramma,

mit großer Sorge betrachten wir die Entwicklung um den ICE-Terminal in Köln-Deutz.

Nachdem aus dem Wettbewerb ‚ICE-Terminal Deutz’ eine überzeugende städtebauliche Lösung hervor gegangen ist, wird diese Schritt für Schritt all jener Qualitäten beraubt, die für die Zuweisung des 1. Preises verantwortlich waren.

-Das große Bahnhofsdach wird zur architektonischen Geste degradiert, nachdem es seiner

ursprünglichen Funktion als Dach und erlebbarer Raumabschluss für a l l e

Bahnhofsebenen beraubt wurde.

-Der letzte Entwurf zum Bebauungsplan zeigt eine Veränderung bezüglich Größe, Stell-

ung und Standort der Hochhäuser. Sie sind massiger und höher geworden, sämtlich mit

den Breitseiten zum Rhein orientiert, so dass der Dom vom Rechtsrheinischen her aus

vielen Blickrichtungen verstellt wird. Die ursprüngliche Konstellation einer untereinan-

der in räumlicher Beziehung um das Bahnhofsdach stehenden Hochhausgruppe ist einer

scheinbar zufällig dahin gewürfelten Konstellation gewichen.

-Die 2-geschossigen Bebauungsstrukturen der Hochhaussockel auf der Messeseite führen

nicht zu der gewünschten räumlichen Geschlossenheit und Urbanität sondern erzeugen

den Charakter ungegliederter Gewerbegebiete.

-Der Wettbewerbsentwurf verbindet die untere Verteilerebene des Bahnhofs mit einem

städtebaulich überzeugend gestalteten Zugang zum Messebereich.

Auf den Plänen des letzten B-Planentwurfs ist hiervon nichts mehr zu sehen. Der Bahn-

Hofsvorplatz und neue Messezugang auf der Nordseite der Gleistrasse verkümmert durch

die ungeordnete Gebäudestellung zur Restfläche ohne jegliche Qualitäten. Der Zugang

zur Messe geschieht eher beiläufig über ein Schlupfloch und wird durch bauliche Massen

kaum akzentuiert. Die Chance, dem viel beschworenen „Tor zur Messe“ in Verbindung

mit dem ICE-Terminal einen baulichen Ausdruck zu geben, wird kläglich vertan.

Wie kann es geschehen, dass ein einmal prämierter Wettbewerbsentwurf derart zerzaust als B-Plan zur Diskussion gestellt werden kann?

Weder die Wettbewerbsgewinner noch andere kompetente Städtebauer und Architekten werden zur Zeit an den Entscheidungsprozessen nach dem Wettbewerbsverfahren aus-reichend beteiligt.

Wenn neben der Stadt nur die Interessen von Hochbauinvestoren, Messe AG und DB AG bei der Weiterentwicklung des Wettbewerbsentwurfs im Vordergrund stehen, so nimmt es nicht Wunder, wenn die übergeordnete städtebauliche Betrachtungsweise zu kurz kommt.

Wir bitten Sie, dafür Sorge zu tragen, bei den jetzt anstehenden Entscheidungsprozessen

kompetente Fachleute ein zu binden, die für die Steuerung des Projektes in räumlicher und

gestalterischer Hinsicht Verantwortung tragen.

Wir bitten die für das Projekt ICE-Terminal Verantwortlichen aus Verwaltung und Politik zu einer Entscheidungs- und Planungskultur zurück zu kehren, die der Bedeutung dieses

Jahrhundert-Projektes entsprechen.

Sollte jetzt versäumt werden, die städtebaulichen und architektonischen Gesichtspunkte im anstehenden Verfahren ausreichend zur Geltung zu bringen, so wird die große Chance ver-tan, das Bild der Stadt als Ganzes über den Ort des ICE-Terminals entscheidend auf zu werten.

Mit freundlichen Grüßen

Karlernst Vetter, Rolf Austerschmidt, Christian Schaller, Michael Naumann, Rolf Peiter Wolfgang Becker, Matthias Lill , Günther Reich