Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

plan01: Stadtzeichen für die Schäl Sick

Plancamp: Nachdenken über neue Stadtzeichen

Zeichen zu entwerfen, die Orientierung im komplexen Gefüge heutiger Stadtregionen ermöglichen und gleichzeitig Identifikationsangebote nach Innen und Außen schaffen, dieses Thema beschäftigt Architekten und Stadtplaner seit langem.

Alte Symbole werden da schnell zu Entwicklungsbremsen. So wie derzeit in Köln. Zu sehr scheint man dort durch den Dom auf ein Image festgelegt, das auf rheinischem Katholizismus, Karneval und sumpfigen Entscheidungsstrukturen gründet. Eben dieses Bild sichert der Stadt zwar beachtliche Besucherströme. Es behindert aber die Wahrnehmung des neuen Lebensgefühls, das sich im letzten Jahrzehnt rund um Kunst- und Musikszene sowie Medienwirtschaft entwickelt hat. Auch die in traditioneller Konkurrenz zum Zentrum stehenden rechtsrheinischen Stadtbezirke fühlen sich im Bild der „Domstadt“ nicht mehr ausreichend repräsentiert.

„Stadtzeichen als charakteristische urbane Merkmale für die rechtsrheinischen Teile Kölns“ zu entwerfen, dies war das Ziel des plancamps, eines Workshops im Rahmen der Architekturwoche plan01, an dem Architekten, Landschaftsplaner und Künstler aus Köln, Berlin und Amsterdam teilnahmen. Zwei Tage lang bemühte man sich, doch bei der Präsentation der Ergebnisse wurde deutlich, wie schwer die Aufgabe den Teilnehmern gefallen war. Lag es an der Befangenheit der v.a. einheimischen Architektenschaft, lag es am Fehlen ausgebildeter Stadt- und Regionalplaner? Der lange Schatten des Domes reichte jedenfalls bis weit auf die andere Rheinseite und lag bleiern auf dem eindrucksvollen Magazingebäude in Köln-Mülheim, dem zentralen Veranstaltungsort des diesjährigen „Forums aktueller Architektur in Köln“.

Ganz in der Nähe dieses Baus liegen auf brachgefallenen Industrie- und Hafenflächen sowie mit Messe und geplantem ICE-Haltepunkt die Entwicklungspotenziale Kölns für das nächste Jahrzehnt. Teile der Musikszene wandern wegen der hohen Mieten in den gründerzeitlichen Innenstadtrandlagen schon seit einiger Zeit in die ehemaligen Arbeiterviertel von Mülheim und Kalk mit ihren ungeordneten, dafür aber nutzungsoffenen Strukturen ab. Genug Material also für Ideen und Konzepte. Die Kölner Workshop-Teilnehmer kamen jedoch über kleinteilige Vorschläge wie Platzgestaltungen (Stefan Schmitz, Ute Reeh) oder die Attraktivierung von Gleisflächen (Reinhard Angelis) nicht hinaus. Sinnvolle und auch gestalterisch teils gut gelöste Ansätze, die aber keine Antwort auf die grundsätzlichere Fragestellung des plancamps lieferten.

Dass solche Antworten durchaus möglich sind, wurde aus zwei Richtungen gezeigt, die sich auf ganz unterschiedliche Weise mit dem Kontext auseinandersetzen. Befreiend die konzeptionelle Annäherung des Niederländers Mark Linnemann an die Chancen und Potenziale des Rechtsrheinischen: unbelastet von antagonistischen Animositäten aber dafür mit scharfem analytischen Blick begriff er den Rhein als eigentliches Stadtzentrum und schlug vor, gegenüber dem steinernen Dom- und Altstadtufer ein „teilweise schon vorhandenes“ grünes Deutzer Ufer zu profilieren, mit zeichenhaften Nutzungen, die die neue Stadtkultur repräsentieren. Er entwarf damit eine pluralistische Vorstellung von Stadtzeichen, die auf vereinheitlichende Dominanten verzichtet.

Der Kölner Stadtentwicklungsdezernent Klaus Otto Fruhner stellte dagegen die Technik als Leitbegriff für das rechtsrheinische Köln heraus, abgeleitet aus der Geschichte als Industriestandort sowie aus den ansässigen Institutionen Fachhochschule Köln und TÜV Rheinland. Um sie herum sollen sich neue Nutzungen ansiedeln, aus denen dann auch eigenständige und lokal verankerte Stadtzeichen entstehen können. Dass dies nicht zwangsläufig der geplante Hochhaus-Cluster am neuen ICE-Bahnhof Deutz sein muss, zeigt das Beispiel des sogenannten Köln-Turms im Media-Park, der trotz seiner regional wirksamen Höhe, eines renommierten Architekten (J. Nouvel) und eines Umfeldes mit Mediennutzungen noch nicht zum Wahrzeichen der Stadt geworden ist. Auch zur sich ständig wandelnden Bedeutung von Zeichen bietet dieser Bau Anschauungsunterricht: die auf die Fassade gedruckte Kölner Silhouette mit dem Schatten eines Flugzeugs wird seit September völlig neu gelesen, als kleine Schwester des World Trade Centers und als Symbol terroristischer Bedrohung.

Stephan Willinger

Dieser Artikel wurde mit leichten Veränderungen aus der Bauwelt 41/2001 übernommen.