Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

plan01: Blaue Brille

Andreas Kopps ‚Gobelin No. IV‘ im Treppenhaus der IHK

Andreas Kopps „Gobelin No. IV“ im Treppenhaus der IHK

Dann war es für die Kinder ein Vergnügen mit den Fingern kleine Fenster und Figuren in die Farbe zu zeichnen. Der Blick nach draußen wurde wieder aufregend und aus den Fenstern leuchteten abends die Strichmännchen.

Etwas Ähnliches hat Andreas Kopp mit der Glasfassade der Industrie- und Handelskammer gemacht. Im Rahmen von plan 01 hat der in Köln lebende Künstler die Verglasung des Treppenhauses kobaltblau gestrichen. In die durchscheinende Farbe hat Kopp (Jahrgang 1959) zeichenhafte Wegmarken aus unserer Entwicklungsgeschichte geritzt: den Jäger mit Pfeil und Bogen, eine mittelalterliche Kogge, das christliche Kreuz, ein Flugzeug…

Tagsüber ist das Treppenhaus jetzt in hellblaues Licht getaucht und schönt den Blick durch den transparenten Filter voller Ornamente und Figuren. So lichtblau zeigt sich der Himmel über Köln nur selten. Und abends glimmt das 1952 entworfenen Gebäude von außen wie ein Lampion.

Wie vollendet (abgeschlossen und unantastbar) muss Architektur sein und wie offen (antastbar und verletzlich) darf sie sich geben? Ist ein Architekturprojekt nur eine zeitverhaftete Antwort auf eine bauliche Problemstellung oder gelingt es ihr über die Zeiten hinweg mit den Menschen zu kommunizieren?

Diese großen Fragen „beleuchtet“ die Fassadenmalerei in der IHK und sie gibt eine kleine Antwort mit ihrem gelungenen Beispiel. Denn Kopp benutzt nicht bloß eine vorhandene Gebäudefläche als Malgrund ohne einen Bezug zur Architektur herzustellen, er wiederholt die quadratische Anlage des verglasten Treppenhauses in seinem Bild und verschließt nicht den Blick nach draußen. Das hat den Effekt, das er die luftige Anlage des Treppenhauses belebend in Szene setzt. So kann sich der Blick auf eine Architektur erneuern, die von der gewohnten Wahrnehmung vielleicht längst vergessen wurde.