Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

Zu viel Streit. Zu wenig Kommunikation.

Beim Montagsgespräch des BDA diskutierten Experten und Politiker die Situation Kölner Plätze und ihrer Gestaltung.

Sieben Herren. Acht Meinungen. Wie geht Köln mit seinen Plätzen um? Das Thema des Montagsgesprächs von vergangenen September aufgreifend stritten sich diese Woche Vertreter von Stadt, Wirtschaft und Architektur auf Einladung des BDA Köln im Domforum über das Thema „Öffentlicher Raum – Platz für die Zukunft“.

Hatte das erste Gespräch noch stärker theoretisch-fachlichen Charakter, versuchte die zweite Diskussionsrunde das Problem konkreter und pragmatischer anzupacken. Doch die vorgetragenen Konzepte für eine neue Platzpolitik waren so unterschiedlich und originell wie die Schubladen der Stadtplaner voll von Ideen und die Kassen der Stadt leer sind.

Der eine forderte, bei der Entrümpelung der Plätze anzufangen und den Blick auf die Gebäude freizugeben, was zwangsläufig das Beschneiden und Beseitigen von Grünanlagen zur Folge hätte. Ein erster Schritt, sicher. Ein anderer versuchte zunächst einen höherwertigeren Belag für Bürgersteige einzufordern, machte dann Hoffnung, dass mit der neuen Stadtregierung alles anders wird. Ein erstes Versprechen, sicher. Hoffnung? Vielleicht. Der Ruf nach einem Stadtbaumessias, einem Generalintendanten des öffentlichen Raums, international profiliert und Konflikt erfahren, der das Thema Stadtarchitektur als Person verkörpert und so tagtäglich ins Bewusstsein von Rat, Verwaltung und Öffentlichkeit bringt, macht vor allem eines deutlich: Wie sehr die Stadtplanung in der Krise steckt. Die Kehrseite der Medaille mag sein, dass dadurch eine Institution geschaffen würde, an die man Verantwortung delegieren und sich selbst aus der Affäre ziehen kann. Dennoch: Eine publikumswirksame Idee, sicher. Der Architekt der Runde schlug „Lastenhefte“ für Plätze vor: eine qualitative Bestandsanalyse, die Charakter und Funktion des jeweiligen Platzes berücksichtigt und Regeln für eine angemessene und die Stärken berücksichtige Gestaltung setzt statt „kaschierende Niedlichkeit“ zu pflegen. Der Versuch durch systematisches Sammeln von Beweisen Veränderung herbeizuführen und Druck aufzubauen. Sicher der konstruktivste Beitrag. Der Stadtplaner der Verwaltung – sicher kein leichter Stand in dieser Runde – verwies dagegen auf den vorliegenden Raumkantenplan und die in den letzten Jahren umgestalteten Quartiers- und Veedelsplätze. Er stellte zudem konkret die Umgestaltung von Walraff-, Bahnhofsvor- und Lenauplatz noch in diesem Jahr in Aussicht. Die Schwierigkeiten seines Amtes im ständigen Konflikt- und Kompetenzwirrwarr der städtischen Ämter verschwieg er. Ehrenhaft. Er verlässt Köln Mitte Februar.

Eine weitere Strategie in schweren Zeiten, aber auch ein Zeichen der Hoffnungslosigkeit und des mangelnden Selbstbewusstseins ist der Blick auf andere, der Blick über die Grenzen der Stadt hinaus. Der eine Geladene, Baudezernent aus der Moselmetropole, empfahl den Streit als das probate Mittel, das Thema Platzgestaltung aufs öffentliche Tableau zu bringen: Durch eigenwillige und aufregende Aktionen und Architekten die öffentliche Diskussion wachrütteln. Der andere Geladene, privater Unternehmer und Werbeprofi aus der Landeshauptstadt, warb für die Strategie des proaktiven Handelns, die auf die persönliche Verantwortung und Einbindung und die gezielte Verpflichtung von Investoren, Bürgern und einzelner Entscheidungsträger aus Rat und Verwaltung statt auf endlose zerredende Gremiendiskussionen setzt: Fakten schaffen, Plätze besetzen und durch das eigene Beispiel Druck aufbauen: dabei listig und kreativ, mutig und schnell vorgehen.

Was bleibt? Der Eindruck, dass es der Runde gelungen ist, die Defizite und die Krise treffend zu beschreiben und dass Einigkeit darüber herrscht, dass sich nur etwas ändert, wenn es gelingt, Stadtplanung und Stadtentwicklung stärker ins öffentliche Bewusstsein zu rücken und auf die stadtpolitische Tagesordnung zu setzen: Bei Bürgern, bei der Fachöffentlichkeit, im Rat. Architektur beginnt bei Kommunikation über Architektur: Unter Bürgern, in der Fachöffentlichkeit, im Rat – und bei koelnarchitektur.de. Schicken Sie uns Ihre Meinung zum Thema: „Köln und seine Plätze.“

Es diskutierten:

    • Dr. Werner Strodthoff, Journalist, Kölner Stadtanzeiger
    • Karl-Jürgen Klipper, Vorsitzender des Stadtentwicklungsausschuss Köln
    • Paul Bauwens-Adenauer, Vizepräsident IHK Köln
    • Alexander Fischer, Architekt BDA, Vertreter der Aktion „Auf die Plätze …!“
    • Hartmut Hoferichter, Leiter Stadtplanungsamt Köln
    • Peter Dietze, Baudezernent der Stadt Trier
  • Thomas Rempen, Werbeagentur Rempen und Partner Düsseldorf

Es moderierte Jürgen Keimer – Redakteur WDR. Die Organisation lag bei Kai Mettelsiefen, Vorstand BDA.