Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

Köln war eine Verlockung

Interview: Architektur mit Franz-Josef Höing, Dezernent für Stadtentwicklung, Planen, Bauen und Verkehr der Stadt Köln

Herr Höing, musste man Sie locken, um nach Köln zu kommen? wollte koelnarchitektur von Franz-Josef Höing wissen. Denn obwohl sich der neue Baudezernent in seinem letzten Bremer Leben sehr wohl fühlte, gab er der Verlockung nach und kam in die Rheinstadt. Wie es ihm jetzt damit geht und welche Rolle er für und in der Stadt einnehmen möchte, darüber spricht er im Interview: Architektur!

Herr Höing, musste man Sie locken, um nach Köln zu kommen? Und wenn ja, wie?

Josef Höing: Sie wissen ja, in meinem letzen Leben war ich in Bremen Senatsbaudirektor und dort eigentlich ganz zufrieden. Dass ich jetzt in Köln bin, kam dann doch eher unverhofft. Ich muss aber wirklich gestehen, dass die Stadt an sich mich ganz einfach gelockt hat. Köln ist eine der größten deutschen Städte, an vielen Stellen sehr urban und besitzt eine kritische Masse an klugen Köpfen! Zudem hat Köln unglaublich viele Milieus. Hinzu kam natürlich noch der Job, der Last und Lust zugleich ist. Davon gibt es nicht so wahnsinnig viele in der Republik. Und wenn man Stadtplaner ist und Lust hat, an der Gestaltung einer Großstadt mitzuarbeiten, dann musste die Stadt für mich nicht den roten Teppich ausrollen. Richtig kräftig locken musste man mich also nicht, es war eigentlich schon eher eine Verlockung …

Wie sehen Sie sich und Ihre Rolle für die Stadt und ihre Baukultur?

Josef Höing: Auf der einen Seite bin ich innerhalb einer Verwaltung schon ein Stück weit Moderator und Motivator sehr unterschiedlicher Interessen. Auch bin ich Vermittler zwischen Politik und Verwaltung, zwischen Bürgerinteressen und Verwaltung. Ich sehe mich als jemand, der zu Recht zwischen allen Stühlen sitzt und auch als jemand, der versuchen muss, sich in die jeweils andere Rolle hinein zu versetzen und Verständnis für die andere Rolle zu entwickeln. Ich bin aber nicht nur ein reiner Verwalter, sondern ich sehe mich auch als Mitgestalter für die Konturen der Stadt. So wichtig wie der Weg auch ist, ich bin nicht so jemand, der sagt „der Weg ist das Ziel“. Denn am Ende wird man schon auch daran gemessen, dass man die Stadt um ein paar schöne Dinge ergänzt. 51358autostart=TRUE] Motivator

Es braucht jemanden, der sagt, was er will und was er nicht will. Und – vielleicht mag das jetzt etwas arrogant klingen – das maße ich mir einfach mal an … Sicher, man muss dann schauen, welchen Handlungsspielraum man hat, denn ich bin ja auch nur ein Rad im großen Getriebe, aber der Baudezernent muss man schon sagen, was er will. Man sollte sich nicht nur um die Grobmotorik einer Stadt kümmern und – so wichtig es auch ist – nur über die Strukturen und Ziele einer Stadt diskutieren. Sondern nachher auch mit begleiten und runter brechen auf einen architektonischen oder auch freiräumlichen Maßstab.

Welche Projekte interessieren Sie besonders? Wo würden Sie gerne in Ihrer Arbeit ansetzen?

Josef Höing: Man ist da mit den unterschiedlichsten Maßstabsebenen konfrontiert. Es geht schon um grundsätzliche Stadtentwicklungsfragen, die an der Grenze der Stadt nicht unbedingt Halt machen. Denn gerade Köln ist gut beraten – und tut das ja auch – eine intensive Diskussion mit dem Umland zu führen. Denn Köln ist eingebunden in ein großes Städtenetz, in die großen europäischen Infrastrukturlinien. Und auch in diesen Maßstäben muss man über Köln nachdenken. Wie ist die Stadt hier eingebunden? Welche Rolle hat sie? Welche Kooperationen mit den Nachbarstädten bestehen? Und dann kommen natürlich alle anderen Maßstabsebenen darunter – bis hin zum letzten Stein. Ich weiß, dass das ein großer Anspruch ist, aber ich hätte schon das Bedürfnis, nicht nur über das reine Funktionieren der Stadt nachzudenken. Es geht an manchen Stellen um das einzelne Haus, die einzelne Freifläche und das Architektonische. Nicht überall, dafür gibt es einen großen Stab an Mitarbeitern, aber an manchen Stellen muss sich auch ein Stadtbaurat in die kleinen Details einmischen.

So geht es zum Beispiel um das Baustellenmanagement in dieser Stadt oder das Stadtraummanagement – oft Stein des Anstoßes. Ich bin nicht aus dem Norden gekommen, um oberschlau mit der Stadt ins Gericht zu gehen, das steht mir gar nicht zu. Aber man sieht es der Stadt hier und da schon an. Sie ist an manchen Stellen jetzt nicht so gepflegt, wie es ihr eigentlich gut zu Gesicht stünde. Darum muss man sich kümmern. Dazu braucht es organisatorische Strukturen.

Auf der Expo Real 2012 erklärten Sie, dass es nicht mehr um eine Objektdiskussion gehe, sondern vielmehr um die Einbindung der Vorhaben in die Stadt. Sie wünschen sich hier eine enge Abstimmung zwischen Stadt und Investor. Wie lässt sich stadtplanerische Hoheit ausschöpfen und wie kann man Investoren klare Vorgaben machen?

Josef Höing: Da bin ich ja total unideologisch: Die Stadt baut nicht selber. Wir sind darauf angewiesen, dass sich eine Vielzahl von Entwicklern, Investoren und Eigentümern engagieren und diese Stadt weiter bauen. Da bin ich für einen Diskurs auf Augenhöhe. Nicht die Stadt gibt überall den Ton an und macht Pläne und Investoren haben sich daran zu halten, sondern ich bin da sehr unideologisch und für einen offenen Diskurs. Eine Stadt muss sagen, was sie will. Eine Stadt, die nichts will, kriegt auch nichts. So schlicht, wie das klingt, ich glaube, da ist auch etwas dran. Eine Stadt muss auch einen Anspruch formulieren. Und wenn man gute Argumente dafür hat und wenn man die andere Position auch ernst nimmt, dann kriegt man auch etwas hin.

Mir ist es wichtig, dass wir nicht zu objekthaft diskutieren. Denn wenn wir über Städtebau reden, dann reden wir nicht nur über Projekte auf der grünen Wiese, sondern immer über die Veränderung im Bestand. Wir haben Brachflächen, wir haben Lücken in der Stadt – immer in einem umbauten Kontext. Sich damit auseinander zu setzen und der Frage nachzugehen, was fügt sich da ein? Und wie reagiere ich auf die sehr unterschiedlichen Lagen in der Stadt? Und wie schaffe ich es, die Spezifika eines Ortes heraus zu arbeiten? … das treibt mich wirklich um. Die Frage, mit welchem Maßstab an welchem Ort, mit welcher Architektur an welchem Ort, mit welchem Programm an welchem Ort – und das nicht rezepthaft zu machen, sondern sehr präzise – dass ist es, was mich eigentlich umtreibt. 51357autostart=TRUE] Maßstäblichkeit

Meine Rolle ist es, hier nicht zu sagen, so soll es werden, sondern auch ein Stück weit für eine Verfahrenskultur zu werben, zu überlegen, mit welcher Art komme ich denn jetzt zum richtigen Ergebnis. Hier ist meine Erfahrung aus Bremen oder Hamburg, dass wenn man das auf Augenhöhe mit Investoren und Entwicklern und den Bürgern bespricht, auch etwas Gescheites hinbekommt. Der enge Dialog zwischen den Akteuren ist hier sehr wichtig.

Gehen wir einmal weg aus Köln … Haben Sie so eine Art „Lieblingsarchitekten“ oder auch ein „Lieblingsprojekt“ aus dem Bereich Architektur und Städtebau?

Josef Höing: Das kann ich ja in meiner Rolle gar nicht sagen. Denn je nachdem an welcher Stelle ich mich in der Stadt befinde, habe ich andere architektonische Vorlieben. Darin sehe ich auch meine Aufgabe: Ein Sückchen ein Gefühl dafür zu haben, was braucht es an welcher Stelle in der Stadt. Da gibt es vielleicht Orte, da ist ein Zumthor wunderbar und es gibt andere Orte, da sind andere Architekten viel sinnfälliger. In habe jetzt keinen Lieblingsarchitekten und ich bin auch nicht jemand, der vordergründig laute Architektur propagiert und fordert. Ich bin weit davon entfernt, modischen Dingen hinterher zu hecheln. Mit einer großen Sympathie für Architekturen, die sich vielleicht erst auf den zweiten oder dritten Blick erschließen und interessanter werden. Wohlwissend, dass Architektur nie zeitlos ist, suche ich schon immer nach Lösungen, die heute gut sind und sich in 10 oder 20 Jahren auch noch beweisen. Ich bin sehr für das Kontextuelle und nicht so sehr für die lauten modischen Dinge. Gerade in einer Stadt wie Köln, die nicht so ein homogenes Stadtbild hat, da ist man ganz gut beraten, Ergänzungen nur mit einer bestimmten Lautstärke vorzunehmen. Dann gibt es wiederum besondere Orte, die eine besondere Nutzung und Architektur brauchen. 51356autostart=TRUE] Architektur

Gibt es etwas, was Sie in Köln vermissen?

Josef Höing: Wenn ich ehrlich bin, ich habe gar keine Zeit darüber nachzudenken, ob ich etwas vermisse.

Mit Franz-Josef Höing sprach Natalie Bräuninger

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* Damit Sie die Antworten nicht nur lesen sondern auch hören können, haben wir einige Aussagen als O-Ton für Sie aufgezeichnet. Klicken Sie jeweils auf um die Aufnahme abzuspielen.

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30.01.2013

Baudezernent Franz-Josef Höing zu Gast beim ersten BDA Montagsgespräch 2013

 

Franz-Josef Höing ist seit Mitte 2012 Dezernent für Stadtentwicklung, Planen, Bauen und Verkehr der Stadt Köln

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3 Kommentare

nicht ein konkreter ansatz, nicht eine konkrete idee – nur leeres gerede; derweilen schafft die realität, die herr höing zu verantworten hat, fakten. der breslauer platz ist schon am tag seiner eröffnung sanierungsbedürftig, vom geplanten brunnen ist auch nichts zu sehen. ansonsten sucht die bahn kabel, bevor es weitergehen kann am breslauer; darauf werden wir in 20 jahren noch vertröstet werden. bis dahin hat die bahn aber an anderer stelle fakten geschaffen: alle innerstädtischen brückenquerungen, derzeit noch charmante metallkonstruktionen mit 19 jh. flair, werden gegen betonfertigbauteile wie bei der querung am bhf. ehrenfeld ersetzt. diese stadt ist dynamisch – dynamisch hässlich. sie wird immer hässlicher. s.h. westgare, s.h. dorint hotel gegenüber vom gürzenich, s.h. waidmarkt etc. etc. – und das schlimme: diese bauten werden auch noch als fortschritt gepriesen… unfassbar.

und wenn ich dann lesen, dass höing sagt, dass die stadt nicht von der stadt weitergebaut werde, dann kriege ich zuviel. NATÜRLICH muss die stadt darauf achten, dass gerade in prominenter umgebung wie dem gürzenich nur dann eine bebauung zugelassen wird, wenn diese klaren standards entspricht – und natülrich muss darauf geachtet werden, dass nicht, wie sooft, am ende alles anders aussieht als auf den schönen animationen; bspw. indem einfach andere, billigere materialien verbaut werden, als ursprünglich versprochen (s.h. waidmarkt etc.). wozu hat man denn einen stadtbaudezernenten !?!?

Was meint Herr Höing mit „runter-brechen“? Bis von der ursprünglichen Idee nichts mehr sichtbar ist? So viel leeres Gerede habe ich noch nie vernommen. Die bisherigen Bauderzenten kamen alle aus der Provinz und sind mit einer Großstadt wie Köln glatt überfordert. Die hier so hoch gelobten Gebäuderiegel verbrauchen viel Bauland und haben architektonisch überhaupt keine Aussagekraft.