Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

KaB – bleibt noch was von der Kunst am Bau?

Das Symposium „Ohne Kunst kein Bau?“ in Düsseldorf suchte Antworten

In diesem Jahr sieht der Landeshaushalt NRW 400.000 Euro für Kunst am Bau vor. Lohnt es sich darüber noch zu sprechen; über Auslobungen und Wettbewerbe, Künstler Architekten und Bauherren, über Kunstwerke, ihre Bedeutung und Vermittlung? Fast könnte man meinen, die Sache mit der Kunst am öffentlichen Bau in NRW hätte sich mit der Sparpolitik des Landes erledigt, doch noch in diesem Jahr soll ein Kulturfördergesetz verabschiedet werden, das auch die Rahmenbedingungen für die Kunst am Bau neu definieren soll.

Als der Bundestag 1950 beschloss, bei öffentlichen Neubauten einen bestimmten Prozentsatz der Bausumme für Kunst aufzuwenden, sollten mit dieser Form der staatlichen Kunstförderung Aufträge generiert werden, die Künstlern eine Existenz im Deutschland der Nachkriegszeit ermöglichen würden. Diese Baukunstquote, die zwischen 0,4 und 2% der Bausumme lag, wurde von den meisten Bundesländern, so auch von Nordrhein-Westfalen, übernommen. Doch 2001 mit der Gründung der BLB NRW wurde die Prozentregelung für Nordrhein-Westfalen aufgehoben und die Kunst am Bau mit einer dem Haushalt angepassten Summe gedeckelt. Auch in diesem Jahr wurde die Summe weiter gekürzt und entspricht inzwischen einer Quote im Promillebereich.

Freiwillige Leistung oder kulturelle Pflicht

Mit der plakativen Fragestellung „Ohne Kunst kein Bau?“ luden das M:AI und die AKNW in Kooperation mit dem BBK Architekten, Künstler, Politiker, Bauherren und Kuratoren zu einem eintägigen Symposium in das (kunstfreie) Haus der Architekten. Der Zeitpunkt für die Veranstaltung vor der Verabschiedung des Kulturfördergesetzes war so gewählt, dass konkrete Ergebnisse und Forderungen dieses Tages, so schrieb Kultusministerin Ute Schäfer in ihrem Grußwort, durchaus Einfluss auf die dialogorientierte Kulturpolitik nehmen könnten.

Der Autor Martin Seidel zeigte sich trotz des provokanten Titels seines Vortrags „Kunst am Bau – Klotz am Bein“ als Befürworter der Kunst am Bau, die er in Unterscheidung zur musealen und Sammlerkunst als eine eigenständige Aufgabe betrachtete, mit einem Platz mitten im Leben. Neben der Künstlerförderung könne man mit der Kunst am Bau auch einen erheblichen positiven Einfluss auf die Baukultur nehmen. Der niedrigste Anspruch, den man an die Kunst am Bau haben könnte ist, dass sie kein Ärgernis darstelle, sondern nur stille Präsenz zeige. Darin allerdings sah Seidel einen Kompromiss, denn heute werde eine engagierte Kunst gefordert, nichts inhaltloses.

Baukultureller Mehrwert durch Prozentkunst

Die erste Podiumsdiskussion mit Peter Landmann für das Kultusministerium, Werner Schaub für den BBK, Ute Chibidziura vom Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung und Hartmut Miksch setzte sich mit den aktuellen baupolitischen Zielen und Instrumentarien auseinander. Miksch nahm den Staat in die Pflicht, die Kunst am Bau zu fördern, weil die Menschen ein Anrecht auf Kunst hätten, die das Leben lebenswerter mache. Widersprochen hat ihm in diesem Punkt niemand, nur verlagerte sich die Argumentation bald auf die Wertsteigerung bei Immobilien durch Kunst. Dass so oder so Werte geschaffen werden, darüber herrschte Einigkeit, ob eine Zwangsquote jedoch das geeignete Mittel ist, stellten insbesondere die Künstler in Frage.

Auf großes Interesse stießen die Erfahrungsberichte der Künstlerin Dagmar Schmidt, die ihr Projekt Grabungsstädte in Halle vorstellte und der Architektin Dörte Gatermann, die sich vom Titel der Veranstaltung distanzierte und ihre eigene These formulierte: „Mit Kunst mehr Bau“. Anhand von sieben Projekten des Büros Gatermann + Schossig erläuterte sie, wie sie als Architektin in die Rolle der Kuratorin geschlüpft ist, um privaten Bauherren und Nutzern trotz begrenzten Budgets und anfänglich großer Widerstände zu vermitteln, warum Kunst mehr aus ihrem Gebäude macht. Das Modell Gatermann wurde so zum Synonym für um eine freiwillige und aufwändige Leistung erweiterte Aufgabenfeld der Architekten. In der nachfolgenden Podiumsdiskussion, in der die Kunsthistorikerin und Kuratorin Karin Stempel dazu stieß, wurde die Kunst am Bau zum Imagefaktor, zum Wirtschaftsfaktor und zu einem lebensnotwendigen Luxus erklärt, der jedem zukommen sollte. Grundlage dafür sollte, so schloss Gatermann, das Bewusstsein dafür sein, dass Kunst am Bau ein Wert sei – nicht nur ein materieller Wert.

Adresse – Marke – Branding? Künstler stellen andere Fragen

In der dritten Diskussionsrunde des Tages sprachen Heiner Maria Sommer vom BLB, Dieter Kraemer von der VBW Bochum und der Künstler Markus Ambach darüber, ob Kunst zur Wertsteigerung von Immobilen eingesetzt werden dürfe. Dafür spräche, dass bei der Zertifizierung von Gebäuden inzwischen 25% sozio-kulturelle Faktoren berechnet werden. Die Kunst gebe vielen Immobilen, egal ob öffentlich oder privat, eine Überlebenschance, argumentierte Sommer. Auch Ambach rief dazu auf Auftragskunst nicht generell negativ zu sehen, die Kunst tue etwas für den Menschen, während die Architektur sich um den gebauten Raum kümmere.

Auch auf diese Äußerung gab es keine Wortmeldung von den Architekten im Publikum – im Gegensatz zu den Künstlern, die wortreich und kontrovers ihre Rolle im Planungsprozess diskutierten, schwiegen sie. Vielleicht rechneten sie auch schon wie viel mehr Arbeit, mehr Diskussionen, mehr Meinungen, mehr Konfrontation aber auch Demut das Modell Gatermann sie kosten wird, bevor die Baukultur beflügelt wird. Denn wenn vom Land zusehends weniger zu erwarten ist, liegt es an ihnen, die Kunst wieder zum integralen Bestandteil der Architektur zu machen. Nicht alleine, sondern mit den Künstlern, die ihre Angst vor Gebrauchskunst überwinden müssen und den Bauherren, die – wenn sie mit Ästhetik und Inhalten nicht zu ködern sind – sich einer möglichen Wertsteigerung kaum entziehen werden.

Uta Winterhager

 

Im Stadtteil Silberhöhe von Halle (Saale) kommt die Kunst, wenn die Stadt geht. Die Häuser werden nach und nach abgerissen, die Grabungsstädte von Dagmar Schmidt (2005) wird bleiben.

Grabungsstaedte von Dagmar Schmidt, , 2005,

Stahlbetonguss und Betonrecycling, 12 x 36 x 1 m,

Google maps

Kunst-Spielplatz Grabungsstädte. Hier darf gegrillt, gefeiert und geklettert werden. Vandalismus gibt es trotzdem.

Dagmar Schmidt, Grabungsstaedte, Halle-Silberhöhe, 2005

Foto: Dagmar Schmidt

Die ornamentale Wandgestallte der Erschließungshalle der Kölner Postbank durch den Künstler Thomas Weil erzeugt ein Wechselspiel von Farbe und Material, von Masse und Transparenz, von Architektur und Kunst.

Architekten: Gatermann + Schossig

Foto: Jens Willebrand

Auch bei der Fassade für die Karstadtfiliale in Gütersloh arbeiteten Gatermann + Schossig mit dem Kühnster Thomas Weil zusammen, er entwickelte das Fassadenornament.

Fotograf: Csaba Mester

Architekten GATERMANN + SCHOSSIG