Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

Der neue Anwalt der Kölner Architekten

Baudezernent Franz-Josef Höing zu Gast beim ersten BDA Montagsgespräch 2013

In einem vollen Domforum ließ sich der neue Baudezernent Franz-Josef Höing auf eine etwas andere Art des Interviews ein: BDA Vorstandsmitglieder Andrea Wallrath und Prof. Pablo Molestina wählten so Wallrath „eine kunterbunte Mischung von Bildern“ in der Hoffnung auf spannende Assoziationen des Dezernenten. Denn anstelle von steifen Fragen und Antworten, die Höing in den letzten Monaten bereits schon so oft gestellt bekommen und beantwortet hat, „wollen wir uns Bilder anschauen und dann darüber sprechen“, erläuterte Molestina zu Beginn. Für die beiden Interviewer sollte es ein beschaulicher Abend werden, im Gegensatz zu Franz-Josef Höing, denn der spielte das Assoziationsspiel mit und freute sich zudem über das rege Interesse. „Vielen Dank, dass so viele Neugierige da sind, obwohl ich ja in der Vergangenheit schon so viel erzählt habe. Schön, dass es noch nicht langweilig wird!“

Stadtliebe

So kam der bis 2020 gewählte neue Baudezernent vom Bild des „Liebe deine Stadt“-Schriftzuges natürlich auf die Frage zu sprechen, warum er denn eigentlich nach Köln gekommen sei. „Natürlich hätte ich mir da oben im Norden auch weiter die Zeit vertreiben können. Aber Köln ist eine wunderbare Stadt, für die es sich lohnt sich ins Zeug zu legen. Zudem ist Köln eine der lebendigsten Städte, die ich kenne – trotz aller Entstelltheit und trotz aller Ruppigkeit!“ Vor ihm lägen große Aufgaben, der ihm aufgebürdete Rucksack sei schwer, und dafür brauche es die Liebe zu einer Stadt und auch ein Stück weit Verrücktheit. Natürlich genauso wie es Verbündete von Seiten der Politik, der Verwaltung, der Bevölkerung brauche, um diesen Rucksack zu tragen.

Maßstäblichkeit

Assoziiert durch das Bild der Stadtsilhouette kam Höing auch auf die baulichen Hochpunkte von Köln zu sprechen. „Die Kranhäuser waren der offensive Wunsch anders zu werden“, so seine Ansicht. Immer wieder betonte Höing, bei städtebaulichen und architektonischen Aufgaben den Maßstab der Stadt im Auge zu behalten. So könne man eine Stadt auch mit kleinen, leisen Interventionen im Stadtraum anstelle von Leuchttürmen aufwerten. Das ginge mit Nutzungsänderungen oder kleinteiligen Eingriffen. „Wir müssen neue Stadträume schaffen und bestehende konturieren. (…) Mir ist es wichtig, nicht beliebig zu werden; nicht immer nur hoch gehen und Städtebau mit dem Holzhammer betreiben, sondern den Maßstab behalten.“

Ein weiterer Punkt neben der Maßstäblichkeit sei auch immer die Umgebung einer Planung: Über das einzelne Projekt hinausschauen, um zu sehen, ob sich die Stadt nach der Intervention noch lesen lässt. Ein gutes Beispiel dafür sei die Umgebung, das neue Quartier um Kolumba. Hier sei es gelungen, mit herausragender Architektur und vielleicht auch „dem schönsten Museumsbau Deutschlands“ Stadt neu zu gestalten.

Architektenwettbewerbe

Beim Bild des Deutzer Felds, dem Konglomerat aus Bauhaus, McDonalds und „all den Aldis dieser Welt“ ging Höing über zur Thematik der Architektenwettbewerbe. Es sei wichtig, die Entwickler und Investoren zu zwingen, neue Wege zu gehen. „Da bin ich penetrant, das können Sie mir glauben“, beteuerte Höing an diesem Abend. Denn auch solchen Projekten müsse man architektonische Qualität – und das funktioniere mit Wettbewerben – abverlangen. Als Baudezernent sei er an dieser Stelle auch „Anwalt der Kölner Architekten“, die es gilt zu unterstützen und zu verteidigen.

Mammutaufgabe

Als am Ende die zahlreichen aktuellen Kölner Projekte gezeigt wurden, gab Höing zu: „Die Stadt hat sich wahnsinnig viel vorgenommen.“ Zahlreiche Mammutaufgaben wie zum Beispiel das Projekt der Oper, welches ja nur eines von vielen sei, das es zudem in den „Genen habe teurer zu sein und länger zu dauern“, gelte es zu lösen. „Und – andere Städte schlafen nicht!“ warnte Höing. Im Städteranking tauche Köln erst weit hinter München, Hamburg oder Düsseldorf auf. „Hier müssen wir was machen!“ Die Voraussetzung dafür seien: Die guten Leute an den richtigen Stellen sitzen zu haben und die Unterstützung in der Bevölkerung zu sehen. Der wichtigste Punkt allerdings so Höing abschließend: „Eine Stadt muss sagen, was sie will – und nicht nur einfach in der Ecke sitzen.“

Natalie Bräuninger

BDA Höing 01

Der neue Baudezernent spielte das Spiel ‚wir geben Ihnen ein Bild und sie sagen uns einfach, was Ihnen dazu einfällt‘ mit.

BDA Höing 02

Höing klärte offene Fragen zu sanierungsbedürftiger Infrastruktur, Wohnraum und aktuellen Stadtentwicklungen.

BDA Höing 03

Zahlreiche altbekannte, aber auch sehr junge Gesichter kamen zum 2-stündigen BDA Montagsgespräch ins Domforum.

(alle Bilder: Natalie Bräuninger)

3 Kommentare

es würde aber auch schon reichen, nicht soviel zu reden, sondern einfach mal zu machen. bsp. breslauer platz – da reiht sich höing gleich ein in den murks dieser stadt. das ist einfach nur noch peinlich, dass die es noch nicht ml hinbekommen, einen simplen, billigen platz binnen ein paar wochen fertigzustellen. lächerlich. und auch all die weiteren angekündigten schönen projekte; stillstand ohne ende – es gehen nur die sachen voran, die von privaten entwicklern angetrieben werden. und hier wird dann meistens der einmal so toll visualisierte entwurf mehr und mehr abgespeckt, bis es dann am ende das billigste vom billigsten gebaut wird; und die stadt macht nichts – s.h. westgate (grauenvoll!), neuer waidmarkt usw. – das ist wirklich traurig.

sehe ich genauso – daher mein appell an herrn höing. augen auf beim gürzenich-quartier! noch so eine bauliche KATASTROPHE wie das dorint-hotel (ein klotz in gelber klo-kachel-optik mit versiffter rote „schmuck-leiste“) und die gegend um den gürzenich kann einpacken. es muss doch möglichkeiten geben, verbindliche bedingungen bei den verbauten materialien zu erwirken! ansonsten wird köln eher hässlicher als schöner. sowohl das vorgängergebäude des westgate, als auch das des dorint-hotels waren baulich interessanter und vom material her viel hochwertiger – wenn man diese gebäude etwas lichter und offener, mit größeren fenstern und eingangsbereichen saniert hätte, wäre das heute tolle, schlichte architektur.

Welchen Maßstab der Stadt meint Herr Höing eigentlich. Die häßlichen Nachkriegsbauten, die schönen romanischen Kirchen + Dom oder die neuen platzraubenden Bauten, siehe neue
Hauptverwaltung Rhein-Energie. Der Maßstab sollte hochwertige Architektur sein, die da wo es passt auch mal platzsparend in die Höhe gehen kann. Die Investoren sind auch penetrant Herr Höing, glauben sie mir – sie investieren in Köln einfach nicht. Köln wird im Städteranking mit Sicherheit weiter abrutschen und mit Städten wie Mainz oder Koblenz im Wettbewerb stehen. Im Prinzip ein neuer Streiberger im Amt.