Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

Die Stadt, die es nicht gibt –

Bilder globaler Räume, eine Ausstellung im Ludwig Forum Aachen

Was für ein wunderbar lyrischer Titel, den sich die aktuelle Ausstellung im Aachener Ludwig Forum mit dem Song der Fantastischen Vier teilt. Doch weitere Verknüpfungen gibt es dann nicht mehr. „ … in der Stadt, die es nicht gibt, geht der Beat ab …“, ist die Idealstadtvision der Stuttgarter Rapper, „ … weil alle ohne Ende grooven stylen oder rocken … “, und das hat mit dem, was in Aachen gezeigt wird, nichts zu tun. Also muss dieser Exkurs hier enden.

Im Aachener Ludwig Forum geht der Beat nicht ab. Die Ausstellung ist still, ohne Höhepunkte und Effekte. Kein Kritikpunkt in diesem Fall, denn es sind keine urbanistischen Visionen, die hier ausgestellt werden. Es geht nicht darum, das Schrillste und Unmöglichste zu erfinden und zu zeigen, sondern um die subjektive Betrachtung des Realen. Die Positionen von 20 internationale Film- Foto- und Videokünstlern hat die Kuratorin der Ausstellung und Direktorin des Museums Brigitte Franzen über mehrere Jahre gesammelt, seit sie den Titel der Ausstellung gefunden hat.

Alles ist Stadt

Allerdings zeichnet die Ausstellung kein positives Stadtbild, auch kein lebendiges sondern ein melancholisches. Es ist nicht kritisch oder anklagend, scheinbar nur abbildend. Doch oft täuscht dieser erste Eindruck. Nie weiß man, ob das, was man sieht echt ist. Ist es manipuliert durch das Auge des Künstlers, der anderes wahrnimmt als man selbst? Ist es inszeniert oder ist es die Auswahl des Augenblicks / des Standpunktes, die das Gewöhnliche verzerrt? Und nicht zuletzt macht auch die digitale Bildbearbeitung alles möglich und fordert, alles Abgebildete in Frage zu stellen.

Stadt wird hier synonym auch für Gesellschaft verwendet. Ein dankbarer und unendlich dehnbarer Begriff, der noch mehr schluckt als Mensch, Landschaft, Haus. Diese Idee einer Stadt, die selbst ein Produkt ist und gleichzeitig immer weiter Neues produziert, diente den Künstlern als Projektionsfläche, Labor und Objekt. Alle zwanzig Teilnehmer stellen Bilder von Orten und Räumen in ihrer höchst subjektiven künstlerischen Wahrnehmung dar. Und je präziser dies geschieht, desto interessanter wird die Beschäftigung für den Betrachter damit.

Jede der in der Ausstellung gezeigten Arbeiten nähert sich ihrem Thema aus einem ganz eigenen Blickwinkel, und immer muss man sich als Besucher neu orientieren. Ganz ohne den Katalog, der kostenlos ausliegt, kommt man bei vielen Arbeiten nicht weiter. Schroffe Felsen im Iran, großformatige Straßenstücke in Peru, eine Kreuzung oder eine Demo in Berlin, eine Brücke in Bratislava, die Zerstörungen der Katastrophe in Fukushima, auch das sind die flüchtigen Momente der Stadt, die es nicht gibt. Zu sehen noch bis 20. Januar 2013 im Ludwig Forum in Aachen.

Uta Winterhager

Ausstellung vom 22.09.2012 – 20.01.2013

Die Stadt,
die es nicht gibt

Bilder globaler Räume im

Ludwig Forum
für Internationale Kunst
Jülicher Straße 97-109
52070 Aachen

Telefon: 0241 / 1807-104

Zur Internetseite des >>Ludwig Forum

 

Maja Weyermann mischt in ihrem Chandigarh-Projekt Fotografien und computergenerierte Bilder. Ihre Interieurs – virtuelle Rekonstruktionen des Corbusier-Projektes – sind überaus glaubhaft. Kaum merkt der Betrachter, wo die Grenze zwischen der dokumentarischen Abbildung und ihrer Interpretation überschritten wird.

Tobias Zielony dokumentiert in seinen Fotoserien „Le Vele di Scampia“ und „Quartiers Nord“ den Alltag von Jugendlichen in den Vorstädten von Marseille und Neapel. Den Porträts und Posen dieser Jugendlichen stellt er die Architektur gegenüber, die ihr Lebensumfeld prägt: brutale Wohnmaschinen als Kulisse und Beispiel gescheiterter Utopien.

Aglaia Konrad dokumentiert in ihrem Foto-Projekt „Desert Cities“ ehemalige Sozialwohnungsprojekte in der Peripherie von Kairo. Die nie verlassenen Rohbauten erstarrten in der Wüstenlandschaft zu unheimlichen Skulpturen. Aber auch die zu „Gated Communities“ transformierten Anlagen wirken nicht weniger tot.

Der Beitrag von Michael Krumm „Das Gebäude der Institute für Nachrichtentechnik und Hochfrequenztechnik der RWTH Aachen, Konzeptionen für Sanierung und Umbau“ weitet das Thema der Ausstellung erheblich aus. Gezeigt werden fotografische Aufnahmen dieses Gebäudes, die seltsam entrückt wirken, fast unwirklich. Kaum mag man glauben, dass dieser Ort aktiver Teil des Aachener Hochschullebens sein kann.