Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

Wie der Rohbau zum Sakralbau wird

Ideen für den Innenausbau der Kölner Zentralmoschee

Der Rohbau steht, die Fenster sitzen und der Streit scheint geschlichtet. Zur Gestaltung der Innenräume der Kölner Zentralmoschee war lange kaum mehr bekannt, als dass das Büro Böhm damit von der DITIB nie beauftragt worden war. Zunächst war Orhan Gökkus, der für die DITIB deutschlandweit schon viele Moscheen gebaut hat, als, wie er es nennt, „Kontrollmechanismus der Bauherrenseite“ auf der Moscheebaustelle eingesetzt worden, inzwischen hat das Atelier Gökkus, die Bauleitung sowie den Entwurf für die Innengestaltung der Moschee übernommen.

Wir haben Gökkus und die Kölner Künstlerinnen Kane Kampmann und Pia Janssen, die er gerne seine „westlichen Augen“ nennt, im Bauleitungsbüro der Moschee besucht und mit ihnen über ihre Ideen und Leitbilder gesprochen.

Konkrete Entwürfe konnten wir nicht sehen, wohl aber eine große Auswahl keramischer Wand- und Bodenbeläge in leuchtenden Türkis- und warmen Rottönen, bunte und monochrome Glasmalereien, Kalligrafien und edle Natursteinmuster in Quadrat- oder Wabenform. Jede Farbe und jede Form dieser Vielfalt, erklärte Gökkus, hat eine ikonografische Bedeutung, ein historisches Vorbild und eine eng umrissene Rolle in der Ordnung des gestalterischen Gesamtkonzeptes, die nichts dem Zufall überlässt. Zeitgenössisch soll die Innenraumgestaltung sein, denn Gökkus mag das Wort „modern“ nicht, eine Fusion von Orient und Okzident, und sie soll der Architektur der Moschee eine „Persönlichkeit türkisch-islamischer Kultur einhauchen“.

Das Ornament als Metapher

An der Wand im Büro stehen zahlreiche – wohl unaufgefordert eingereichte – Entwürfe verschiedener Architekten und Künstler, die aus dem Vollen der islamischen Ornamentik schöpfen und die Kuppelschalen in einem orientalischen Vexierbild verschwimmen lassen. So soll es nicht sein, auch wenn die Gemeindemitglieder und der Vorstand an diese Ästhetik gewöhnt sind, erfuhren wir und bekamen dann doch noch ein Bild zu sehen. Den Vorbereich, in dem die Gläubigen ihre Schuhe ausziehen und den Gebetsraum wird eine Glaswand trennen, auf der in 11 Sprachen übersetzte Koran-Suren zu lesen sein werden. Funktional ist diese Wand ein semitransparenter Raumabschluss, konzeptionell betrachtet bildet sie den Einstieg in die Kalligrafie, die in der Moschee durchgängig als Thema und Mittel der Gestaltung eingesetzt werden soll.

Dabei sind zwei Lesarten möglich: den westlichen Besuchern erscheint die Kalligrafie abstrakt und dekorativ, den Muslimen ist sie die kunstvolle Wiedergabe des von Gott gesprochen Wortes. Es muss also nicht jeder alles verstehen, manchmal genügt auch die reine Ästhetik. Und darauf setzt auch die Idee zur die Gestaltung des Gebetsraumes. Die Betonschalen und die klar verglasten Zwischenräume sollen durchgängig mit Kalligrafie überzogen werden. Die Kuppel solle offen und eins sein, eins wie Gott, wie das Universum, diesen Gedanken hatte Gökkus schon, als er den Raum zum ersten Mal betrat. Die im Bereich der Mihrab bis zu einer bestimmten Höhe in das Glas geätzten Schriftzeichen sollen die Gläubigen auch von der stark befahrenen Inneren Kanalstraße abschirmen.

In der islamischen Architektur steht die Vervielfältigung ornamentaler Motive – in diesem Fall der Schriftzeichen – als Metapher für die Unendlichkeit Gottes. Die durch die rhythmische Wiederholung entstehende Homogenität entspricht dem islamischen Glauben, dass vor Gott alles gleich ist.

Die Ordnung des Sakralraums

Das zentrale Element des Gebetsraumes die kunstvoll gestaltete Gebetsnische (miḥrāb), die die Gebetsrichtung nach Mekka anzeigt. Böhm hat den Rohbau des Mihrab als 11m hoch aufragende Betonscheibe bereits in die Fassade integriert, über die sich rechts und links je drei Betonschalen zum Dach der Kuppel krümmen. Die Gestaltung der weiteren rituellen Möbel, der Vortragskanzel (Kürsü) und des elfstufigen Predigtpodestes (Minber) soll sich an der Dynamik und Transparenz des Gesamtkonzeptes orientieren und aus edlem Holz gefertigt werden. Wo die Frauen beten werden, war seit Beginn der Planungen eine wichtige Frage. Nun werden sie von einem Galeriegeschoss in den Gebetsraum hinabschauen und, wenn der Platz an besonderen Feiertagen dort nicht ausreicht, hinter wabenformig durchbrochenen Paravents (mašrabīya) auch unter der Galerie Platz finden.

Proportional nimmt die Moschee nur einen kleinen Teil des türkisch-islamischen Kulturzentrums an der Venloer Straße ein, und doch ist sie dessen Herzstück. Nicht nur für die Gläubigen, sondern für alle, die erwarten, dass sich der Mut, die Offenheit und die Modernität, der äußeren Form auch im Inneren wiederfindet. Grundsätzlich ist das Büro Böhm auch bei der Innenraumgestaltung in beratender Funktion beteiligt, vor allem die technischen Details betreffend, erklärte Gökkus, denn niemand kenne den Bau so gut wie Herr Böhm.

Nun muss der eindrucksvolle Rohbau, der fast zum Symbol für das Scheitern des interkulturellen Dialoges geworden wäre, eins werden mit der türkisch–islamischen Persönlichkeit seines Inneren. So wie die endlose Kalligrafie in der Kuppel von der Gemeinde als Metapher für die Einheit Gottes gelesen werden soll, wird die Einheit von Innen und Außen für jeden ersichtlich Zeugnis für das Gelingens eben jenes interkulturellen Dialoges ablegen und ein Bild erzeugen, das durchaus spannungsreich aber ohne Brüche ist.

Uta Winterhager

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Der elf Meter hohe Mihrab ist Teil der Fassade und damit auch von der Straße aus ablesbar.

Der Vorbereich mit dem Schuhregal unter der Galerie, wird mit einer Glaswand vom Gebetsraum abgetrennt werden.

Foto: Uta Winterhager

Orhan Gökkus, der bauleitende Architekt für den Innenausbau der Moschee lebt seit über dreißig Jahren in Köln und hat auch hier studiert.

Foto: Unta Winterhager

Rot- und Türkistöne mit floraler Ornamentik oder Kalligrafie als Endlosmuster. Dies sind die traditionellen Mittel, die sich aber – auch wenn sie nach historischen Vorbildern in der Türkei hergestellt werden – durchaus zeitgenössisch und in klarem Farbkanon einsetzen lassen.

Foto: Uta Winterhager

Die Biene ist ein heiliges Tier des Islam. Die strenge und lückenlose Geometrie ihrer sechseckigen Waben, gilt als Metapher für die Einheit und Endlosigkeit Gottes und findet daher häufig Verwendung in der islamischen Architektur.

Foto: Uta Winterhager

2 Kommentare

könnt ihr oder wollt ihr nicht mehr Details zeigen?
man möchte doch wissen, wie der Innenraum aussehen soll.

was für ein stuß, der aus geringster kenntnis über den islam rührt: die moschee ist kein sakralbau, muss sie auch nicht sein. da sollte man sich auch nicht aufschwingen etwas reinzuplanen, was nicht reingehört. lieber mal küngs buch der islam lesen.