Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

Nach dem Säbelrasseln

Fritz Schramma vermittelt zwischen Böhm und DITIB

Seit die DITIB am 21. Oktober 2011 den Architektenvertrag mit dem Büro Böhm gekündigt hat, macht die Moschee fast täglich wieder Schlagzeilen. Und mit einem Mal ist es vorbei mit der Baustellen-Euphorie und dem guten Gefühl, wirklich etwas für die Integration zu tun. Mit großen Worten und großen Zahlen eröffnete die DITIB eine Diskussion, die von der Öffentlichkeit sofort aufgenommen wurde. Pressereferentin Ayse Aydin zog in ihrer Stellungnahme das provokante Fazit: „Als Künstler hat Herr Böhm brilliert, als Baumeister hat er leider versagt.“, und belegte dies mit einer mehr als 2000 Punkte umfassenden Mängelaufstellung eines Gutachters, in der einzelne herausstehende Nägel, Drahtstücke und Dreckflecken aufgeführt werden. Um zu verhindern, dass die Baufrage ideologisch aufgeladen wird, betont die DITIB immer wieder, dass allein das Geschehen auf der Baustelle zur Vertragskündigung geführt hat. Böhm sieht in der Aufstellung der über 2000 Mängel an dem halbfertigen Bau ein „bewusstes Aufblähen, um das Konfliktpotential zu erhöhen.“ Wären die Mängel, die sich nach seiner Erfahrung mit derartigen Großprojekten „nicht in einem unüblichen Rahmen bewegt haben“, nach dem üblichen Verfahren in Gruppen zusammengefasst, käme man auf zehn Systemmängel, eine weitaus weniger erschreckende Zahl. Auch übernimmt er keine Verantwortung für die von 17 auf 39 Millionen Euro gestiegenen Baukosten, sondern verweist darauf, dass diese maßgeblich mit den Sonderwünschen und oftmals grundlegenden Umplanungen seitens der DITIB zusammenhingen.

kryptografische Spitzfindigkeiten?

So berichtete unter anderem die taz am 9.11.2011, dass das der DITIB übergeordnete staatliche Präsidium für Religiöse Angelegenheiten in Ankara das Büro Böhm aufgefordert hat, die dreiteilige Kuppel, in der die Institution die Heilige Dreifaltigkeit der christlichen Kirchen erkannt hatte, neu zu planen. Die daraufhin aus vier Teilen zusammen gesetzte Kuppel fiel jedoch wieder durch, da die Religionsbehörde aus einer Art explodierten Aufsicht nicht nur ein Kreuz, sondern sogar das Christusmonogramm XP heraus lesen konnte. Realisiert wurden schließlich zwei Schalen, die von oben betrachtet eine Mondsichel bilden, ein eindeutig dem Islam zugeordnetes Symbol.

Ob es sich hierbei um übliche liturgische Vorschriften oder kryptografische Spitzfindigkeiten handelt, ist eine Frage des Standpunktes und sicher auch des Tones. Das Büro Böhm hatte sich bis zu der Kündigung des Architektenvertrages nicht öffentlich zu dieser gut zwei Jahre zurückliegenden Angelegenheit geäußert. Wohl wissend, dass diese von oben verordneten Korrekturen einen weiten Interpretationsspielraum bieten und den Moschee-Diskurs einmal mehr von der Baustelle auf die ideologische Ebene verlagern würden.

Kein Mahnmal des Scheiterns

Obwohl Böhm auch von seiner Seite eine Kündigung des Architektenvertrages, unter anderem wegen ausstehender Honorarzahlungen, angekündigt hatte, möchte er vor allem eines: weiterbauen und das trotz des Konfrontationskurses, auf den die Bauherrenseite in seinen Augen seit mehr als einem Jahr setzt: „Ich habe nach wie vor den Ehrgeiz, dieses Haus bis zur Fertigstellung zu begleiten. Ich möchte das schon allein deshalb, weil ich mich der Gemeinde dieser Moschee und auch den Bürgern der Stadt Köln verpflichtet fühle.“

Der Bau einer Moschee ist in Deutschland noch keine Selbstverständlichkeit und so statuieren Paul Böhm, die DITIB und die Kölner Zentralmoschee nun nicht mehr nur in Köln, sondern bundesweit ein Exempel praktischer Integrationspolitik. Ein nicht nur im Rohbau fragiles Konstrukt, das nur in der Waage bleibt, wenn alle Beteiligten Einmütigkeit nicht nur suggerieren, sondern praktizieren. Niemand möchte eine Bauruine dieses Formats als Mahnmal des Scheiterns mitten in der Stadt sehen, und niemand möchte eine Moschee sehen, die ohne ihren Architekten und entgegen aller Vereinbarungen durchgeboxt und fertiggestellt wurde.

Bekenntnis zu neuen Gesprächen

Die DITIB baut die Moschee allein mit Spendengeldern – fraglich ist, ob diese auch im Krisenfall weiter fließen. Eine Refinanzierung über Schadensersatzklagen ist zwar denkbar und in Köln durchaus verbreitet, trägt aber nicht zur politischen Konsolidierung bei. Wenn die Kölner Moschee scheitert, wird sich so bald keine deutsche Großstadt solch ein Projekt zumuten wollen.

Fast drei Wochen nach der Kündigung tagte am 10. November 2011 der Moscheebeirat. Doch dies geschah erst, nachdem der Beirat selbst mit der Stimme von Christian Schaller die DITIB öffentlich dazu aufgerufen hat, dieses Instrument zur Vermittlung auch zu nutzen. Ein Ergebnis liegt noch nicht vor, wohl aber ein klares Bekenntnis zu neuen Gesprächen: „Die über lange Jahre bewährte vertrauensvolle Zusammenarbeit in und für die Stadtgesellschaft“ solle fortgesetzt werden, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung von Böhm und DITIB. Doch bis es zu einer Einigung komme, hat der als Mediator eingesetzte Fritz Schramma beiden Parteien geboten zu schweigen.

Uta Winterhager

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Foto: Robert Winterhager