Nicht die Architektur an sich und auch nicht der Mensch, der sie nutzt, standen im Mittelpunkt der zum letzten Mal als „Europäischer“ Architekturfotografie-Preis ausgelobten Ausgabe des architekturbild (in zwei Jahren, bei der Jubiläumsedition 2013, wird er in „World Architectural Photography Prize“ umgetauft werden). Vielmehr widmeten die 269 Teilnehmer ihre Viererserien den Zwischenräumen und -zeiten, dem eher Abseitigen, Unscheinbaren und Nicht-Offensichtlichen – und dem Inszenierten, in dem sich häufig das Bedürfnis nach Aneignung eines Ortes ausdrückt.
Ein-, Aus-, Auf- und Durchblicke
Die ausgezeichneten und belobigten Arbeiten dokumentieren urbane Landschaften (wie jene von Nils Clauss, Deutschland, Gewinner des Ersten Preises), sie gewähren ungewohnte Ein-, Aus-, Auf- und Durchblicke und sie schärfen das Bewusstsein für die häufig wenig beachteten Zwischenräume und -zustände unserer gebauten Umwelt, die meist ohne ordnende und gestaltende Hand eines Stadtplaners oder Architekten auskommt.
Die mit dem Hauptpreis ausgezeichnete Arbeit „UrbanNature“ belegt, am Beispiel der Metacity Seoul, die Sehnsucht nach dem (verlorenen) ländlichen Raum: In den suburbanen „Stadtlandschaften“ ist er nur noch als naive Fassadenmalerei erlebbar. Thematisch schlägt diese Serie den Bogen zum vorletzten Preis 2009, der sich der „Neuen Heimat“ widmete.
Weitere Preise gingen diesmal an Paul Duri Degonda, Schweiz, der die Welle Paul Klees, die Architektur Renzo Pianos und sich in den Glasscheiben des Zentrums Paul Klee in Bern spiegelnde Besucher zu einem kinetischen Gesamtkunstwerk montierte, und an Dawin Meckel, Deutschland, der mit „DownTown“ der schrumpfenden Großstadt Detroit eine melancholisch stimmende Referenz erweist.
Raum aneignen
Bernd Uhde, Deutschland (eine Auszeichnung), verdichtet mit seinen „Urban Surfaces“ Aufsichten von Stadtlandschaften, die – aus dem räumlichen Zusammenhang gerissen – nur ihren eigenen, geometrischen Regeln gehorchen.
„Open Spaces“ von Frank Meyl, Deutschland (eine Anerkennung), dokumentiert, wie der Mensch mit dem Raum umgeht, wenn dieser praktisch unbeschränkt zur Verfügung steht: Zäune, Werbetafeln und allerhand Möbel dienen dazu, ihn halbwegs in den Griff zu bekommen. In diesen Fotos und auch in so mancher anderen Serie drückt sich der unbedingte Wille nach Aneignung selbst noch des unwirtlichsten Raumes aus, zugleich aber auch eine Hilflosigkeit, die – bei allem Entsetzen über die Genügsamkeit der Protagonisten – irgendwie anrührend ist.
Der Text erschien zuerst im eMagazin
german-architects.com
Oliver G. Hamm
Freier Autor, Berlin
Ausstellungstermine:
Dazwischen | in between – architekturbild. Europäischer Architekturfotografie-Preis 2011
bis 19.6. im Deutschen Architekturmuseum, Frankfurt
28.6. bis 10.7. im KAZimKUBA, Kassel
22.7. bis 19.9. in der Städtischen Galerie im Schloss, Isny
28.9. bis 20.11. in der vhs-photogalerie im TREFFPUNKT Rotebühlplatz, Stuttgart
Alle Gewinner des Europäischer Architekturfotografie-Preis 2011 finden Sie auf der Internetseite des Vereins architekturbild