Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

Mähen für die Kunst

Die Bundesrasenschau: Ein über sieben Kilometer langer, bis zur Grasnarbe gemähter Kreisweg durch den Kölner Grüngürtel

Wo andere etwas pflanzen nimmt er etwas weg. Der Kölner Künstler Ralf Witthaus will für kurze Zeit den Kölner Grüngürtel in ein temporäres Kunstwerk verwandeln. Seine Rasenmäherzeichnung, die sich nach und nach über den gesamten Kölner Grüngürtel erstreckt, soll die städtebaulich außergewöhnliche Dimension dieser fast zusammenhängenden Parkfläche sichtbar machen. Start der Kunstaktion ist Anfang August im Rheinpark und somit am Ort der ersten Bundesgartenschau. Rund 30 Tage und 1400 Mähstunden später wird ein 12 km langer und 3 m breiter Weg durch den Inneren Grüngürtel entstanden sein.

Rasenmäherzeichnung

Der Künstler und seine in schwarzen Anzügen und weißen Hemden gekleideten Grünarbeiter nehmen etwas weg, wo andere pflanzen würden. Witthaus zeichnet mit Mäher und Rasentrimmer in die Grünflächen und zeigt so neue Wege und Sichtweisen auf. Die Zeichnungen sind begehbar, von großer Erlebniskraft – und vergänglich, denn spätestens nach drei Wochen ist der Weg wieder zugewachsen. Bereits während der Aktion wächst der Rasen hinter dem Mähteam wieder neu. Zurück bleibt das Erinnerungsbild an die eigene Neuerfahrung des Areals.

Der Weg führt über den Rhein, durch den Skulpturenpark und über den kompletten Grüngürtel bis nahe des Ortes der angedachten Bundesgartenschau im Jahr 2023 im Bereich der Großmarkthalle. Die Zeichnung überquert dann wiederum den Rhein in Höhe des KAP am Südkai. Da auf der rechten Rheinseite kein durchgängiger grüner Gürtel ausgebildet ist, wird die kreisförmige Gesamtgestalt nur im Bereich der dort vorhandenen Grünflächen dargestellt. Im Rheinpark wird schließlich der Kreis vollendet. An manchen Stellen ist dieser Weg freilich unterbrochen; Straßen, Häuser, Gewerbebetriebe, Parkplätze bleiben unberührt.

Flanieren und Fragen

Themen des Städtebaus, der Landschaftspflege und der Kunst werden bei diesem Projekt verknüpft. Einmal rund um die Stadt – das sind zwölf Kilometer, davon sieben Kilometer Rasen. Dieser sieben Kilometer lange, bis zur Grasnarbe gemähte lange Kreisweg zieht durch den Park und wird tausende Bürger zum Flanieren und im Idealfall auch zum Fragen anregen. Der Künstler selbst freut sich „auf den Dialog mit Spaziergängern und Anwohnern“.

Thomas Hebler

Redaktion koelnarchitektur.de

Weiterführende Links:

Zur Hompage der Bundesrasenschau

Für das Projekt wird eine bleibende Dokumentation in Form eines Kunstkataloges im Verlag ‚Die Neue Sachlichkeit‘ erscheinen.

Eine fast zusammenhängende Parkfläche: der Kölner Grüngürtel.

Foto: Ralf Witthaus

Ein drei Meter breiter Weg über den gesamten inneren Grüngürtel soll den Grüngürtel als eine zusammenhängende Form, als einen Park sichtbar machen.

Foto: Ralf Witthaus

Nach derzeitiger Schätzung brauchen der Künstler und mindesten vier Freiwillige 30 Arbeitstage – jeden Tag etwa 250 Meter – wenn man die Regentage miteinberechnet, sollte das Projekt etwa am 1. Oktober fertig sein.

Foto: Ralf Witthaus

Rasenmäherzeichnung auf der Bundeskunsthalle in Bonn.

Einen Tag lang wurden die Besucher der Bundeskunsthalle gezählt und deren Zahl aufs grüne Dach gemäht.

Foto: Ralf Witthaus

3 Kommentare

„den Dialog mit Spaziergängern und Anwohnern“ kann der Herr Witthaus`jeden Tag auch ohne seine dusselige „Kunst“ haben. Erstere haben schon längst ihre eigenen Wege gebahnt und dialogisieren dort täglich seit zig Jahren!

Kunst und Unfug liegen bisweilen nah bei einander und die Grenze ist nicht eindeutig. Wenn aber ein Kunst- oder Unfugprojekt entgegen politischer Beschlüsse aus den Bezirksvertretungen mit Geld des Steuerzahlers (hier zwar „nur“ 9.000 EUR), sowie technisch und personell (ebenfalls zu Lasten des Steuerzahlers) unterstützt wird, muss man sich mit dieser Grenze intensiver befassen, als in diesem Fall geschehen.
Unfug kann Freude bereiten, sollte aber aus eigener Tasche bezahlt, bzw zusätzlich nur durch Spenden finanziert werden.
Geld und sonstige Unterstützung hätten
zum Wohle der Kölner Grünflächen nachhaltiger eingesetzt werden können.

Harald von der Stein

Städtebau u Landschaftspflege kollidieren seit langem miteinander. Für konstrukt. Vorschläge, wie man bspw den Stadtplanern u Architekten den alten städtischen Baumbestand näher bringen und ihnen den hohen Wert desselben neu vermitteln könnte (damit sie ihn endlich mit ein- statt wegplanen), wäre viele Bürger mehr als dankbar. Ich glaube jedoch kaum, dass ein mittels Mäher masakrierter Rasen dabei von Nutzen ist.
Judith Langer