Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

Aus Investorensicht

Interview: Architektur
mit Armin Wittershagen, Leiter der Projektentwicklung der HOCHTIEF Projektentwicklungs GmbH, Niederlassung Rhein-Ruhr

Armin Wittershagen ist Architekt und Leiter der Projektentwicklung von HOCHTIEF in der Region Rhein-Ruhr. Im Gespräch mit koelnarchitektur.de spricht er über den sehr soliden Kölner Markt, übers Seitenwechseln an runden Tischen, über kulturelles Engament, „Empty Nesters“, über Architekturwettbewerbe und das was Architekten sonst noch schätzen.

Können Sie uns ein paar Worte zur aktuellen Lage des Immobilienstandorts Köln sagen? Wie steht’s um den Büromarkt?

Armin Wittershagen: Sicherlich sind auch an Köln die weltwirtschaftlichen Auswirkungen nicht spurlos vorübergegangen und wir stellen eine etwas verringerte Vermietungsleistung gegenüber den Boom-Jahren fest. Aber sie befindet sich immer noch auf gutem Niveau. Das liegt an einem grundsätzlich sehr solidem Kölner Markt mit stabiler Nachfrage aufgrund der gegebenen Branchenvielfalt. Köln ist nicht so abhängig von einzelnen Leitbranchen wie andere Standorte, wie Frankfurt zum Beispiel von der Finanzbranche.

Auch stellen wir fest, dass wir derzeit noch einige Großgesuche in Wartestellung haben, da erwarten wir für die Folgejahre noch eine vermehrte Nachfrage.

Wo sind die Trendviertel? Was ist gefragt in Köln?

Armin Wittershagen: Im Büromarkt haben wir derzeit eine starke Nachfrage bei Vermietungen bis tausend Quadratmetern. Vom Standort her konzentriert es sich im gehobenen Segment sehr auf die Rheinlagen wie den Rheinauhafen, das Kunibertsviertel und die Entwicklungen um RTL.

Im einfachen bis mittleren Segment ist die Nachfrage nach den Standorten gegeben, die gut integriert und verkehrlich vernetzt sind.

Wie sieht es auf dem Kölner Wohnungsmarkt aus?

Armin Wittershagen: Es gibt für das Stadtgebiet Bedarf an weiterem Wohnraum in praktisch allen Segmenten. Ein Trend ist die ungebrochene Nachfrage der „Empty Nesters“, d.h. der Haushalte, in denen die Kinder bereits ausgezogen sind, die aus dem Umland zurück in die Stadt kehren.

Wichtig wird es für die Entwicklung Kölns sein, insbesondere die Qualifizierten wie Hochschulabsolventen durch attraktive und bezahlbare Wohnangebote in der Stadt zu halten. Dazu müssen auch neue innenstadtnahe attraktive Wohnlagen ermöglicht werden. Auch für uns ist Wohnen zu einem weiteren wichtigen Standbein geworden. Hier in Köln bei den Constantin Höfen zum Beispiel.

Welche Rolle spielt für Sie der Masterplan?

Armin Wittershagen: Wir haben den Masterplan ja ganz bewusst als Sponsor aktiv mit unterstützt, da wir uns als Standort- oder Stadtentwickler mit gesellschaftlicher und städtebaulicher Verantwortung sehen. Der Masterplan ist ein gutes Instrument, die verschiedenen Entwicklungen in der Stadt zusammen zu führen. Um zu schauen, wo die Abhängigkeiten liegen und dann für die einzelnen Projekte daraus die Vorgaben zu machen. 42638autostart=TRUE]O-Ton: Masterplan

Wichtige Projekte für Köln von HOCHTIEF sind zurzeit das Dominium, die Constantin Höfe und maxCologne (ehemalig Lufthansa). Wie sehr spielen auch städtebauliche Aspekte in Ihren Planungen eine Rolle?

Armin Wittershagen: Unsere Projekte haben aufgrund der Größenordnung und der Lage eigentlich immer auch eine städtebauliche Komponente. Und idealerweise haben wir in diesem Kontext eine win-win-Situation. Eine gelungene Einbindung der Projekte in den sie umgebenden Kontext ist nicht nur für die Stadt als solche attraktiv, sondern auch für unsere Projekte.

So bieten z.B. neue Stadtkanten wie bei den Constantin Höfen zum einen attraktive neue Büroadressen und schützen zum andern die Wohnlagen vor Lärm- und Schadstoffimmissionen. Wir konnten mit der Erweiterung des Von-Sandt-Platzes darüber hinaus einen neuen Stadtraum schaffen.

Bei maxCologne schaffen wir mit dem Rückbau des Parkhaussockels eine ganz neue Blickbeziehung von Deutz in Richtung Dom und integrieren die Klosterkirche St. Heribert mit in die neue Platzsituation. Von diesem attraktiven Stadtraum der auch mit dem neuen Rheinboulevard verknüpft ist, profitiert die Stadt zum einen und das Projekt zum anderen durch die neu gewonnenen attraktiven Adressen.

Welche Rolle spielt die Zusammenarbeit mit der Stadtentwicklung? Beurteilen Sie Architekturwettbewerbe als wichtig oder eher als notwendiges Übel?

Armin Wittershagen: „Jein“, Architektenwettbewerbe sind nicht grundsätzlich ein Allheilmittel und auch nicht für jedes Projekt oder jede Aufgabenstellung einsetzbar. Wir haben in der Vergangenheit sowohl mit Wettbewerben als auch mit Direktbeauftragungen gute Erfahrung gemacht.

Wichtig für den Erfolg von Wettbewerbsverfahren ist aber eine große Klarheit über die Aufgabenstellung und eine hohe Verbindlichkeit der Randbedingungen. Dann können in einem Wettbewerbsverfahren sehr gute Lösungen erarbeitet werden, die dann auch gut, z.B. durch Beteiligung der politischen Vertreter in den Jurys, von Beginn an in die Umsetzung begleitet werden können.

Ebenso wichtig ist es, den richtigen Zeitpunkt für ein Wettbewerbsverfahren zu finden. Wir beobachten mitunter, dass zu frühe Wettbewerbsverfahren oft verpuffen. 42636autostart=TRUE]O-Ton: Wettbewerbe

Was passiert mit Deutz oder sollte mit Deutz passieren?

Armin Wittershagen: Deutz hat sich ja bereits in den letzten Jahren deutlich entwickelt, siehe z.B. Köln Triangel, Constantin Höfe, Rheinhallen mit RTL und Talanx.

Hierdurch ist ein zusammenhängender City-Bürostandort entstanden, der mit maxCologne jetzt noch einen weiteren, weithin sichtbaren Akzent erhält. Wichtig für diese schnelle Entwicklung von Deutz sind die sehr gute Zentralität und Erreichbarkeit des Standorts.

Diese Eigenschaften gelten auch für die Messe City (Messeeingang), wenngleich der Standort zwischen Messe und Bahnhof bezogen auf die Sichtbarkeit im Stadtbild nicht ganz vergleichbar mit den zuvor genannten Projekten ist.

Wie schnell eine solch große Entwicklung wie Messe City umgesetzt werden kann, hängt davon ab, welche Großnutzer hierfür gewonnen werden können. Wir sind gespannt, was weiter passiert.

Die Nachhaltigkeit von Gebäuden wurde lange belächelt (Ökoschiene). Jetzt ist sie ein wichtiges Thema, um die niemand drum herum kommt. Marketing, Modeerscheinung oder ernst gemeint?

Armin Wittershagen: Nachhaltigkeit ist sicherlich kein Marketing-Gag, sondern stark im Fokus von Investoren und Nutzern. Häufig ist damit ja auch die „Zweite-Miete“ verbunden, das heißt die Entscheidung hat Auswirkungen auf die Nebenkosten. Denn keine oder zu geringe Investitionen in nachhaltige Bauweise erhöhen zwangsläufig die nachlaufenden Betriebskosten, die entweder vom Mieter oder Investor zu tragen sind.

Schnellere Vermietbarkeit, höhere Rendite und Einsparungspotenzial bei geringeren Nebenkosten sind stärkere Argumente denn je. Banken, Mieter und Endinvestoren sind mit der Krise wählerischer und kritischer geworden. Ihre Anforderungen an die Werthaltigkeit einer Immobilie sind gestiegen.

Für unser Projekt maxCologne haben wir Anfang des Jahres das Vorzertifikat „Gold“ der Deutschen Gesellschaft für nachhaltiges Bauen erhalten. 42635autostart=TRUE]O-Ton: Nachhaltigkeit

Herr Wittershagen, was hat Sie als Architekt dazu bewogen, die „Seiten zu wechseln“ und nicht als Planer sondern als Investor aufzutreten?

Armin Wittershagen: Ich würde sagen, die Seiten von einem runden Tisch … Als Projektentwickler sind wir Investoren auf Zeit, d.h. dass der Endinvestor zu Zeiten in denen wir Projekte prüfen und konzipieren in der Regel noch nicht feststeht. Das heißt, wir tragen an dieser Stelle alle Risiken und das setzt voraus, dass wir uns sehr komplex mit dem Thema beschäftigen. Das beginnt mit der Markeinschätzung über die Finanzierung bis hin zur Bewertung der Umsetzbarkeit von Immobilienkonzepten. Das ist absolut herausfordernd und spannend und begeistert mich jeden Tag.

Als planender Architekt war man sich nicht sicher, ob man alle Informationen hat. Heute als Bauherr kann ich mir da sicher sein. Aber auch in den Konzeptphasen sind wir immer noch sehr stark involviert, holen auch schon mal den Skizzenblock raus und setzen uns mit dem Architekten auseinander. Und in der Regel schätzt der Architekt das auch.

Gibt es einen Unterschied in der Sichtweise auf die Gestaltung eines Gebäudes zwischen dem Architekt und dem Investor? Und woran macht man diesen fest?

Armin Wittershagen: Der Blick des Projektentwicklers auf das Projekt hat mehr Facetten, als nur die planerische, wie z.B. die Grundstücksteilbarkeit, die Aufteilung der Mietflächen, die Erfüllung der Finanzierungsbedingungen, die Anforderungen der Käufer, um hier nur einige zu nennen.

Der Architekt selber argumentiert gerne aus der thematischen Logik seines Entwurfes heraus. Und dem müssen wir als Projektentwickler oft mit dem Nutzen kontern. Nutzen für Nachbarn, für Mieter, für Investoren. In der Regel passt das aber gut zusammen und schärft das Projekt. 42637autostart=TRUE]O-Ton: Aus Investorensicht

Danke für Ihr Engagement für koelnarchitektur. Warum halten Sie diese Initiative für wichtig? Steht da eine kulturelle Haltung dahinter?

Armin Wittershagen: Wir unterstützen koelnarchitektur seit Jahren, weil wir hierin ein sehr gutes Medium sehen, die vielen verschiedenen Diskussionen um die Stadtplanung oder einzelne Projekte in Köln zusammenzuführen.

Zum einen finden hier wichtige Diskussionen statt, zum anderen zeigt dies aber auch in der zusammenführenden Dokumentation die Qualität des bisher Erreichten auf.

In den letzten Jahren sind einige auch überregional sehr beachtenswerte gute Gebäude entstanden, die hier in der zusammenhängenden Dokumentation einfach mehr Beachtung für Köln entwickeln können. Eine positive Gesamtdarstellung Kölns als Standort ist uns wichtig und stärkt die Außendarstellung Kölns.

Welche Projekt stehen bei Ihnen als nächstes an?

Armin Wittershagen: Wir sind mit den momentanen Projekten maxCologne und unserer Einzelhandelsentwicklung Schildergasse / Ecke Kreuzgasse sehr gut ausgelastet.

Natürlich prüfen wir darüber hinaus immer auch Gelegenheiten, wenn sich diese ergeben. Im Fokus stehen dabei Büro- oder Einzelhandelsentwicklungen in der linksrheinischen Innenstadt, den Rheinlagen oder in Deutz.

Auch größere Wohnungsbauentwicklungen sind für uns von Interesse, wobei wir uns hierbei auf die guten und sehr guten Wohnlagen konzentrieren.

Mit Armin Wittershagen sprach Natalie Bräuninger

Klicken und Hören

* Damit Sie die Antworten nicht nur lesen sondern auch hören können, haben wir einige Aussagen als O-Ton für Sie aufgezeichnet. Klicken Sie jeweils auf um die Aufnahme abzuspielen.

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Armin Wittershagen, Leiter der Projektentwicklung der HOCHTIEF Projektentwicklungs GmbH, Niederlassung Rhein-Ruhr.

Foto: privat