Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

Mies in Gold

Schmuckarchitektur. Schmuck? Architektur? Kunst? Eine Ausstellung im Museum für Angewandte Kunst beweist, dass das alles zusammen geht.

Menschen halten sich in Häusern auf, das ist klar, die Architektur beherbergt also den Körper. Das geht aber auch umgekehrt: Der Körper kann durchaus auch Architektur beherbergen. Die Ausstellung „In Toplage!“ zeigt architektonische Schmuckstücke und macht auf spannende Parallelen aufmerksam.

Haus Esters steht in Krefeld – oder liegt in einer Vitrine in Köln, direkt daneben der Barcelona-Pavillon aus dem Jahr 1928. Zwei Architektur-Meisterwerke von Mies van der Rohe, in Gold nachgebaut von dem Schmuckkünstler Michael Becker. Exakt hält er sich an die Grundrisse der Gebäude und formt sie im Miniaturformat nach. Die relativ einfachen geometrischen Grundformen sind es, die ihn reizen. Und doch lässt er sich nicht dazu verleiten, einfach drauflos zu gestalten. Wie ein Architekt baut er zunächst Modelle seiner Schmuckstücke in Pappe, bevor er sie in Edelmetall umsetzt.

Modellbrosche

Die Schmuckstücke von Erik Kuiper sehen selbst im fertigen Zustand noch aus wie Massenmodelle, sie bestehen aus Papier, Klebeband oder Gips. Das wertvolle Material sieht man zunächst gar nicht, Silber ist das Trägermaterial der Broschen und liegt dicht am Körper, wenn die Broschen getragen werden.

Kunststücke

Wenn die Schmuckstücke denn getragen werden, denn teilweise kann man die Stücke gar nicht anlegen, gibt selbst die Kuratorin der Ausstellung, Evi Pilartz, zu: „Die Schmuckkünstler leben sich aus“, wie zum Beispiel Martin Papcún, „er baut Grundrisse von Häusern nach, in denen er mal gelebt hat.“ Die schweren Stücke aus Aluminium haben nicht mal eine Nadel oder eine Öse, sie sind ausschließlich zum Hinstellen gedacht. Mit solchen Stücken wird aber auch deutlich, dass sich die Schmuckkünstler tatsächlich als Künstler sehen. „Sie arbeiten zwar im Kleinformat und mit anderen Materialien, aber sie sind trotzdem Künstler. Das Thema Tragbarkeit ist dabei nicht wichtig“, so Pilartz.

Erinnerungsstücke

Auch Silvia Walz beschäftigt sich mit Grundrissen von Häusern, und ihre Stücke sollen tatsächlich getragen werden. Aus der Erinnerung erschafft Walz die Wohnungen ihrer Freunde neu und gestaltet die Räume farbig, wie auch die einzelnen Zimmer einer Wohnung unterschiedlich eingerichtet werden. Diesen symbolischen Räumen gibt die Künstlerin eine neue Bedeutung mit: Der normalerweise beschützende Raum, der jetzt am Körper getragen wird, soll zu einem Schutzamulett werden.

Hoffnung in Polyester

Eine ganz andere Bedeutung geben Kathleen Taplick und Peter Krause ihren Arbeiten zum geplanten Moscheebau in Köln. Ihre Stücke aus Polyester, Acryl und Bergkristall sollen die kontroversen Ansichten symbolisieren und Hoffnung auf Toleranz und Offenheit gegenüber dem Islam ausdrücken.

Nikolaushaus

Viel dichter an den Grundlagen der Architektur ist Jeanette Jansen mit ihrer Halskette „HausNr.“ Sie basiert auf dem Kinderspiel „Das ist das Haus vom Nikolaus“, bei dem ein Haus mit nur einer Linie gezeichnet werden muss. Ihr Haus besteht aus nur einer Kette, liegt sie flach, sieht sie tatsächlich aus, wie eine Zeichnung. Hängt man sich die Kette jedoch um den Hals, wird das Haus zu einem dreidimensionalen Objekt – ein fragiles und dennoch statisch ausgetüfteltes Gebilde aus Glas und Silber.

Architektenschmuck in der Architektenstadt

Auch wenn es so wirkt, als seien die Stücke ausschließlich für diese Ausstellung entstanden, haben sich doch fast alle der Künstler bereits mit dem Thema Architektur beschäftigt. „Das Thema lag da, wir brauchten eigentlich nichts zu machen“, sagt Kuratorin und Schmuckgalerie-Inhaberin Evi Pilartz, „und was liegt näher, als das Thema in die Architektenstadt Köln zu tragen?“ Die Kölner Architekten dürften allerdings neidisch werden, wenn sie sich die Architektur im Kleinformat ansehen, können die Künstler doch ihre Träume umsetzen, ohne dabei auf äußere Rahmenbedingungen achten zu müssen.

Vera Lisakowski

Museum für Angewandte Kunst,

bis 9. November 2008

Dienstag bis Sonntag 11 bis 17 Uhr

Eintritt frei

Homepage der Ausstellung

plan08 schmuck 01

Blick in die Ausstellung der Architektur-Schmuckstücke.

Foto: Vera Lisakowski

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Die Schmuckstücke von Erik Kuiper sehen aus wie Massenmodelle. Die wertvollen Materialien befinden sich unten.

Foto: Vera Lisakowski

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Silvia Walz‘ Brosche aus Silber, Kupfer und Emaille bildet ‚Fernandos Haus‘ aus der Erinnerung nach.

Rechte: Walz

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Die Arbeiten von Kathleen Taplick und Peter Krause zum geplanten Moscheebau in Köln.

Foto: Vera Lisakowski

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Das ‚Haus vom Nikolaus‘ von Jeanette Jansen, bestehend aus einer durchgehenden Silberkette und Glasröhrchen.

Foto: Vera Lisakowski

Foto: Vera Lisakowski

3 Kommentare

was für ein blödsinn! und der artikel ist eher werbung für die ausstellung als eine kritische betrachtung! wenn es irgendeinen architekten interessiert grundrisse als schmuck zu tragen, bitte melden.

Lieber Unbekannt,
wir freuen uns sehr auf Ihre kritische Betrachtung der Ausstellung…also bitte melden.
Redaktion

Die drei Ringen auf der unterste Foto sind von der Hoellandischen Schmuckkuenstler Philip Sajet.
Materialien: Eisenrost, Gold Emaile und Jade, Gold und rotes Glass.