Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

Kölner Konstrukt

Der städtebauliche Masterplan für Köln ist wichtig – aber liefert er auch Visionen für die Zukunft Kölns? Ein Kommentar.

Ein „typisch Kölner Produkt“ soll der städtebauliche Masterplan sein – und doch erscheint er eher wie ein typisch Kölner Konstrukt: Ein Verein bezahlt ein renommiertes Büro, einen Masterplan für Köln zu erstellen. Bürger und Fachleute sollen sich am Entwicklungsprozess beteiligen. Die Stadt ist begeistert von der Initiative und von dem demokratischen Prozess. Aber wie wird letztendlich das Ergebnis aussehen? Was bislang herausgekommen ist, ist eine Zusammenfassung bereits bekannter Problemstellen sowie größtenteils schon früher formulierter Lösungsansätze.

Mehr Mut

Eine willkürliche Beispielsammlung aus dem Planungsportfolio: Die unangenehme Souterrainebene am Ebertplatz soll wegfallen. Die Ringe müssen bei zukünftigen Planungen in ihrer Gesamtheit betrachtet werden. Die Nord-Süd-Fahrt bekommt schmalere Fahrspuren. Am Rhein könnte ein Rundweg entstehen. Der Grüngürtel soll einheitlich und durchgängig gestaltet werden. Alles nicht wirklich innovativ.

Keine Frage, eine Zusammenführung aller Problemstellen Kölns und möglicher Lösungsansätze ist wichtig und gut. Von einem Büro, das in China ganze Städte plant, erwartet man jedoch mehr. Mehr Mut vor allem, große Ideen, gerne auch Provokation. Dort wo die Planung ansatzweise provokant wird – bei der Idee der Aussichtsterrasse gegenüber dem Opernquartier zum Beispiel, oder bei einem möglichen Gebäude gegenüber dem Lufthansa-Hochhaus – scheinen die Planer vor ihrem eigenen Mut zurückzuschrecken. Sie erwarten gar nicht, dass es umgesetzt werden könnte. Wo ist die Leidenschaft? Die Überzeugungskraft? Die Angriffslust?

Oder machen die ewigen Kölner Diskussionen schon müde, bevor man überhaupt richtig drin steckt? Niemand zweifelt an, dass es in höchstem Maße schwierig ist, für eine dicht bebaute Stadt, in der zudem viele Planungen bereits laufen oder sogar im Bau sind, einen städtebaulichen Masterplan zu erstellen, der im Grunde 30 Jahre zu spät kommt. Gerade dann, wenn man sich an der planerischen Realität orientieren muss und versucht, Umsetzbares zu schaffen. Aber lernt man nicht schon im Architekturstudium, dass zunächst eine Vision da sein muss? Die Realität wird sie noch früh genug auf ein realisierbares Maß zurückbrechen.

Typisch Kölner Produkt

Hier fehlt die Vision eines Einzelnen. Es ist vielmehr der Versuch, es Allen Recht zu machen, nur nicht anzuecken. Eine Planung in kleinsten Räumen statt einer großen Idee. Vielleicht ist in einem solchen Fall Demokratie auch nicht der richtige Weg. Schön, wenn die Wünsche unterschiedlichster Interessengruppen und sogar einzelner Personen berücksichtigt werden, aber man muss nicht jeden Punkt durchdiskutieren.

Grundsätzlich könnte es sich um ein großartiges Konstrukt handeln: Ein Verein, der sich für Köln engagiert und bereit ist, viel Geld zu investieren. Die gewählten Volksvertreter, die diese Idee unterstützen. Und ein hochqualifiziertes, sorgfältig arbeitendes Planungsbüro, dem Verein wie Volksvertreter vertrauen. Was fehlt, ist die notwendige „Basta-Politik“ – und so ist der städtebauliche Masterplan nach derzeitigem Stand tatsächlich ein „typisch Kölner Produkt“: Eine halbgare – um nicht zu sagen halbherzige – Planungsgrundlage, deren Zerredung nichts im Wege steht. Aber vielleicht überrascht das Büro Albert Speer & Partner bei der endgültigen Präsentation der Ergebnisse doch noch mit den großen Ideen für die Zukunft Kölns – und die Stadt mit Durchsetzungswillen, den sie sonst so häufig vermissen lässt.

Vera Lisakowski

Mehr zum Thema:

Planung für die Zukunft?

Bericht über die Präsentation der Planungsergebnisse

Plan 06 Ebertplatz

Die Souterrainebene am Ebertplatz bei der Plan06.

masterplan ruhenderverkehr

Die Ringe sollen als Gesamtbild betrachtet werden.

dk speer 011

Schmalere Fahrspuren sollen die Nord-Süd-Fahrt aufwerten.

10 Kommentare

Von einem Masterplan hätte man sich in der Tat etwas anderes erwartet. Städteplanung wie in Paris à la Georges Eugène Haussmann. Dann kommt auch eine schöne und attraktive Stadt zustande. Willkommen in der Provinz.

Liebe Frau Lisakowski: das ist wirklich hanebüchen, was Sie uns hier als Kommentar servieren. Ihre Argumentation ist so schlicht und naiv wie erschreckend. Sie verwechseln offensichtlich PLANUNG mit DESIGN.
Eine gute Planung kann nur entstehen, indem man die Strukturen der Stadt begreift, und das ist ein Prozess, das heißt Arbeit!
In diesem Sinne ist bisher schon sehr viel geleistet worden – von den Mitarbeitern des Büros Speer wie auch von den vielen Arbeitsgruppen, die zu diesem Prozess beigesteuert haben. Mit schnell hingeworfenen, knallbunten Zeichnungen kann man vielleicht eine Zitronenpresse oder dergleichen entwerfen aber nicht ein Leitbild für die zukünftige Stadt erzeugen.

Will man den bisherigen Planungsstand resumieren, dann wird offenbar: für ein selten komplexes Gebilde (immerhin 2000 Jahre alt!) wird ein dickes Bündel von Maßnahmen entwickelt, die sich gegenseitig ergänzen. Und daraus kann ein großer Strauss werden.
Bereits heute ist absehrbar, dass dieser PLAN in einer Reihe mit den großen Planungen von Stübben&Heinrici und von Schumacher zu sehen ist – insb. was das Rheinufer und die Neufassung des inneren Grüngürtels betrifft.
Um all dies zu erreichen, müssen sich die Planer einem öffentlichen Diskussionsprozess stellen (wie hier vorbildlich geschehen!), und man darf gerade nicht „müde werden, bevor man richtig drin steckt“!

Wenn die „Kölner“ schon bei relativ überschaubaren Projekten wie M.-City Deutz oder Bebauung des Rathauspl. grandios scheitern werden, bzw. nach dem Motto handeln vorwärts wir müssen zurück i. d. Provinz, wie soll denn dann die Umsetzung des Masterpl. erfolgen? S.auch akt. Städte-Ranking!

warum könnte ist das laute, die provokation richtiger für köln als bestehende strukturen zustabilisieren und zusammenhänge herauszuarbeiten? klingt das zu langweilig? bitte nicht eine planung für köln mit dem verwechseln was chinesen sich für ihre neue trabantenstädte wünschen.

ich finde gerade, dass anscheinend unspannende in der planung spannend. wozu leuchttürme, wenn man eine stadt in sich neu gestaltet. die idee die stadt fußgängerfreundlicher zu gestalten, ist derart provokant, dass sie bestimmt als letzte umgesetzt werden wird. und auch andere ideen sind schlicht (brücken über den rhein) und manchmal liegt das besondere in dem einfachen … ich bin gespannt wie das weiter geht und was umgesetzt wird.

Bravo! Als Landschaftsarchitekt hätte ich von einem Masterplan auch etwas mehr Städtebau erwartet, als die Beschränkung auf freiraumgestalterische Themen. Mir fehlt der Mut, mehr von architektonisch interesanten, aber städtebaulich furchtbaren Gebäuden der 70er und 80er Jahre in Frage zu stellen (Rudolfplatz, Barbarossaplatz, Lufthansa-Vorgebäude, WDR-Gebäude usw.)

Ja, PJOTR, einverstanden!
Diese Idee ist wirklich bestechend – und weit besser, als das, was der erste Schreiber meint. (Eine Planung à la Haussmann oder einen „Generalszug“, wie in Berlin, ist sicher das wenigste, was wir brauchen.)
Aber Mut, „Mut für ein Bild des zukünftigen Köln“, das hört sich gut an! Machen wir doch ein Ranking der wenig geliebten, ja der störenden Gebäude!
Die Liste anführen könnten drei Gebäude, die teils seit Jahren leer stehen – deren Bedarf also ganz offensichtlich nicht gegeben ist:
– das Hochhaus des ehem. Polizeipräsidiums am Waidmarkt
– das Hochhaus der Post/Telekom südlich des Weltstadthauses an der Nord-Süd-Fahrt
– das Lufthansa-Hochhaus, ein Gebäude, das nicht einmal über einen ansprechenden Haupteingang verfügt
– dann sicher die Gebäude des WDR („Archivhaus“, 3-Scheiben-Haus, Terrassenhaus)da ist auf kurze Sicht kaum durchgreifende Besserung zu erwarten . . .
Düsseldorf hat bereits vor 10 Jahren ein HH an der Kö wieder abgerissen, in Bonn fiel vor vier Jahren das ehem. CDU-Hochhaus, Frankfurt verabschiedet sich derzeit von dem Technischen Rathaus und Köln, quo vadis?

…Danke! …würde aber das Hochhaus der Telekom an der Nord-Süd-Fafrt erhalten wollen…das ist auch städtebaulich daneben, aber einfach ein wunderbares Zeitdokument!

na, na, so nicht, das fernmeldeamt sollten sie sich mal ganz genau anschauen – ein absolut geniales gebäude. leider verschandelt durch die vorbauten an der cäcilienstrasse mit ihren werbebannern. denn gerade die flacheren bauten am fuße des fernmeldamtes (teile desselben) sind aufgrund ihrer in blautönen gehaltenen musterung einfach großartig.

auch das lufthansa-haus in seiner treppenkonstruktion hat durchaus reiz

– und die einbettung des hochhauses in die jetzt beginnenden baupläne am waidmarkt ist auch gelungen.

was die wdr-gebäude angeht gebe ich ihnen recht. generell denke ich aber, dass die klaren formen der 50er, 60er, 70er bauten nicht das problem sind. problematisch ist oftmals deren außenhaut, deren material, das schnell und ungünstig altert und eine schmuddel-patina erhält. viele gebäude in köln könnten mit einem mal unglaublich aussehen, wenn man ihre klare form durch edle, glatte materialien (stein, farbe im sinne von glasur etc. ) aufwerten würde.

viel schlimmer sind da doch die 90er Jahre-Bauten. So finde ich bspw., dass im Moment genau das falsche stadtsparkassen-filialen-haus am rudolfplatz abgerissen wird…

als echter Kölner, geboren in einer Zeit, als die Spielplätze in der Stadt noch die Trümmergrundstücke waren, schmerzt es zu erleben, wie Stück um Stück der alten Stadt (schön wieder anzusehen im Fotoband von August Sander „Köln wie es war“) erst dem Betonbrutalismus und dann dem Kommerzbrutalismus geopfert wird. Sicher braucht man Investoren, um eine Stadt zu bauen und am Leben zu erhalten, und klar ist auch, dass die Stadt nach ihrer Zertrümmerung schnell wieder auf die Beine kommen musste, aber welche unverzeihlichen Fehler wurden dafür in Kauf genommen. Entscheidend ist doch ewig und immer, dass die Bürger der Stadt ihre Stadt wirklich lieben können, und es nicht nur an Fassaden schreiben lassen müssen.
Immer wieder fragt man sich, wenn man durch die Stadt geht, wer nur um Himmels willen war nun hierfür wieder verantwortlich.
Im Geiste gehe ich mit der Spitzhacke herum und beseitige den Schrott der 60ger und 70ger Jahre, angefangen bei den buckeligen Hochhäusern mit Aufzugs- und Versorgungsschacht als schäbiges Hütchen und endend bei dem das Auge beleidigenden Funktionalismus von Ensembles wie Rudolfplatz samt Hahnenstraße, Barbarossaplatz und teilweise auch Eigelstein, um nur die schlimmsten Sünden zu nennen. Nicht geschlossene Kriegslücken nach 60 Jahren Frieden (z.B. am Wallrafplatz), grauenvolle Fassaden und verunglückte Ergänzungs- und Eckbauten, oft noch zweigeschossig wie eben aus den Trümmern wiederauferstanden (z.B. zwischen Breite Str., Karstadtkaufhaus und Nord-Südfahrt, sinnlos eingefügte Parkhäuser, oft an bevorzugten Orten wie in den Straßenzügen zum Roncalliplatz und vieles mehr zeigen eine Bild der Stadt, das einem Gesicht vollen Narben gleicht.
Mit Ernüchterung schaue ich auf die für moderne Zweckbauten typische Fassadenarchitektur am neugestalteten Breslauer Platz oder für die Neugestaltung am Waidmarkt. Und wer kann nur dieses -Verzeihung- potthässliche alte Polizeihochhaus so gut finden, dass er es erhalten möchte! Ich könnte nun stundenlang so fortfahren und mir den Zorn des einen oder anderen zuziehen, der auch im Schandfleck noch einen erhaltenswerten Zeitgeist entdecken kann.
Dabei gibt es doch hervorragende Ansätze wie den Rheinauhafen, die archäologische Zone samt verkleinertem Museum oder die Idee eines modernen Messeviertels incl. des LVR-Hochhauses. Aber schon bei der Bahnhoffrage gerät alles wieder ins Stocken und am Offenbachplatz kommen große Ängste auf. Ein gigantisches Schauspielhaus wie ein brutaler Querriegel gegen des Rest der Stadt, dazu noch eine Sparversion aufgrund leerer Kassen. Wer will das verantworten? Sollen die Stadtpolitiker doch einmal demokratisch abstimmen und die Bürger fragen, was sie wollen.
Wir, die wird unsere Stadt lieben, haben die größten Visionen. Brauchen wir dazu wirklich einen Städteplaner aus Frankfurt?