Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

Den kenn ich doch: Piet Mondrian im Museum Ludwig

Noch bis zum 30. März zeigt das Museum Ludwig die Entwicklung des Malers Piet Mondrian hin zum Großmeister der Abstraktion.

Wer an Piet Mondrian denkt, der hat sofort diese Bilder vor Augen: Rote, blaue und gelbe monochrome Farbflächen, die durch schwarz eingefasste weiße Flächen zu einer Komposition ergänzt werden. Die meisten dieser Werke heißen dann auch schlicht „Komposition“ oder „Tableau“. Es sind diese Bilder, die der Betrachter anno 2008 mit Mondrian verbindet und darüber hinaus direkt mit der Moderne und jener Zeit des großen Aufbruchs ab 1920 konnotiert. Das Werk Piet Mondrians wird all zu oft auf seine Endphase beschränkt. Architekten verbinden es sofort mit der Avantgarde-Gruppierung um die Zeitschrift „De Stijl“, die der Niederländer zusammen mit Theo von Doesburg und Anderen 1917 gründete, und den daraus resultierenden modernen holländischen Architekturen wie dem Schröder-Haus von Gerrit Thomas Rietveld in Utrecht. Piet Mondrian, so die landläufige Auffassung, ist derjenige Maler, der die Abstraktion als beherrschendes Thema seiner Kunst begriff.

Piet Mondrian – Ja, kenn ich!

Die Ausstellung stellt jedoch die weitaus interessantere Frage nach dem Werdegang des Künstlers. Wie er zu seiner abstrakten Bildsprache gefunden hat ist noch bis zum 30. März im Museum Ludwig zu sehen: Mondrian – Vom Abbild zu Bild. Die Ausstellung kommt im temporären Austausch mit der reichhaltigen Kölner Picasso-Sammlung aus dem Den Haager Gemeentemuseum. Mit dieser Ausstellung lässt sich nicht nur die Entstehung Mondrians Kunst verstehen. Vielmehr wird die ganze Epoche im Rückblick klarer. Der Weg über ein Suchen in den verschiedenen Stilen seiner Zeit um damit eine individuelle Formensprache zu finden, lässt sich ohne Weiteres auf die Architektur der damaligen Zeit übertragen. Wer sich bei der Entwicklung von Ludwig Mies van der Rohe vom Haus Riehl in Potsdam-Neubabelsberg bis hin zum Farnsworth House in Plano, Illinois Fragen stellt, der findet auch in dieser Ausstellung Antworten.

Aufzeigen einer Entwicklung

Bei Mondrian fängt die künstlerische Entwicklung ganz bedächtig mit Werken an, die eindeutig von der Haager Schule um Jozef Israëls beeinflusst sind: Landschaftsmalereien die Licht, Farbe und Stimmung in den Vordergrund stellen und den jungen Künstler bald weiter zum Impressionismus führen. Wie Monet versucht er sich an der Darstellung von Grachten – das Zusammenspiel von Wasser, Bäumen, Licht und den sich ergebenden Spiegelungen fasziniert ihn offenkundig. Von hier führt ihn die konsequente Suche, das fortwährende Experimentieren, zu expressionistischen Werken. Den entscheidenden Schritt nimmt Mondrians künstlerische Entwicklung jedoch nach seinem Umzug nach Paris 1911. Die dortige Begegnung mit dem Kubismus zeigt ihm die Faszination der Abstraktion auf.

Die Hängung der Ausstellung zeichnet diesen Weg nach. An den Beispielen der Figur und des Baumes wird sie schlagend einfach nachvollziehbar: Von einer abbildenden Darstellung findet Mondrian sukzessive zum abstrakten Bild. Von der Darstellung eines Mädchens mit rotem Haar über das expressive dreiteilige „Evolution“ bis hin zu einem abstrakten Kubismus entwickelt sich der Maler in nur vier Jahren von 1908 bis 1912.

Vom Suchen und Finden

Von den aufgelösten Flächen seiner Pariser Anfangszeit ist es dann nur noch ein kleiner Schritt zu dem Grad an Abstraktion, der rückblickend maßgebend für Mondrians Werk werden wird. Besonders in den fünf aus dieser Periode gezeigten Werken, die sich der Darstellung von Bäumen widmen wird dies überdeutlich. Bis hin zu einer völligen Auflösung in einzelne Striche und Farbflächen arbeitet sich der Niederländer mit der Zeit an den unterschiedlichen Stilen ab.

So ist das unvollendete „Victory Boogie Woogie“ zwar das letzte Bild der Ausstellung – es schließt den Zyklus der abstrakten Bilder ab, die wir heute mit Mondrian verbinden – nicht aber deren Zielpunkt. Ziel ist und bleibt hier der Weg. Die Suche nach der eigenen Formensprache. Jene Suche, die der Maler mit so vielen Kreativen jener Zeit teilt. Künstler, Architekten, Gestalter, ob Kandinsky, Mies oder Breuer, sie alle suchen in dieser Zeit ein eigenes Repertoire. Sie finden es in der Abstraktion. So ist diese Ausstellung nicht nur eine Werkschau des Niederländers, sondern ein Spiegel der Zeit, der hilft, die Epoche und ihre Formenfindung zu verstehen.

David Kasparek

Komposition

Piet Mondrian, Komposition mit großer roter Fläche, Gelb, Schwarz, Grau und Blau, 1921

Molen (Mühle)

Piet Mondrian, Molen (Mühle); Windmühle im Sonnenlicht, 1908

Avond (Abend)

Piet Mondrian, Avond (Abend); Der rote Baum, 1908-10

Blühender Apfelbaum

Piet Mondrian, Blühender Apfelbaum, 1912

Tableau 1

Piet Mondrian, Tableau 1, mit Schwarz, Rot, Gelb, Blau und Hellblau, 1921

Alle Abbildungen:

© Mondrian/Holtzman Trust, c/o HCR International, Warrenton VA USA