Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

Einladung zur Kommunikation

Ein Interview mit Paul Böhm, dem ersten Preisträger im Wettbewerb um die Zentralmoschee der DITIB.

Die Realisierung einer ersten repräsentativen Kölner Moschee rückt in greifbare Nähe, der Bauherr, die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion (DITIB), will den Entwurf der Kölner Architekten Gottfried und Paul Böhm umsetzten. Ihr Vorschlag wurde im Wettbewerb mit dem ersten Preis ausgezeichnet.

Sie sind ein anerkannter und renommierter Kirchenbaumeister – was bedeutet es für Sie eine Moschee zu bauen?

Ich persönlich habe ja erst eine Kirche gebaut, aber in unserer Familientradition ist es tatsächlich so, dass schon viele Kirchen gebaut wurden. Für mich persönlich bedeutet der Bau einer Moschee eine ganz außergewöhnliche Herausforderung. Zunächst einmal ist es eine spannende Bauaufgabe bei der wir interessante Räume und Situationen planen und realisieren können. Darüber hinaus ist es aber auch eine gesellschaftliche und politische Herausforderung. Wir hoffen, dass wir mit diesem Bau auch einen Beitrag zur Integration der muslimischen Mitbürger leisten können.

Gibt es konzeptionelle und architektonische Unterschiede zum Kirchenbau? Und worin sind sie begründet?

Unterschiede gibt es in manchen Bereichen, im Grundsatz aber sind beides geistige und soziale Zentren einer Gemeinde. Auch im Kirchenbau gibt es fast immer die Einheit von Gebetsraum und sozialkulturellen Einrichtungen: In der Kirche St. Theodor in Vingst, die wir gebaut haben, gibt es Werkstätten, Essensausgabe, eine Bücherei – soziale Einrichtungen also, und genau dafür steht die Moschee explizit. Eine Moschee ist selten ein allein stehender Gebetsraum, sondern immer und vor allem auch ein soziales Zentrum. Die historischen Beispiele sind oft sehr komplex und um die Moscheen haben sich Krankenhäuser und Hochschulen angesiedelt. Auch Läden und Basare sind häufig zu finden. Bauliche Unterschiede ergeben sich vor allem durch die Unterschiede in der Liturgie, sie stellen spezielle Anforderungen an den Entwurf und die Gestaltung.

Auf den ersten Blick wirkt ihr Entwurf für die Zentralmoschee der DITIP wie eine Synthese zwischen vertrauten islamischen Elementen und zeitgenössischer westlicher Architektur – Wie würden Sie die konzeptionelle Kernidee Ihres Entwurfes beschreiben?

Ja, es soll auf jeden Fall ein modernes Haus sein. In der geometrischen Formensprache und der Materialwahl bezieht es sich auf die Moderne, deren Anspruch ja Allgemeingültig und International ist. Aber natürlich ist der Entwurf auch eine Reaktion auf das urbane Umfeld und die Geometrie des Grundstücks. Darüber hinaus gibt es Elemente, die verdeutlichen, dass es sich um einen Sonderbau, um eine Moschee handelt. Das sind zum Beispiel die Minarette und die Kuppel. Diese Elemente gibt es, weil wir sie für geeignet halten die Funktion nach außen zu transportieren und nicht weil sie in der Auslobung abgefragt wurden. Wir wollten ein deutliches Zeichen setzten, dass es sich um eine Moschee handelt und nicht um irgendeine andere Kultureinrichtung.

Neben der Kuppel und den Minaretten sind auch die Freitreppe und der zentrale Hof wichtige städtebauliche und konzeptionelle Elemente. Der Auftraggeber hatte den Wunsch, ein offenes Haus für alle Religionen, nicht nur für Muslime, zu schaffen. Dem haben wir versucht Rechnung zu tragen, indem wir diesen Hof, der übrigens auch im traditionellen Moscheebau ein wichtiges Element ist, als einladende Geste zur Stadt hin öffnen.

Können Sie etwas zu Materialvorstellungen, vor allem der Kuppel sagen – wie können wir uns die durchbrochene Struktur vorstellen?

Für konkrete Vorstellungen ist es noch zu früh. Denn alles ist derzeit noch in der Entwicklungsphase. Recht genaue Bilder haben wir bisher zum eigentlichen Baukörper und den Minaretten. Sie sollen aus einem oberflächenbehandelten und farblich differenzierten Sichtbeton bestehen und dem Haus eine gewisse Festigkeit und Seriosität geben.

Die Kuppel selber könnte durchaus aus einem anderen Material sein, leichter, eventuell metallener, aber da sind wir noch in der Findungsphase. Die Flächen die sich jetzt offen darstellen sind verglaste Flächen. Darunter ist in großen Teilen der Gebetsraum, der natürlich einen eindeutigen Raumabschluss bekommt.

Was wurde bisher zum Wettbewerbsentwurf verändert?

Bisher wurde das Raumprogramm leicht modifiziert. Wir hatten im Wettbewerb zum Beispiel ein Hamam geplant, das wird sehr wahrscheinlich aus Platzgründen nicht realisiert. Auch wird über die Anzahl der Parkplätze diskutiert, über bestimmte baurechtliche Anliegen und die Ausrichtung von geschlossenen und geöffneten Fassaden. Eventuell wird die Freitreppe noch weiter nach vorne rücken. Bisher also funktionale Veränderungen und keine gestalterischen. Jedoch werden sich Änderungen im Raumprogramm langfristig auch gestalterisch wiederspiegeln.

Zum Schluss noch eine eher gesellschaftspolitische Frage: Was bedeutet es für die Kölner Muslime eine eigene repräsentative Moschee zu bekommen?

IIch sagte ja schon Eingangs das wir hoffen mit diesem Bau auch einen Beitrag zur Integration der muslimischen Mitbürger leisten zu können. Hier in Köln aber auch in vielen anderen Großstädten müssen Muslime in Hinterhöfen und aufgelassenes Ladenlokalen ihrem Glauben nachgehen. Das ruft bei Nichtmuslimen oft Befremdung hervor.

Wir glauben, dass wenn diese Religionsgruppe ein repräsentatives Gebäude bekommt in dem sie für alle transparent ihrem Glauben nachgehen können, das die Nichtmuslime leichter verstehen und damit auch akzeptieren können wofür die Muslime stehen. Und ich bin überzeugt davon, dass der Moscheeneubau dazu beitragen wird, dass die Kölner Muslime hier weiter ankommen können.

Ich denke wir alle sollten froh sein, dass es Menschen gibt, die überhaupt an etwas glauben außer an Geld. Insofern sollten wir keine Angst haben, sondern die Menschen unterstützen die diesen Bau vorantreiben, denn sie sind in keiner Weise mit denen zu vergleichen die durch die Presse unter dem Begriff Islamisten geisterten.

Das Gespräch führte Barbara Schlei

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