Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

Wem gehört die Architektur in Europa?

koelnarchitektur.de ist auf der Suche nach Bauwelten in der virtuellen Realität – und wird fündig in Köln.

Wem die Architektur in Deutschland gehört, ist klar: einer Immobilien-Consulting GmbH. Und die Architektur in Deutschland ist weiß, schlicht und ohne jeden Akzent. Nur links unten in der Ecke verkündet der Browser: „fertig“. Unter www.architektur.de findet der User: nichts. Schade eigentlich, eine so schöne Webadresse und kein Angebot. Ein Trost ist immerhin, dass die Domain zum Verkauf steht – wer sie also mit Inhalt füllen möchte, kann sie käuflich erwerben.

Diese Adresse ist schon länger vergeben, und wer bei der Vergabe zuerst kommt, mahlt bekanntlich auch zuerst. Daran kann man nun nichts mehr ändern. Aber wie sieht es auf dem europäischen Markt aus? Mit der Einführung der neuen europäischen Internetadressen mit der Endung „.eu“ sollte doch der Run auf die Architektur erneut losgegangen sein.

Geringes Interesse an Architektur

Doch selbst für die Domain www.architecture.eu haben sich nur acht Bewerber gemeldet. Darunter aber das „Royal Institute of British Architects“, eine öffentliche Einrichtung, die bereits das Recht an www.architecture.com hat. Eine Vergabe der Domain an diese Institution scheint aus Sicht des Architekturinteressierten durchaus sinnvoll. Aber die Vergabepraxis der EURid, der Vergabestelle für EU-Domains, steht dem entgegen. Inhaber von Markenrechten oder einer Firma mit dem gewünschten Namen werden genauso behandelt wie öffentliche Einrichtungen. Und so ging die Adresse www.architecture.eu an einen deutschen Domainhändler. Beantragt hat er die Domain an dem Tag, an dem seine Marke ARCHITECTURE in den Beneluxstaaten eingetragen wurde.

Umstrittene Vergabepraxis

Die Vergabepraxis der EURid steht in der Kritik seit die Details vor einigen Jahren bekannt gegeben wurden. Verhindert werden sollte, dass sich findige Domainhändler gängige Markennamen sichern. Deshalb gilt: Wer ein älteres Recht an einem Namen nachweisen kann, konnte sich bereits in der so genannten Sunrise-Phase um eine Domain bewerben, so dass nicht allein die Geschwindigkeit entscheidet. Der erste Antragsteller mit gültigen Dokumenten erhält den Zuschlag. Und so sind in den vergangenen Monaten viele neue Firmen und Marken entstanden, besonders natürlich für die lukrativen Begriffe. In Deutschland werden unter dem Markennamen SEX jetzt angeblich Aquariumkies, kleine Äxte und Zahnstocher vertrieben. Besonders originell auch die Gründung einer GmbH mit dem Titel „Selling European Xylophones – SEX“. Und während eine Firmengründung oder Markeneintragung in Deutschland noch recht kostspielig und langwierig ist, gibt es andere Länder in denen das schnell und unkompliziert geht. Besonders beliebt sind die Beneluxländer mit einem Schnellverfahren für das Eintragen einer Marke oder Großbritannien, wo für die Gründung einer Limited Company (Ltd.) ein Pfund Kapital reicht.

Architektur Ltd. aus Köln

Und genau das ist die Architektur: eine Limited Company in Großbritannien. Einen Tag nach dem Eintrag von Architektur Ltd. wurde die dazugehörige Domain bei der EURid beantragt. Hinter der Limited steht ein Kölner Unternehmen: Remagen – und es wird Licht. www.architektur.eu wird wohl an Remagen gehen, denn sie sind der einzige Bewerber. Doch was will ein – zugegeben exklusiver – Lampenladen mit der Domain www.architektur.eu? „Ich will ein Portal zu Architektur machen“, erklärt Heinrich Remagen, Inhaber des Lichthauses, „denn diese Adresse sollte eine gute Verwendung finden. Ich kenne viele Fachleute aus dem Bereich der Architektur, mit denen werde ich zusammenarbeiten.“ Mit seiner Reservierung der EU-Domain wollte Remagen verhindern, dass sich ein einzelner Architekt die prominente Adresse sichert. Remagens Ziel ist es, außergewöhnliche Architektur in Europa zu präsentieren. Dabei wird er ganz klare Qualitätskriterien anlegen: „Ich will keine OBI-Seite für Architektur machen, da kommen gute Sachen rein“, erläutert er seine Idee, wobei ihm klar ist, dass sie nicht von heute auf morgen zu realisieren sein wird.

Viele Institutionen – wenig Ideen

Stellt sich aber immer noch die Frage, warum sonst niemand an der Domain www.architektur.eu so stark interessiert war, dass er sich bereits in der Sunrise-Phase darum bemüht hat. Der Bund deutscher Architekten hätte sich darum bewerben können, das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung oder die Bundesarchitektenkammer. Auch das Deutsche Architektur Zentrum hätte Interesse zeigen können oder das Fachmagazin „Architektur“. Letztere hätten aufgrund ihres Namens sogar gute Chancen gehabt, denn nur wer exakt so heißt wie der gewünschte Domainname, erfüllt die Bedingungen und kann ohne zu tricksen an die Domain kommen. „Da sind nicht viele drauf gekommen“, versucht Heinrich Remagen das mangelnde Interesse zu erklären. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass sich andere nicht zutrauen, dem großen Namen gerecht zu werden.

Bleibt zu hoffen, dass unter „www.architektur.eu“ irgendwann wirklich ein qualitativ hochwertiges Architekturportal zu finden ist. Und besonders schön wäre es natürlich, wenn über „www.sex.eu“ viele europäische Xylophone verkauft würden – was immer das sein mag.

Vera Lisakowski

Europakarte

Wer bekommt die heiß begehrten EU-Domains?

1 Kommentar

Wie Sie richtig berichten,
sind (zu) viele Domaines falsch plaziert. Wir werden uns mit aller gebotenen Sorgfalt und Professionalität der Aufgabe stellen und sind heute schon für qualitative Hinweise und inhaltliche Anregungen sowie mögliche Mitarbeit dankbar.